Arsena (Anita Götz) und Sandor (Lucian Krasznec).

Foto: Volksoper

Was stereotypbefreite Begriffe anbelangt, erweckt der Titel Zigeunerbaron gewisse Beklemmungen. Ein zeitgemäßer Werkname ist allerdings noch nicht gefunden. Romabaron, Sintibaron oder einfach Baron Neureich haben sich nicht durchgesetzt. Rückten andere Charaktere ins Zentrum – wie der Würstelmacher Zsupán (routiniert Kurt Rydl) – böte sich vielleicht Der Schweinekapitalist an.

Tränen der Liebe womöglich? Er würde zur Beziehung zwischen Saffi (etwa schrill Kristiane Kaiser) und Barinkay (angenehmes Timbre Lucian Krasznec) passen. Man sieht jedoch, es bleibt noch einiges an Grübelei...

Korrupte und Deppen

In der Regie von Peter Lund jedenfalls sind Sinti und Roma die wahren integren, humanen Zeitgenossen. Allen anderen wäre mit Skepsis zu begegnen: Der Beamte (eindringlich Boris Eder) ist korrupt; Held Sandor ist ein Hallodri, Ottokar (David Sitka) eher ein Depp. Und der Soldatenfischer Homonay (Marco Di Sapia) bleibt bedenklicher Militarist, der hier zum gruselig-lustigen Marionettensoldaten wird.

Lund sucht aus Klischees durch Überzeichnung und karikaturhaft-groteske Verpuppung auszubrechen (exemplarisch die Figur der Arsena, dargestellt von Anita Götz). Leider wird die Inszenierung, die mit Videos anfänglich elegant abhebt, langsam von bleierner Schwere befallen. Dass zum Schluss alles in einem Bilderrahmen stattfindet, ist schade. Es hätte – ob der Statik – auch zu früheren Szenen gepasst. Das Bemühen, sich von fragwürdigen Aspekten des Werkes zu distanzieren und doch zu unterhalten, scheint Bremseffekte ausgelöst zu haben, denen sich etwa Martina Mikelic (als Czipra) und Regula Rosin (als Mirabella) entziehen.

Das Orchester unter Alfred Eschwé klingt gediegen, hilft aber kaum. Es dominiert eine wiegenliedhafte Gemütlichkeit, die nie Energie und Intensität hervorbringt. Seltsam maschinell, ja fast indifferent klingt es mitunter. Als wollte man dem Werk einen neuen Titel insinuieren – Der Schlafbaron.