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„I Puritani“: Alles in schönster Proportion

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Die Frankfurter Oper eröffnet die Saison mit der Wiederaufnahme von Bellinis „I Puritani“ in reduzierter Form

Um 19 Uhr und siebzehn Minuten war es soweit: in der Frankfurter Oper öffnete sich der Vorhang zum Start der neuen Saison und zugleich zur ersten Vorstellung, die seit dem Lockdown im März, der das Ende des regulären Betriebs gebracht hatte, möglich war. Zudem war es der erste Abend der neuen Corona-Ordnung, die mit Abstandsregelungen, Masken- und Meldepflicht den allermeisten Besuchern schon aus anderen Zusammenhängen vertraut sein durfte.

Ein alerter Steuermann

Dies erzeugte Schlangen vor dem Eingang des Opernhauses, wo die Stunde eines genau seines Amtes waltenden Türstehers schlug. Alert und kompetent wies er die Wartenden an, steuerte die Besitzer der diversen Kartentypen, mahnte Besucher.

War man ins Jenseits hinter den großen Glastüren gelangt, erwartete einen die pflichtgemäß durchgeführte Ressourcen-Verknappung: 400 statt der vorhandenen 1600 Sitzplätze benutzbar, Pausenlosigkeit, gut halbierte Orchesterbesetzung (21 Musiker) sowie glatt halbierte Choristen-Anzahl (24 Vokalisten). Man spielte „I Puritani“ als Wiederaufnahme aus der Saison 18/19: eine der großen Belcanto-Opern des 19. Jahrhunderts von Vincenzo Bellini.

Ein Werk, das nicht zuletzt durch die Aufführungen mit Maria Callas, Joan Sutherland und Edita Gruberova zu den Kronjuwelen der Geschichte der Opernaufführungen gehört. Und auf die der selbst-spöttisch gemeinte Dialog des Tanzmeisters mit dem Komponisten aus der Oper „Ariadne auf Naxos“ von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal zutrifft: „Es sind Längen in der Oper – gefährliche Längen. Man lässt sie weg.“

Zur Problemlösung berechtigte und nötigte jetzt ganz von allein das Virus, was das Schrumpfen von drei Stunden Bellini auf derer zwei bewirkte. Trotz allem blieb es ein langer Abend; vielleicht auch, weil Dirigentin Oksana Lyniv, gebürtig aus der Ukraine, ein zwar moduliertes, aber auch oft langsames Tempo anschlug. Der kammermusikalische Ton der Orchesterreduktion wurde zu mancher Differenziertheit im Bellinischen Stimmenverbund genutzt und machte langatmige melodische Begleitbescheidenheit schonungslos deutlich.

Gesanglich war, nicht zuletzt dank des schwächeren Orchesterklangs, alles in schönster Proportion: die Stimmen des Chors, die immer noch fein bewegliche Stimme Brenda Raes als Elvire, vor allem der virtuose und plastische Tenor Francesco Demuros als Lord Talbot. Auch Andrzej Filonczyk als Sir Forth, Thomas Faulkner als Lord Valton, Kihwan Sim als dessen Bruder Georg sowie Tianji Lin als Sir Roberton boten starke Eindrücke. Karolina Makula als Antagonistin Elvires zeigte gutes Stimmprofil.

Das manchmal etwas schüttere Klangbild des Abends passte gut zur Morbidezza der Inszenierung Vincent Boussards. Deren Ruinenhaftigkeit kann sich im Verein mit den Kostümen Christian Lacroix’, die jetzt in Form von schwarzen Mund-Nase-Bedeckungen der Chormitglieder eine ungewollte Note erhalten haben, weiterhin sehen lassen. Herzlicher bis begeisterter Applaus.

Oper Frankfurt: 6., 9., 12., 20. September. www.oper-frankfurt.de

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