Christa Mayer (Brangäne) und Iain Paterson (Kurwenal) an der Wiener Staatsoper.

Michael Pöhn / Wiener Staatsoper

Philippe Jordan wird die Staatsoper verlassen. Der Musikdirektor hat keine Lust mehr auf Produktionen, die an "ästhetische Zumutung" grenzen, wie er im Herbst bekundete. Nun kann man über die Ästhetik von Calixto Bieitos Tristan und Isolde-Inszenierung streiten, solange dadurch neue Perspektiven entstehen oder, ganz banal, wenigstens die Geschichte erzählt wird. Doch während sich in der Musik überwältigende Seelendramen abspielen, geschieht auf der Bühne – nichts. Da können sich die Sänger noch so abmühen, der Funke will nicht überspringen.

Stimmlich perfekter Tristan

Andreas Schager braucht ein Weilchen, läuft aber dann zu Höchstform auf: ein stimmlich perfekter Tristan, der die strahlenden Höhen ebenso besingt wie die zarten Töne. Nina Stemmes Isolde ist szenisch eine Wucht, in den Höhen machen sich aber Ermüdungserscheinungen bemerkbar. Emotionale oder gar körperliche Nähe ist den beiden regiebedingt ohnehin keine gegönnt. Die Liebesbekundungen finden entweder robbend, anteilnahmslos schaukelnd oder in Wohncontainern statt, die von den Protagonisten zerlegt werden, O sink hernieder, Nacht der Liebe singend.

Wenig Glück ist auch Brangäne beschert, die zum dramaturgischen Beiwerk degradiert wird. Dass sich Christa Mayer bei ihrem Hausdebüt mit leichten Defiziten in Sache Nuanciertheit und Wärme dennoch durchquält, ist ihr hoch anzurechnen. Tadellos sind die Herren, allen voran Christof Fischesser, der bei seinem Wiener Rollendebüt trotz mangelnder Personenregie einen stimmlich umwerfenden Marke gibt. Ähnlich Iain Paterson als Kurwenal. Den Liebestrank bekommt das Publikum von Jordan kredenzt, der dem Staatsopernorchester entlockt, was diese Inszenierung vermissen lässt: Sehnsucht, Erotik, betörende Sinnlichkeit. Jubel für Dirigent und Ensemble. (Miriam Damev, 23.2.2023)