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Konzertanter Volksopern-"Boris Godunow" mit (Ab)-Strichen

Corona macht auch vor dem Zaren nicht Halt: Den ursprünglichen Plan, Modest Mussorgskis einzige Oper "Boris Godunow" von Peter Konwitschny inszenieren zu lassen, musste die Wiener Volksoper letztlich fallen lassen - erwies sich die große Choroper in Pandemiezeiten doch als undurchführbar. Immerhin eine konzertante Kurzfassung, gleichsam der Conductor's Cut, ging sich noch aus und feierte am Samstag Premiere. Die Bilanz: "Boris" ist nicht die ideale Oper für solch ein Projekt.

Albert Pesendorfer hat einiges im Rücken, wenn auch kein Bühnenbild
Albert Pesendorfer hat einiges im Rücken, wenn auch kein Bühnenbild

Mit ihrer verhältnismäßig großen Protagonistenanzahl, häufigen Szenenwechseln und nicht zuletzt Mussorgskis primär dramaturgisch gedachter Musik, die nicht auf Arien, sondern eher eine theaterpraktische Struktur setzt, verliert die Oper in einer nicht-szenischen Fassung massiv. Schließlich hält man sich strikt an ein konzertantes Konzept, bei dem nur wenige Akteure wie Volksopern-Liebling Marco di Sapia als ausgebüxter Wandermönch Warlaam körperlich agiert, wohingegen die Mehrheit in strikter Statik verharrt.

Immerhin ist Albert Pesendorfer in der Titelpartie ein wuchtiger Thronusurpator, der seinen Bass jedoch beweglich führen kann und nicht im bräsigen Grummeln verharrt. Und auch Ensemble-Bass Yasushi Hirano weiß trotz S-Fehlers mit seinem beinahe schmelzigen Timbre zu überzeugen. Schließlich ist der "Boris Godunow" insgesamt ein dunkel-getöntes Werk, das nicht nur auf die tiefen Streicher, sondern auch das entsprechende Blech setzt und damit die Akustik der Volksoper bisweilen an ihre Grenzen treibt.

Während also das Publikum Abstriche machen muss, hat Dirigent Jac van Steen Striche gemacht. Diese betreffen etwa alle Passagen mit Kindern, wurde der Kinderchor doch coronabedingt in toto gestrichen. So bietet sich in dieser Volksopern-Variante die Gelegenheit, das ansonsten gut über drei Stunden dauernde Werk in knackig-komprimierten eindreiviertel Stunden zu erleben. Und das ist ja auch etwas.

(S E R V I C E - "Boris Godunow" von Modest Mussorgski in konzertanter Fassung an der Volksoper, Wien 9, Währinger Gürtel 78, Dirigent: Jac van Steen. Mit Boris Godunow - Albert Pesendorfer, Fjodor - Ghazal Kazemi, Xenia - Elisabeth Schwarz, Amme - Annely Peebo, Wassili Schuiskij - Carsten Süss, Schtschelkalow - Morten Frank Larsen, Pimen - Yasushi Hirano, Grigori Otrepjew - Vincent Schirrmacher, Warlaam - Marco Di Sapia, Missail - Karl-Michael Ebner, Schenkenwirtin - Martina Mikelić, Polizeioffizier - Daniel Ohlenschläger, u.a. Weitere Aufführungen am 29. Jänner sowie am 5. Februar. www.volksoper.at/produktion/boris-godunow-2020.de.html)

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