Oper Graz :
Dringlichkeit im Hier und Jetzt

Von Reinhard Kager, Graz
Lesezeit: 4 Min.
„Die Passagierin“, dreifach: Viktoria Riedl, Dshamilja Kaiser, Isabella Albrecht 
jeweils als Lisa (von links nach rechts).
Die Oper Graz befindet sich im Umbruch: Die bisherige Chefdirigentin Oksana Lyniv soll bald in Bayreuth zu erleben sein, Roland Kluttig übernimmt ihr Amt. Mit ihm kann die Intendantin Nora Schmid die Neue Musik am Haus stärken.

Fröhlich prosten Walter und Lisa einander mit Champagner zu. Endlich verlassen sie das enge Europa und schiffen sich Anfang der sechziger Jahre nach Brasilien ein. Ein delikates Dinner wird serviert, das wenig ins Ambiente passt: einen engen Raum mit leeren Regalen, tief im Rumpf des Schiffes, das der Bühnenbildner Etienne Pluss nur durch einige Leitern andeutet. Hinter den emsigen Kellnern huscht eine elegante Dame vorbei, die Lisa schlagartig in Erstarrung versetzt: Schatten einer düsteren Vergangenheit. Gefangene in Lagerkleidung drängeln sich plötzlich zwischen den weiß gedeckten Tischen, angetrieben von Nazis in Uniformen, die den Raum handstreichartig in ein Gefängnis verwandeln. Nach und nach enthüllt sich, dass Lisa einst Aufseherin im Konzentrationslager Auschwitz war und die kultivierte Passagierin eine ihrer früheren Gefangenen, Marta, sein könnte. Brisant daran: Lisas Mann Walter weiß davon nichts.

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