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Premiere Liebesdrama in Mafia-Kreisen

Andreas Schweiberer

Oldenburg - Guiseppe Verdis Oper „Un Ballo in Maschera“ (Ein Maskenball) ist eine ganz auf einen Liebeskonflikt eingedampfte Staatsaffäre. Verdi nannte sein Werk bezeichnenderweise Melodrama in drei Akten, denn die Hauptcharaktere Amelia und Riccardo verstricken sich in ein Geflecht von Lebensgier und Todessehnsucht mit solch einem Überschwang, dass für anderes wenig Raum bleibt.

Die insgesamt gelungene Premiere am Oldenburgischen Staatstheater lebte vom lebendigen, eben melodramatischen Wechselspiel der beiden Protagonisten: Riccardo, dem Gouverneur von Boston, gesungen vom gesundheitlich angeschlagenen Tenor Jason Kim, und Amelia, der Ehefrau seines Sekretärs und besten Freundes Renato, gesungen von der Sopranistin Lada Kyssy, die eine überzeugende Leistung ablegte.

Die stimmlich hervorstechendste Leistung lieferte aber Kihun Yoon als Sekretär und erste Hand des Gouverneurs ab. Gewaltig in seiner Fürsorge und Treue für den Freund wird er noch gewaltiger, als er von der vermeintlichen Untreue seiner Frau und Riccardo erfährt. Was einmal zärtliche Liebe war, wandelt sich zum infernalischen Vernichtungswillen: Renato wird zum Anführer der Verschwörer. Stimmlich meistert der virile Bariton Kihun Yoons diesen Wandlungsvorgang sehr überzeugend, schauspielerisch überzieht er ein wenig.

Nacht in der Grotte

Schon Verdis Zeitgenossen sprachen vom „Maskenball“ als dem italienischen „Tristan“. Ähnlich wie in Wagners Liebesdrama steht zeitlich und dramaturgisch die Liebesnacht in einer Art Grotte im Mittelpunkt. Die Bühne von Simon Corder löst das Problem der unterschiedlichen Schauplätze durch universal einsetzbare Backstein-Rundbögen, die zwischen Kneipe, Festsaal, großbürgerlichem Wohnzimmer und halb verfallener Friedhofsgruft so ziemlich alles abdecken und Bedrohliches von Szene zu Szene mitschleppen.

Große Stimmen

Was bei Wagner zum Menschheitsdrama drängt, das ist hier reduziert auf individuelle Befindlichkeiten. Auch die seltsame Entstehungsgeschichte des Librettos unterstützt das: Um der Zensur zu entgehen, verlegte man das Geschehen vom schwedischen Königshof nach Boston zur Zeit um 1700. Die Kostüme von Goje Rostrup und die Regie (Rodula Gaitanou) transformieren das Geschehen in die USA unserer Tage.

Riccardo ist kein Gouverneur, er ist der Boss der ortsansässigen Mafia. Beim abschließenden Maskenball – mittlerweile kam der zunächst noch selbst in den Höhen sauber intonierende Jason Kim an seine gesundheitlichen Grenzen und sein Part wird zwar von ihm gespielt, aber von Remus Alazaroae gesungen – wird Riccardo erschossen. Der Page Oscar will den Mörder Renato töten, Riccardo ist aber noch sterbend ein guter Boss, betont die Treue Amelias und seine unsterbliche Liebe zu ihr und verzeiht allen, auch seinem Mörder.

Das ist rührselig, das ist kitschig, aber es ist italienische Oper mit allem, was erwartet werden darf: große Stimmen – und hier müssen unbedingt noch Martyna Cymerman in der Hosenrolle als Oscar und Maiju Vaahtoluoto als Wahrsagerin Ulrica genannt werden – große Gefühle, ins Ohr gehende Arien, Massenszenen mit dem sehr gut einstudierten Opernchor und eine sehr opernspezifische Orchestrierung, die durch geschickte Einfärbungen und unerwartete Rhythmen einen lebendig pulsierenden Klangraum schafft, der das Geschehen unterstreicht.

Das Oldenburgische Staatsorchester spielt all das sauber und genau, aber das Dirigat von Hendrik Vestmann nimmt die Musik noch nicht ernst genug als Klangraum, der vor allem, und auch das ist italienische Oper, die wunderbaren Stimmen tragen und ziehen muss.

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