Nimm viel Schicksal, Geister ohn' Zahl - Carl Maria von Webers Freischütz neu in Innsbruck

Xl_der-freischu_tz-6790 © Birgit Gufler

Nimm viel Schicksal, Geister ohn' Zahl - so lautet Carl Maria von Webers Handlungsrezept

 

 

Das Landestheater Innsbruck versucht sich an dieser Rezeptur in der Eröffnungspremiere der neuen Saison "Der Freischütz" von ebenselben. Gute Geister braucht es derzeit viele in den harten Coronazeiten im Kulturbetrieb. Intendant Johann Reitmeier selber mischt würzig die Ingredenzien. Kräftig greift er in die Trickkiste und verbindet Lichteffekte, Videoinstallationen und Requisiten mit einem Schuß Freimaurersymbole. Bildreich, farbig und erfreulich hell wird der Abend gestaltet. Da drehen sich leuchtende Zielscheiben oder hängen Hirsche von der Decke. Viele Gewehrläufe richtet der Männerchor auf Agathe und Max, ein grosser ausgestopfter Adler wird zelebriert, übermächtig ist des Vaters Bildnis. Thomas Dörfler liefert ein modern anmutendes, leicht durch Licht wandelbares Bühnenbild. Ein grosser Holzboden, ein paar Holzbretter, die als Wände dienen. Die Wolfsschlucht wirkt verfremdet, indem ein Kubus aus dem nichts aufsteigt. In einem Taufbecken werden die mysteriösen Freikugeln gegossen.

 

Zu statisch ist dagegen die Personenregie, sodass die durchaus packenden Bilder nicht zu einem Spannungsbogen werden. Der Chor steht meist aufgereiht, in farblosen Biedermeierkostümen (Michael D Zimmermann) und wirkt unbeholfen.

 

Carl Maria von Weber war eine umtriebiger weitgereister Musiker, der als Kapellmeister, Pianist, Operndirektor und als Komponist reüssierte und in Vielem Musikgeschichte schrieb. Er organisierte als erster Werkseinführungen  und bildete sein Publikum. Als Komponist steht er am Beginn der Romantik und prägte die nationale deutsche Oper. Leitmotive und durchkomponierte Opern führen zum Musikdrama Richard Wagners. Darüberhinaus verfügte er über familiäre Bande zu Wolfgang Amadeus Mozart als Onkel dessen Frau Constanze Weber.

 

Alt und sagenumworben ist die Geschichte oder besser der Aberglaube um Freikugeln und Freischütze. 1810 findet die Sage vom Freischütz Eingang in das Gespensterbuch von Johann August Apel, welche auch den Probeschuß enthält. Diese Erzählung bildet auch die Handlung der Oper. Im Streit um die Hand von Agathe, der Tochter des Försters Kuno, buhlen zwei Jagdburschen, der ehrenhafte Max, bereits ihr Verlobter und der schurkische Kaspar. Dieser hat einen Pakt mit dem Teufel in der Person des schwarzen Jägers Samiel geschlossen . Er treibt Max nach einigen trefferlosen Schüssen zu den teuflischen Freikugeln. Strahlend makellos ist die Figur der Agathe, tief ist sie im Glauben aber auch im Aberglauben und in der Angst vor bösen  Geistern verankert. Am Ende siegt das Gute, auch in der Person des magischen Eremiten dargestellt und die beiden, Max und Agathe, kommen zusammen.

 

Sympathisch überzeugend gelingt es Susanne Langbein in die Rolle der Agathe zu schlüpfen. Mit ihrem kräftigen, pathetisch gefärbten Sopran erreicht sie mühelos die Höhen, bleibt aber auch in der Mittellage vollmundig. Ihre Verwandte und emsige fürsorgliche Freundin Ännchen stellt Jardena Flückinger mit grossem schauspielerischen Talent dar. Jugendlich leicht klingt ihr Sopran, wohl ausbalancierter an mancher Stelle zu klein. Andreas Hermann legt in die Rolle des glücklosen Max viel Pathos, lässt seinen lyrischen Tenor immer wieder in den Spitzentönen und Legati aufblühen, aber die Stimme bleibt nicht stabil und verliert in den unteren Lagen an Farbe.  Andreas Mattersberger gelingt in seinem Gegenspieler Kaspar ein starke Zeichnung der Person. Auch stimmlich demonstriert er seinen kraftvollen Bass und lässt dämonisch die Tiefe klingen. Dies gelingt auch dem Isländer Unnsteinn Arnason. Mit seiner grossgewachsenen Statur verschafft er sich Aufsehen, mit seiner mächtigen Stimme gibt er dem Guten die siegreiche Kraft und löst die Trauer in Erlösung auf.

 

Andrea de Majo mimt das tückische Spiel des Bösen in der Figur des schwarzer Jäger Samiel verkörpert. Eine Sprechrolle mit ausgeprägter tänzerischer Choreografie.

 

Interessant ist die musikalische Umsetzung. Erstmals in Österreich erklingen die von Hector Berlioz vertonten Rezitative, komponiert um die Oper an die grande opera französischer Prägung heranzuführen. Musikalisch fügen sie sich nicht allzu harmonisch in die Musik Webers ein, - RIchard Wagner kommentierte sie als" entstellende Zutat" - nehmen dem Stück aber gewisse Längen. Der musikalische Leiter des Landestheaters Lukas Beikircher führt das Tiroler Symphonieorchester mit Bedacht durch die Partitur. Die vielgespielte Ouvertüre gewinnt langsam Schwung, in Anschluß arbeitet er viele Details der Musik heraus und setzt immer wieder wichtige Akzente in den verschiedenen Stimmungsbildern. Unterstützt vom bestens durch Michael Roberge einstudierten Chor gelingt eine musikalisch ausgereifte Interpretation und insgesamt eine gelungene Aufführung.

 

Deutlich eingeschränkt sind die Besucherzahlen, das erschienene Publikum belohnt die Sänger mit einem kurzen begeisterten Applaus.

 

Dr. Helmut Pitsch

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