Bayerische Staatsoper:Als nächstes dann was Gescheites

Schön ist die Welt

Die Frau Mama (Eliza Boom) hat der überschäumenden Liebeslebenslust der Tochter (Julia Kleiter, re.) jetzt auch nicht mehr entgegen zu setzen.

(Foto: Winfried Hösl)

Eine Operette live im Nationaltheater. Das gibt es selten. Zum Glück

Von Egbert Tholl

Das schafft auch nur Corona: Zum ersten Mal, zumindest gibt es keine Erinnerung an Vergleichbares, wird im Nationaltheater, also an der Bayerischen Staatsoper, eine Operette gegeben. Das liegt daran, dass Franz Lehárs "Schön ist die Welt" im Januar in einem der Montag-Streams zu sehen war und nun vor Publikum noch einmal nachgeholt wird, quasi als Satyrspiel am Vorabend der "Lear"-Premiere. Damals waren viele Leute sehr aus dem Häuschen, die den Stream gesehen hatten; nun fühlt man wenig Veranlassung, das Gehäuse der eigenen Euphorie ob des Erlebten sprengen zu müssen.

Verblüffend ist an dem Stück, das 1930 in Berlin, in einer etwas anderen Form aber bereits 1914 in Wien herauskam: Der Inhalt ist in einem Satz erzählt. Kronprinz Georg und Prinzessin Elisabeth verlieben sich ineinander und werden glücklich. Mehr ist nicht zu sagen. Die beiden sollen eh heiraten, nach dem Willen des Königs und dem der Herzogin, der Mama der Prinzessin. Die beiden jungen Leute indes wollen, ohne Kenntnis der anderen Person, aber nur ihre Herzen sprechen lassen, doch die, also die Herzen, reden schon miteinander, ohne dies zu wissen, weil die Prinzessin eine Autopanne hatte und der Kronprinz, inkognito als Jäger in den Wäldern Tirols unterwegs, ihr aus der Misere half. Da wissen sie aber noch nicht, dass ihre Ahnen sie füreinander bestimmten; am Ende, nachdem im Hochsommer im Tiroler Bergland eine Lawine abgegangen ist und sich die ganze Gesellschaft wieder im Hotel des Alpes einfindet: Heirat. Glück.

Lehár schrieb hiermit seinen "Tristan", im zweiten Akt sind die Liebenden allein, bis auf die Lawine. Die Musik drängt nach Bedeutung, nur ohne Ziel. Eine Nummer, die im Kopf die Dauer der Aufführung überlebt, ist Lehár nicht eingefallen, also zählt die Aufführung allein. Die findet, mitsamt des Staatsorchesters unter der feinfühligen, aber auch zurückhaltenden Leitung von Yoel Gamzou, gänzlich auf der Bühne statt, es gibt dafür vier Kronleuchter, einen Alpenprospekt und zwei Tischchen. An diesen sitzt Max Hopp, und das ist gut.

Hopp ist ein äußerst Opern-affiner Schauspieler, hat gerade in Luzern eine ziemlich fabelhafte "Così"-Inszenierung abgeliefert und macht hier den Erzähler. Und den König. Als solcher geht er strawanzen und findet die Primadonna Mercedes, ebenfalls Gast im Des Alpes, äußerst interessant. Auch mit der Mama hatte oder hat seine Durchlaucht ein Schnucki-Verhältnis, die Alten gucken der Jugend also entspannt zu, und Hopp erzählt das mit blühendem, altmodischen, wundervollen Charme, manchmal singt er auch.

Eliza Boom (Mama), Sebastian Kohlhepp (Kronprinz), Juliana Zara (Mercedes), Manuel Günther (der Mercedes echter Geliebter) machen ihre Sache, die jeweils so viel nicht ist, sehr gut, Julia Kleiter, die Prinzessin, überstrahlt alle noch ein bisschen, glänzt stimmlich in dem Gold, das der Kronprinz nonchalant als Flitter verstreut. Alles ist reizend, possierlich. Aber jetzt kann man auch wieder was Gescheites machen.

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