„Le nozze di Figaro“ an der Semperoper Dresden

Semperoper/Figaro/© Semperoper Dresden/Matthias Creutziger

Le nozze di Figaro (KV 492) ist eine Opera buffa in vier Akten von Wolfgang Amadé Mozart (1756-1791) nach einem Libretto von Lorenzo Da Ponte (1749-1838) basiert auf der Komödie La Folle Journée ou le Mariage de Figaro (1778) von Pierre Augustin Caron de Beaumarchais (1732-1799). Da Ponte übersetzte den Text ins Italienische und entfernte bei der Kürzung des Stücks auf die Anforderungen eines Opernlibrettos viele politische Aspekte aus der Handlung, die den Kaiser Joseph II. hätten verärgern können. Nach der Uraufführung am 1. Mai 1786 im Burgtheater am Michaelerplatz fanden acht weitere Aufführungen im selben Jahr statt. In der Saison 1786/87 erlebte dieses Schlüsselwerk der Opernliteratur einen besonders großen Erfolg in Prag, wo Mozart 1787 den Auftrag erhielt, Don Giovanni zu komponieren. (Besuchte Vorstellung am 16.04.2022) 

 

Bei der Inszenierung von Johannas Erath aus dem Jahr 2015, die ich am 16. April 2022 an der Semperoper Dresden gesehen habe, stellt sich die Frage, warum Katharina Thalbach, die in der letzten Zeit eine ausgezeichnete Aida dort auf die Bühne gebracht hat, nicht beauftragte wurde, eine anspruchsvolle Inszenierung von Mozart und Da Pontes Meisterwerk zu konzipieren. Eraths Regie entspricht nicht dem Niveau eines Weltklasse Opernhauses sondern eines Amateurtheaters.

Zum Glück hat die Sängerbesetzung wertvolle Leistungen, sowohl stimmlich als auch schauspielerisch, erbracht. Peter Mattei verkörperte einen Conte di Almaviva, der eigentlich seine Frau liebt und gleichzeitig in Susanna und Barbarina interessiert ist. Seine Körpersprache und Mimik stellten die Rolle des Grafen als Feudalherrn und frustrierten Liebhaber wirkungsvoll dar. Als La Contessa di Almaviva machte Julia Kleiter den Eindruck einer zurückhaltenden, aber traurigen Ehefrau; ihre süße, glänzende Stimme vermittelte die emotionale Tiefe der Figur.

Eine große Entdeckung des Abends war die Sopranistin Hila Baggio, die Susanna als erotisch, verführerisch, kokett, und liebenswert optimal darstellt hat. Sie bewies während der gesamten Aufführung eine unglaubliche Ausdauer und zeigte keine Anzeichen von Ermüdung, während sie diese lange, fordernde Rolle sang. Seit etwa 20 Jahren ist Erwin Schrott als Figaro auf den führenden Opernbühnen der Welt zu erleben. Seine kräftige, sanfte Stimme sowie seine charismatische Präsenz, sein Humor und seine Interaktionen mit anderen Charakteren machen ihn zu einem durch und durch hervorragender Darsteller dieser Rolle.

Semperoper/Figaro/© Semperoper Dresden/Matthias Creutziger

Eine weitere Überraschung des Abends war die entzückende, leidenschaftliche Mezzosopranistin Štěpánka Pučálková als Cherubino. Sie verkörperte die Emotionen und das Verhalten eines heranwachsenden Junges sehr überzeugend. Der Bass Omar Montanari porträtierte Bartolo als einen wütenden, frustrierten Mann, dessen Wunsch, sich an Figaro (der, in der Vorgeschichte dieser Oper geholfen hat, Rosina [La Contessa] aus seiner Vormundschaft zu locken und sie mit dem Grafen zu verheiraten) zu rächen komisch ist. Barbarina, dargestellt von Mariya Taniguchi, sang ihre Arie zu Beginn des 4. Aktes mit Pathos und ließ sich auf den Grafen ein. Als Don Basilio und Marcellina waren Simeon Esper und Michal Doron schwierig einzuschätzen, weil ihre Arien im vierten Akt bedauerlicherweise gestrichen wurden.

Obwohl Omer Meier Wellber sich als guter Dirigent von Richard Wagner, Giuseppe Verdi und anderen Komponisten aus dem 19. Jahrhundert erwiesen hat, war er mit Mozart überfordert. Trotz des verkleinerten Orchesters waren bei vielen Arien und Ensembles die Stimmen über dem Orchester nicht deutlich zu hören. Seine grobe Begleitung der Rezitative auf dem Cembalo und dem Hammerklavier erschwerte den Sängern, ihren Text auszusprechen. Unter seiner Leitung spielte die berühmte Sächsische Staatskapelle Dresden manchmal so schnell, dass der gesungenen Text nicht klar ausgedruckt werden konnte und andermal so langsam, dass die dramatische Spannung verloren ging. Mit Blick auf die reiche Aufführungstradition mit modernen Orchestern haben zwei ehemalige Chefdirigenten der Sächsischen Staatskapelle Dresden Karl Böhm und Colin Davis mehr Transparenz und eine bessere Balance zwischen den Sängern und dem Orchester mit einer größeren Orchesterplatte geschafft.

DVD-Tipp: Fans von Erwin Schrott können seine Darstellung der Titelrolle in einer weitaus intelligenteren Inszenierung von David McVicar aus der Royal Opera House in Covent Garden unter der Leitung von Antonio Pappano (2006) genießen. McVicars Inszenierung ist nicht nur durchdachter, sondern auch vollständiger (d. h. einschließlich der Arien von Marcellina und Basilio im 4. Akt). U.a. erhältlich bei AMAZON

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