„Boris“ an Stuttgarter Oper : Unser Christentum hat Fäuste
Von Kerstin Holm
Lesezeit: 4 Min.
Es gehört zum Schicksal Russlands, dass hier keine historische Epoche wirklich endet. Herrscher werden, auch wegen der ihnen aufgedrängten Machtfülle, schnell von einer Kult- zur Hassfigur, bevor ihr ewig enttäuschtes Volk einen neuen Führer für eine neue Utopie sucht. Die von Modest Mussorgski zu Texten von Alexander Puschkin komponierte Oper „Boris Godunow“ vergegenwärtigt das, zumal in ihrer ohne Liebesintrige auskommenden Urfassung von 1869, ganz exemplarisch. Darin geht der Titelheld an Gewissensnot wegen der Tötung eines Sohnes Iwans des Schrecklichen zugrunde, für die er, nach Erkenntnissen moderner Historiker, keine Verantwortung trägt.
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