Bayreuther Festspiele :
Explosionen der Lebenslust

Lesezeit: 5 Min.
Sublimer Feuerzauber: Ein Malassistent (links) von Hermann Nitsch sorgt für orgiastische Strahlkraft am Schluss der „Walküre“.
Zart und vital zugleich machen Pietari Inkinen und Hermann Nitsch aus Richard Wagners „Walküre“ ein Theater ohne Handlungsregie. Die Bayreuther Festspiele erleben in der Corona-Krise einen kreativen Schub.

Die Musik fliegt, manchmal schwebt sie nur wenige Zentimeter über dem Boden, am Ende segelt sie traumestrunken davon: über die Wolken, zu den Sternen, nach Walhall, wohin auch immer, da mag jeder nach seiner Fasson selig werden. Aber der Dirigent Pietari Inkinen, ein Neuling auf dem Grünen Hügel, der erste Finne am Pult der Bayreuther Festspiele, hat Richard Wagners Musik zur „Walküre“, wo immer es sinnvoll war, von aller Erdenschwere befreit. Man hört einen Wagner jenseits der Klangvorurteile des Massigen, eine Musik, die ohne das Im­poniergehabe gehörnter Helme auskommt und trotzdem stark ist. Zartes Farbenspiel von Naturbeschwörungen, Raffinement der Psychologie, alles, was die Symphoniker Frankreichs, Russlands und Finnlands an Wagner später faszinierte, schwingt hier mit als geistige Resonanz eines europäischen Ereignisses, das nicht auf den Sonderweg deutscher Düsternis und Wucht zu reduzieren ist.

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