Lucia in Salzburg So betörend kann Wahnsinn sein

Xl_lucia-di-lammermoor-2022-c-sf-marco-borrelli-002 © Marcc Borrelli

Gaetano Donizetti Lucia di Lammermoor Salzburger Festspiele 25.8.2022

Lucia in Salzburg So betörend kann Wahnsinn sein

Zumeist stehen die konzertanten Opernaufführungen in Salzburg für höchste musikalische Qualität und handverlesene Besetzung. So waren auch die Erwartungen des Publikums hoch. Lisette Oropesa bringt viele Attrubute für eine Sängerkarriere mit. Die US Amerikanerin sticht mit ihrer schlanken eleganten Erscheinung gleich ins Auge. Dazu hat sie für den Abend zwei auffallende als auch unterschiedliche Kleider gewählt. Weit ausschweifend ist ihre hellblaue Robe mit schwarzem Büstier, nach der Pause ein enganliegendes grauweisses Kleid mit Pailletten glitzernd. Aber den optischen Eindruck toppt s mit ihrer hellen glöckchengleichen Sopranstimme.Jugendlich frisch und rein spaziert sie leicht in den Höhen. Die Koloraturen fliessen weich. Anmutig gestaltet sie die verschreckte Verliebte, verloren abgehoben arbeitet sie sich in den Wahnsinn hinein. Immer führt sie die Stimme locker, in den Piani bleibt die Stimme fest und auch Verzweiflung kann sie mit adliger Dramatik würzen.

Benjamin Bernheim kann man sicherlich derzeit zu den führenden lyrischen Belcanto Tenören zählen, der mit einer kraftvollen aber fein phrasierender Stimme überzeugt. Mit einem weichem nicht zu dunklem Timbre erfreut seine gehaltvolle Färbung. Das Finale gehört in dieser beliebten Oper dem Tenor und Bernheim macht daraus großes Theater der Emotionen. Mit Bravour schwenkt er vom vermeintlich Verlassenen zum herzzerreißend mitfühlenden Liebhaber, der seine Erlösung im Tod sucht, um seiner im Wahnsinn verstorbenen Geliebten Lucia zu folgen.

Umgeben ist das tragische Liebespaar von ebenso ausgezeichneten Sängern. Ludovic Tezier flösst als Enrico, Lucias rachsüchtigen kaltblütigen Bruder, mit markigem Bariton wahrlich Angst und Respekt ein. Mühelos kann er seiner Stimme die nötige Durchsetzungskraft verleihen oder im Duett mit seinem Gegner arrogante Siegerpose einnehmen.

Warm umgüllt der mächtige Bass von Roberto Tagliavini als Raimondo, die völlig unerwartet aus seiner schlanken jungen Erscheinung tritt. Gebieterisch versucht er zu vermitteln und ehrenhaft Hilfe zu leisten. Riccardo Della Sciucca kann als Arturo mit gut geführten Tenor begeistern.

Am Pult zeigt Daniele Rustioni, derzeit an der Oper von Lyon musikalischer Leiter, viel Einsatz und klare Vorstellungen, wie Belcanto im Orchester klingen soll. Er treibt mit sportlichen Sprüngen das Mozarteum Orchester sowie den bestens präparierten Philharmonia Chor Wien zu einem temporeichen, kräftigen Spiel an. Mitunter deckt er dabei die Sänger zu, bietet aber ebenso einen farbigen Klangteppich, auf dem sich diese gekonnt ausbreiten.

Viel Jubel im großen Festspielhaus

Dr. Helmut Pitsch

| Drucken

Mehr

Kommentare

Loading