Oper Frankfurt gelingt mit "Ulisse" große Ausgrabung

26. Juni 2022 - 23:06 Uhr

Frankfurt am Main (MH) – Regisseurin Tatjana Gürbaca verwandelte ihr Debüt an der Oper Frankfurt am Sonntagabend in einen szenischen Triumph. Ihr gelang mit feinster Ironie und überbordender Phantasie das Unmögliche: Aus Luigi Dallapiccolas Oper "Ulisse", die seit ihrer Berliner Uraufführung von 1968 als unspielbar galt, eine überzeugende Erzählung der permanenten inneren Verwandlung zu machen. Im Verein mit Bühnenbildner Klaus Grünberg zeigte sie die Irrfahrten und die Heimkehr des Odysseus ausgehend von einer Ausgrabungsstätte, in der einer der touristischen Besucher zum Protagonisten Odysseus bestimmt wird. Nach und nach legen Gürbaca, Grünberg und die temperamentvolle Kostümbildnerin Silke Willrett so alle Schichten und Geschichten des europäischen Urmythos frei.

"Ulisse"

"Ulisse"

Besondere Aufmerksamkeit hatte die Regisseurin dem bis in die kleinste Nebenfigur choreografisch überzeugend agierenden Chor der Oper Frankfurt geschenkt. Ob als Odysseus' rudernde Gefährten, amüsierwilliger Hofstaat des Alkinoos oder als sich in Zeitlupe hereinwälzender, aus Toten bestehender Styx – Gürbaca machte den Chor nicht nur zum Hauptträger der Handlung, sondern auch zum lebendigen Teil des sich ständig wandelnden Bühnenbildes und damit zu Odysseus' ständigem Gegenüber.

Auch Ensemblemitglied Iain MacNeil überzeugte in seiner vielfältigen Odysseus-Rolle der permanenten Selbstfindung. Dass die Oper Frankfurt zudem die meisten anderen der vielen Solopartien aus dem Ensemble besetzen konnte – Odysseus' Mutter singt keine Geringere als Claudia Mahnke – spricht für die hohe Qualität des Hauses. Francesco Lanzillotta im Orchestergraben erzeugte aus den vielen hypnotischen Zwölftonreihen ein raffiniertes Meereswogen und ließ die feinen Verästelungen von Dallapiccolas allumspannender Schicht der Selbstzitate lyrisch schimmern.

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(bb/wa)

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