Michael Weinius (Siegfried) und Nina Stemme (Brünnhilde).

Foto: Michael Pöhn

Wien – Nach Rheingold,Walküre und kurz vor der donnerstägigen Götterdämmerung war also Siegfried an der Reihe – mit jenem Helden, der sich schließlich doch als Mensch entpuppt. Doch bis dahin ist es ein langer Weg, Siegfried hat Riesen und Zwerge zu erlegen und Götter zu besiegen. Der schwedische Tenor Michael Weinius, der an der Wiener Staatsoper sein Rollendebüt gibt, ist als Siegfried nicht nur eine imposante Erscheinung: Zu Beginn ein ordentlicher Krawallmacher, stemmt er die Monsterrolle mit bemerkenswerter Kondition und darstellerischer Kraft. Komik inklusive. Dass die Stimme nach viereinhalb Stunden im Duett mit der ausgeschlafenen Brünnhilde leichte Ermüdungserscheinungen zeigt? Geschenkt.

Es steht ihm ja Nina Stemme zur Seite, die, von Siegfried endlich wachgeküsst, Sonne und Licht mit makelloser Innigkeit besingt. Auch ist ihr prächtiger, scheinbar unermüdlicher Sopran von einer Wucht, welche die tiefen Anfangstöne wie auch die strahlenden Höhen trägt und prägt. Die ersten zwei Aufzüge gehen als testosterongesteuertes Drama in der bewährten Inszenierung von Sven-Eric Bechtolf glücklicherweise beinahe ohne Längen, dafür mit viel Witz und famoser Personenführung über die Bühne. Allen voran überzeugt Jörg Schneider, der als hinterfotziger Mime und Ziehvater Siegfrieds pointiert Assoziationen an Dschungelcamp-Moderator und Komiker Dirk Bach weckt.

Das vokale Kollektiv hatte Niveau: Vollmundig kam Simon Neal rüber, der sich als Wanderer Wotan für den erneut indisponierten John Lundgren von seinem Enkel Siegfried geschlagen geben muss. Jochen Schmeckenbecher hingegen denkt (als Alberich) nicht daran aufzugeben und poltert im Dialog mit Wotan. Aus dem Off brummt wiederum der Bass von Dmitry Belosselskiy als Fafnerdrache. Noa Beinar liefert als Erda satte Töne, und Joanna Kędzior ist ein liebliches Waldvögelchen. Am Pult des Staatsopernorchesters sorgt schließlich Axel Kober für packende Stunden zwischen Wagner’scher Durchschlagskraft und lyrischer Idylle. (Miriam Damev, 16.5.2022)