Theater Basel: „SALOME“ – Premierenbericht vom 2. Oktober 2022

Theater Basel/SALOME/Foto @ Thomas Aurin

Wenn sich der Vorhang öffnet, wird zur Überraschung des Publikums eine fast leere Bühne sichtbar, in deren Mitte nur der Kopf des Propheten Jochanaan zu sehen ist. Das mag irritieren, zumal man dieses Bild erst gegen Ende der Oper erwartet. Zwei Soldaten bewachen den inhaftierten Propheten Jochanaan, dessen warnende Worte eindringlich zu vernehmen sind. (Rezension der Premiere vom 02.10.2022)

 

 

Der Hauptmann Narraboth liebt die Stieftochter Herodes, Prinzessin Salome, über alles. Daraus entwickelt sich eine grenzenlose Schwärmerei. Der Page der Herodias ahnt den Ausgang dieser Liebelei und warnt vor den Folgen. Salome‘s Stiefvater Herodes hat jedoch ebenfalls ein Auge auf Salome geworfen. Sie hört gebannt den Worten Jochanaans zu und wünscht den gefangenen Propheten zu sehen, was jedoch Narraboth verhindern will. Um dennoch an ihr Ziel zu kommen, geht sie schließlich dem Scheine nach auf Narraboth’s Schwärmerei ein, was ihr auch gelingt.

Theater Basel/SALOME/Foto @ Thomas Aurin

Der von der Gefangenschaft gezeichnete Jochanaan kündigt weiteres Unheil an. Er prangert weiterhin das sündhafte Verhalten von Salomes Mutter an. Als er Salome als deren Tochter erkennt, gerät auch sie unter den Zorn des Propheten. Salome ist hin und her gerissen zwischen Abscheu und Faszination. Narraboth ist verzweifelt ob der Schwärmerei und bringt sich um. Nun will Salome, von der Schönheit Jochanaans Gesicht um den Verstand gebracht, den Propheten küssen, aber dieser verflucht sie angeekelt. Währenddessen wirft Herodes trotz Herodias Warnungen noch  immer ein Auge auf Salome. Zwar, die Gefahr ahnend, lässt Herodes dennoch nicht locker und lädt Salome ein, mit ihm zu speisen und zu trinken. Aber Salome lehnt das ab. Das Unheil braut sich zusammen. Als Herodes ihr schließlich anbietet, alle ihre Wünsche zu erfüllen, erkennt sie ihre Chance und nimmt ihm den Eid ab. Herodes und Herodias sehen gebannt ihrem Tanze zu. Am Ende verschmäht sie die gemachten verführerischen Angebote und wünscht stattdessen, dass ihr Jochanaan‘s Haupt auf einer Silberschüssel präsentiert werde. Man will sie davon abbringen, aber sie bleibt hart und schließlich wird ihrem Wunsche stattgegeben. Sie küsst dieses Gesicht und verfällt in eine Schwärmerei über dessen Schönheit. Sie triumphiert, doch Herodes kann das nicht hinnehmen und mit den Worten „Man töte dieses Weib“ befielt er Salome zu töten.

Diese Inszenierung von Herbert Fritsch war bereits 2019 in Luzern zu sehen. Fritsch hat auch das Bühnenbild entworfen. Er verzichtet auf die von ihm gewohnten Kalauer und Überzeichnungen. Stattdessen sind auf der Bühne einzig zwei große Throne auf einem blauen Boden zu sehen. Er arbeitet mit viel Lichtdesign und erzielt so zuweilen sehr schöne Effekte. Besonders bei Salomes „Schleiertanz“ wird damit eine spezielle Stimmung erzeugt.

Wir erleben Salome durch die zierliche Erscheinung der Sopranistin Heather Engebretson als ein Kind, welches trotzig gegen die Eltern aufbegehrt. Auf der einen Seite wirkt sie sehr zerbrechlich, auf der anderen aber wird sie als bereits starke Persönlichkeit wahrgenommen. Hier gibt es keinen Tanz, der verzaubert, sondern ein kindliches nerviges Gestikulieren. Auch sonst ist sie dauernd in Bewegung. Diese Partie fordert sowohl stimmlich als auch schauspielerisch eine große Leistung. Wenn auch ihre Stimme in tiefen Tönen nicht immer standzuhalten vermag, so ist doch die Gesamtleistung sehr beeindruckend.

Das Königspaar wird in dieser Inszenierung als wahrlich verrücktes Paar dargestellt, welches mit hektischen Gesten und exzentrischen Bewegungen keinen Augenblick Ruhe findet. Peter Tantsits, welcher in dieser Partie debütierte, verkörpert Herodes Lüsternheit glaubwürdig. Seine Stimme wirkt zwar zuweilen etwas forciert, was aber wohl der Premierenaufregung zuzuschreiben ist und sich gewiss bei den kommenden Aufführungen noch legen wird. Sehr stark ist Jasmin Etezadzadeh als Herodias. Sie überzeugt stimmlich und darstellerisch auf der ganzen Linie.

Theater Basel/SALOME/Foto @ Thomas Aurin

Ein eindrückliches Rollenportrait erlebt man mit Jason Cox als Jochanaan. Was für eine starke und sichere Stimme. Seine Warnungen gehen unter die Haut und auch seine Erscheinung als gequälter Gefangener spielt er ergreifend.

Das Opernstudio OperAvenir ist mit drei seiner Sänger/innen in dieser Produktion vertreten. Ronan Caillet als Narraboth mit hellem Tenor, Nataliia Kukhar als ein Page der Herodias und Jasin Rammal-Rykata boten beste Rollenportraits.

Die fünf Juden waren mit Riccardo Botta, Boduslaw Bidzinski, Karl-Heinz Brandt, André Schann und Vladimir Vassilev besetzt. Andrew Murphy und Vivian Zatta, als die zwei Nazarener und Kyu Choi, als erster Soldat, ergänzten diese überzeugende Ensembleleistung.

Wie bereits in Luzern, stand auch hier in Basel Clemens Heil am Pult und führte das Sinfonieorchester Basel durch diese anspruchsvolle Partitur. Alle Facetten dieser hochemotionalen Musik, welche von sinnlich bis rauschhaft und im Tanz der Salome mit auf der Seite des Orchestergrabens platzierten Schagzeugern, ihren Höhepunkt erreicht, wurden herausgearbeitet und ließen die Faszination dieser Musik erstrahlen.

 

  • Rezension von Marco Stücklin / Red. DAS OPERNMAGAZIN – CH
  • Theater Basel / Stückeseite
  • Titelfoto: Theater Basel/SALOME/Foto @ Thomas Aurin
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