Münchner Opernfestspiele :
Wer unter Folter glauben kann

Von Max Nyffeler
Lesezeit: 4 Min.
Glanzlicht der Münchner Opernfestspiele: Aušrine Stundyte als Priorin in „Die Teufel von Loudun“
Diese neue Musik altert nicht: Die Münchner Opernfestspiele eröffnen triumphal mit einer Neuinszenierung der „Teufel von Loudun“ von Krzysztof Penderecki.

Wenn nach zweieinviertel Stunden Spieldauer und quälend langen Folterszenen der der Hexerei be­zichtigte Pfarrer Grandier endlich den Feuertod erleidet, folgt ein kurzes Orchesternachspiel – keine Trost und Erlösung symbolisierenden Klänge im Streicherhimmel, sondern ein dumpfes vokalinstrumentales Brodeln, das sich dem Zuschauer ins Gedächtnis einbrennt. Es klingt wie ein aus der Tiefe der Volksseele emporsteigendes Echo des grausigen Geschehens. Dieses Volk ist am Schluss von einer tumben, manipulierbaren Ansammlung von Individuen zur systemtreuen Gemeinschaft aktiver Peiniger geworden, deren Kreis der Verurteilte nach dem alten Militärritual des Spießrutenlaufs fast endlos entlangtaumelt. Eine der vielen starken Szenen in der aufwühlenden Neuinszenierung von Krzysztof Pendereckis erstem Bühnenwerk „Die Teufel von Loudun“, mit der nun die Münchner Opernfestspiele eröffnet wurden. Es war ein großer, einhelliger Publikumserfolg, der auch nicht durch den Umstand getrübt wurde, dass der Hauptdarsteller Wolfgang Koch einige Tage vor der Premiere erkrankte und durch den Bariton Jordan Shanahan im Orchestergraben und den Schauspieler Robert Dölle auf der Bühne gedoubelt werden musste; als doppelter Grandier ernteten sie einen Sonderapplaus.

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