Petrenkos Abschied in München : Höchste Lust, ganz bewusst
Zum Ungeheuerlichsten der Partitur von „Tristan und Isolde“ gehört die konkrete Art ihrer Entstehung. Richard Wagner war, wie so oft, in Geldnot und wollte schnell fertig werden. Dem Verlag hatte er ein kurzes, „durchaus praktikables Opus“ angekündigt, das er innerhalb eines Jahres abzuschließen gedachte. Gezahlt wurde in Raten. Deshalb verpflichtete er sich, kontinuierlich Manuskriptseiten zu schicken, die sofort lektoriert und für den Notenstecher vorbereitet wurden. Das heißt: Wagner konnte nicht zurückblättern, abgleichen, korrigieren. Er hatte nie größere Abschnitte vor sich. Er musste nicht nur alles im Kopf haben, sondern auch im Kopf behalten. Er war – seine Muse Mathilde Wesendonck hin oder her – extrem unter Druck. Und er dürfte, wie der Wagner-Herausgeber Egon Voss einmal formulierte, „zeitweise schlichtweg draufloskomponiert haben“. Vielleicht ist „Tristan und Isolde“ gerade deshalb geworden, was es nun ist: ein waghalsiges Experiment, ein Weg ins Offene.