„Die Nase“ von Schostakowitsch – Premiere am Theater Basel

Theater Basel / DIE NASE/ J.Etezadzadeh, A.Murphy/ Foto @ Thomas Aurin

Mit seiner ersten Oper hat Dmitri Schostakowitsch 1930 eine ganz neue Art der Opernmusik präsentiert. Da ist zum Beispiel ein mit neun Perkussionisten besetzter Schlagzeugpart zu erleben. Von vielerlei überraschenden Einflüssen aus diversen Musikstilen wird man in ein Klangerlebnis hineingezogen. (Rezension der Premiere v. 27.11.2021)

 

 

Die Handlung welche an Absurdität ihresgleichen sucht und sich an die 1836 veröffentlichte gleichnamige Erzählung von Nikolai Gogol hält, beschreibt das Schicksal von Kowaljow, der eines morgens aufwacht und keine Nase mehr hat. Der Barbier Jakowlewitsch findet sie, wird aber von seiner Frau verdächtigt, diese dem Kunden beim rasieren abgeschnitten zu haben. Hysterisch fordert sie ihren Mann auf, diese verschwinden zu lassen. Weil er aber immer wieder Bekannten begegnet, ist das allerdings nicht ganz einfach. Als er sie wegwerfen will, wird er von einem Polizisten beobachtet und zur Rede gestellt. Kowaljow wacht auf und bemerkt den Verlust seiner Nase und er wendet sich an die Polizei. In der Kathedrale entdeckt er seine Nase, welche sich jedoch als Staatsrätin ausgibt und es gelingt ihm nicht, diese zu fassen. Als er den Polizeimeister aufsuchen will, muss er feststellen, dass dieser gerade verreist ist. Eine Vermisstenanzeige, welches er in der Zeitung aufgeben will, wird ihm vom Redakteur verweigert. Ein Wachtmeister kommt mit seinen Polizisten an die Poststation, wo sie die Nase zu erwischen hoffen, aber mehrere Personen, welche die Nase selbst auch sehen wollen, lenken diese ab. Die Nase erscheint und wird als Diebin bezichtigt. Ein großer Tumult entsteht. Prügelnd stürzen sich alle auf die Nase.

Theater Basel / DIE NASE/ Foto @ Thomas Aurin
Theater Basel / DIE NASE/ Foto @ Thomas Aurin

Schließlich gibt der Wachtmeister die Nase gegen ein Trinkgeld an Kowaljow zurück. Doch die Nase lässt sich nicht mehr am Gesicht anbringen. Selbst der Arzt kann da nicht helfen. Im Glauben, dass eine Mutter hinter dem ganzen steckt, damit er ihre Tochter heiratete, schreibt er dieser einen Brief und bittet darum, den Fluch zu beenden. Durch ein Mißverständniss jedoch glaubt diese, es handle sich um einen Heiratsantrag. Sie kann Kowaljow überzeugen, dass sie mit dieser Sache nichts zu tun hat. Wegen einem Gerücht entsteht eine riesige Aufregung in der Stadt. Es wird behauptet, dass die Nase angeblich dort spazieren ginge und alle wollen sie sehen. Eine unglaubliche Hektik macht sich breit. Beim Erwachen stellt Kowaljow fest, dass er seine Nase wieder im Gesicht hat und ist außer sich vor Freude. Jubelnd flaniert er durch die Stadt.

Wie soll man eine derart verworrene Handlung auf die Bühne bringen?

Herbert Fritsch, bekannt für seine bunten und äußerst lebhaften Inszenierungen, lässt alle Darsteller wie Puppen in andauernder Bewegung auftreten und fordert den Sänger/innen alles ab. Es gibt kaum einen Moment, wo sich nicht überzeichnete Gesten und stetes Hüpfen, Zucken und Grimassenschneiden abwechseln. Alles wirkt extrem abstrakt. Dies mag einen gewissen Unterhaltungswert haben, wird aber auf die Dauer einfach zu viel.

Herbert Fritsch gestaltete auch die Bühne. Mittels unterschiedlich großen, ineinander schiebbaren bunten Rahmen werden Räume angedeutet. Mit dem Lichtdesign von Roland Edrich entstehen raffinierte Effekte. Besonders im Kathedralenbild gelingt dies eindrücklich. Passend für diese Produktion sind auch die Kostüme von Victoria Behr.

Theater Basel / DIE NASE/ Foto @ Thomas Aurin

In dieser Oper gibt es über 60 Partien, von großen bis zu ganz kleinen Rollen. Aus diesem Grunde ist es nicht möglich, sämtliche Mitwirkende zu erwähnen. In der Rolle des Kowaljow erlebte man Michael Borth, der gesanglich und schauspielerisch hervorragend den verzweifelten Nasenlosen interpretierte. Die Nase welche in verschiedenen Verkleidungen auftritt, wurde geradezu umwerfend von Hubert Wild in Szene gesetzt. Auch Andrew Murphy als Barbier und Vater, Jasmin Etezadzedeh, welche ebenfalls in drei Rollen zu hören war, sowie Karl-Heinz Brand, der sogar fünf Rollen besetzte, überzeugten mit viel Engagement. Peter Tantsits als Wachtmeister und Eunuche und Vuyani Mlinde als Redakteur waren ebenfalls mit vollem Einsatz zu erleben.

Es ist immer wieder eine Freude zu sehen, wie die Mitglieder des Opernstudios OperAvenir in den Produktionen mitmachen. Inna Fedorii als Sopransolo/Mutter/Tochter, Jasin Rammal-Rykala, welcher in sechs Rollen mitsang und spielte, sowie Kyu Choi als Doktor etc. sind positiv aufgefallen.

Theater Basel / DIE NASE/ Schlussapplaus/Foto @ Marco Stücklin-DAS OPERNMAGAZIN

Das Sinfonieorchester Basel mit dem Dirigenten Clemens Heil liess alle Facetten dieser sehr anspruchsvollen Partitur in schillernden Farben erklingen und bot eine großartige Leistung. Auch der Chor des Theater Basel, einstudiert von Michael Clark, war durch den Regisseur sehr gefordert und überzeugte gesanglich, wie auch schauspielerisch.

Die Entgegennahme des Beifalls, welcher mit lautstarken Bravos begleitet war, ist ebenfalls inszeniert und gipfelt darin, dass der Regisseur Herbert Fritsch aus dem Orchestergraben klettert und vor das Publikum tritt.

 

  • Rezension von Marco Stücklin / Red. DAS OPERNMAGAZIN-CH
  • Theater Basel / Stückeseite
  • Titelfoto: Theater Basel / DIE NASE/ Foto @ Thomas Aurin
Teile diesen Beitrag:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert