Der Teufel (Marco di Sapia) zeigt sein wahres Gesicht. Ruprecht (Robert Meyer) und der Engel (Christian Graf) geben sich überrascht.

Foto: Pálffy

Die Vermutung sei gestattet: Allem Anfang (nach langer Corona-Pause) wohnt auch ein Zauber des Beschwerlichen inne. An der Wiener Volksoper ist nicht nur die Verschlafenheit der Choreografie ein unfreiwillig erheiternder Beleg dafür. Bei Franz von Suppès Operette Der Teufel auf Erden wecken auch die Ideen von Regisseur Hinrich Horstkotte (und Texter Alexander Kuchinka) den Eindruck, ihre Pointen würden erst langsam aus dem winterlichen Lockdown-Schlummer erwachen.

Dabei wäre die Geschichte, die es zu erzählen galt, reich an mühelos zu verwertender grotesker Schrillheit: Satan selbst, an sich Chef eines überhitzten, feuerroten Hauses, ist schon zu lange abgängig. Er wandert auf Erden durch die Jahrhunderte, und schön langsam bricht sein höllischer Laden auseinander, in dem man Donald Trump und Hitler ebenso zu erkennen glaubt wie Osama bin Laden. Hier muss wohl etwas geschehen.

Der Knecht reist

So begibt sich der Höllenknecht, also Ruprecht, mit seinem dreiköpfigen Mops Zerberl auf die Suche, seinen behörnten Vorgesetzten ausfindig zu machen. Ob sich dieser nun jedoch als Oberin eines Nonnenklosters tarnt, später zum derben k. u. k. Offizier mutiert oder sich am Ende unsichtbar macht, um in der Tanzschule "Höllmayer" offensichtlich in die Seelen Jugendlicher einzutauchen, um sie empathielos werden zu lassen: Es bleibt die grundsätzliche Freude über das langsame Öffnen – auch der Volksopernkultur – beeinträchtigt. Die Inszenierung, die keinen Kalauer davonkommen lässt, wandert im Irrgarten der Trivialitäten und Rollenstereotype und neigt dazu, die Intelligenz der Betrachter zu unterfordern.

Nonne, Direktor, immerhin

Wenn der Abend irgendwo Halt findet, dann bei Marco di Sapia, der vor allem als teuflische Nonne "bella figura" macht, und beim Direktor des Hauses selbst, also Robert Meyer. Als Ruprecht ist er zumindest ein Garant für Gagtiming und Slapstick. Wobei auch ihm, der mit einem Engel (Christian Graf) quasi in einer Koalition zwischen Himmel und Hölle unterwegs ist, am Schluss nicht gerade Originelles zur Gestaltung serviert wird: Die textlichen Verweise auf die aktuellen Vorkommnisse rund um Chats, den Ibiza-Ausschuss und die sich daraus ergebenden Fragen zum Thema "Wahrheitspflicht in der Politik" litten gewissermaßen auch am nachwirkenden Kulturschlaf.

Ansonsten herrschte bei Chor und Orchester FFP2-Maskenpflicht wie auch gesangliche und sonstige Routine: Theresa Dax und Johanna Arrouas sind jenes Damenduo, das jeweils drei Rollen zu absolvieren und sich dabei mit David Sitka und Carsten Süss als männliche Gegenüber auseinanderzusetzen hat.

Mitunter recht derb

Dirigent Alfred Eschwé entlockt dem wiederum motivierten Orchester manch zarten Ton. Auf der anderen Seite sucht man an bombastischen Stellen jene Sphäre auf, in der musikalische Energie in Lärm überzugehen scheint.

Tja, wenn am Schluss der Teufel den Opernball der nunmehr allesamt Behörnten eröffnet, ist man ebenso froh, Kultur wieder stattfinden zu sehen, wie auch, dass dieser Abend endlich sein Ende erreicht hat. Muss halt alles noch etwas in die Gänge kommen. (Ljubisa Tosic, 21.5.2021)