„Tu felix Austria nube“ – doch wie ist das mit dem Operettenstaat Pontevedro? Im Gegensatz zum kaiserlichen Österreich gilt es dort keine Kinder zu verheiraten, sondern die attraktive Witwe des Staatsbankiers. Ein pontevedrinischer Ehemann muss her, damit die Millionen der Hanna Glawari nicht an einen Pariser gehen, und die Pontevedriner in den Staatsbankrott. Der Idealkandidat Danilo ist aber anfangs weder nüchtern noch willig (ja, die beiden hatten schon früher Liebesstress miteinander), doch findet bekanntermaßen zusammen, was zusammengehört, und das alles in der eleganten Kulisse des Pariser Fin de Siècle. Die bekannte Geschichte hat der Regisseur und Bühnenbildner Marco Arturo Marelli für die Volksoper mit etlichen modernen Akzenten (insbesondere im Hinblick auf die Beleuchtung) 2011 in Szene gesetzt, und das im besten Sinn. Man bekommt weit mehr als ein Ausstattungsspektakel zu sehen, auch wenn die Optik (Kostüme: Dagmar Niefind) nicht zu kurz kommt.

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Annette Dasch (Hanna Glawari) und Daniel Schmutzhard (Graf Danilo Danilowitsch)
© Barbara Pálffy | Volksoper Wien

Mittlerweile kommt man auf die 106. Aufführung, doch hat Die lustige Witwe nichts von ihrer Anziehungskraft verloren. An diesem Repertoireabend wirkte alles wie frisch und gut geprobt, und die Pointen zündeten. Das lag nicht nur an der Erfahrung, die man mit dem Stück hat, sondern auch an einer ausgezeichneten Besetzung: Annette Dasch und ihr Ehemann Daniel Schmutzhard sind zwei Temperamentbündel, die für diesen Lehár-Klassiker genau den richtigen Schwung mitbrachten.

Dass Dasch Operettendiva kann, ist bekannt, doch liegt ihr die lustige Witwe ganz besonders: Ihre Hanna Glawari wirkt mondän und zieht alle Blicke auf sich, will ihre Herkunft als resolutes Bauernmädel aber nicht verleugnen. Sie war am besprochenen Abend auch gut disponiert, nur für das Vilja-Lied bräuchte es mehr Lieblichkeit und Schmelz. Sei’s drum. Wann immer sie erscheint, geht sprichwörtlich das Licht an, und ihre befrackten Verehrer können gar nicht anders, als um sie wie die Hasen herumzuhopsen und sich mit Gunstbezeugungen wichtig zu machen – ihre Millionen werden da fast zur Nebensache.

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Annette Dasch (Hanna Glawari) und David Kerber (Raoul de St. Brioche)
© Barbara Pálffy | Volksoper Wien

Bei den hopsenden Herren zeigt sich schon im ersten Akt der Witz des Choreographen Renato Zanella, der passend zum Werk mit den Geschlechterklischees spielt und beim Auftritt der Grisetten (unter einem überdimensionalen Zylinder) auch ein männliches Corps de Ballet eine Solistin mit Straußenfederfächern umtanzen lässt. Schade nur, dass die Pause im zweiten Akt genau so gesetzt ist, dass mit dem Männerchor über die komplizierten Weiber geschlossen wird, und das kräftige Kontra der Damen zu den leicht zu durchschauenden Mannsbildern den zweiten Teil eröffnet.

Apropos Mannsbild: Daniel Schmutzhard ist ein Bild von einem Danilo, dem man den fadisierten Diplomaten in Playboy-Verkleidung gern abnimmt. Dass Hanna mit Danilo langfristig glücklich wird, habe ich immer bezweifelt, aber bei diesem Paar kommen mir weniger Bedenken als sonst, zumal Schmutzhard mit seiner Partnerin stimmlich wie darstellerisch absolut mithalten kann.

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Annette Dasch (Hanna Glawari) und Daniel Schmutzhard (Graf Danilo Danilowitsch)
© Barbara Pálffy | Volksoper Wien

Auch die übrigen Rollen bis hin zu den kleinsten waren gut besetzt, insbesondere hatte Cinzia Zanovello bei ihrem Rollendebüt als Valencienne mehr vokale Durchschlagskraft, als man es für diese Partie gewohnt ist, was bei der Akustik der Volksoper ein großer Vorteil ist. David Sitka als ihr Verehrer mag zwar nicht der stimmschönste Rosillon sein, doch ist er ein begnadeter Komödiant. Dasselbe gilt auch für Georg Wacks, dem als Diener Njegus die Sympathien des Publikums (und die Lacher) zufliegen.

Die musikalische Leitung des Abends lag bei Alexander Joel, der das Hin und Her in dieser Operette im kleinen Finger hat und Lehárs schwelgerische Melodien („Lippen schweigen“) auskostet, ohne die Sängerinnen und Sänger in Bedrängnis zu bringen. Auch Chor und Orchester waren bestens disponiert, und der heftige Applaus war für alle mehr als verdient.

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