„Ernani“ bei den Bregenzer Festspielen 2023

Bregenzer Festspiele 2023/ERNANI/Foto © Bregenzer Festspiele/ Karl Forster

Mit Verdis fünfter Oper „Ernani“ haben die Bregenzer Festspiele 2023 eine der im 19. Jahrhundert populärsten Opern zur Aufführung gebracht. Mit dieser Oper schaffte Verdi den Durchbruch. Trotzdem wird die Oper heutzutage nur noch selten aufgeführt. Die auf dem Drama „Hernani“ von Victor Hugo basierende Handlung, welche von Francesco Maria Piava zum Libretto umgeschrieben wurde, ist ein Kampf von drei Männern um eine Frau. Dabei überwiegen niedrige menschliche Regungen wie Rache, Eifersucht und Mord. Es ist vor allem die Rache, welche in vielerlei Facetten die drei Männer umtreibt und zu keinem guten Ende führt. (Rezension der Premiere vom 19. Juli. 2023)

 

Wie bringt man eine Handlung voller Kampf und Wut heute auf die Bühne? Lotte de Beer hat sich mit ihrer Inszenierung für eine Sichtweise entschieden, welche die ganze Geschichte überdreht darstellt. Ein spartanisches Bühnenbild von Christof Hetzer mit den ebenfalls von ihm entworfenen Kostümen lässt an einen verlassenen Planeten denken. Seien es das bewusst lächerlich wirkende Aufsetzen einer goldenen Papierkrone bei der Ernennung Carlos zum Kaiser Karl V,  die Festgesellschaft, welche wie bei einer Polonaise über die Bühne tanzt, oder Elviras Gemach, welches einem Krankenzimmer ähnelt und aus Papierwänden besteht, welche zerrissen werden, alles wirkt gewollt überzeichnet. Wenn dann noch mit der Stunt-Factory waghalsige akrobatische Kämpfe eingeschoben werden, wirkt das eher irritierend, aber gleichzeitig auch unterhaltend und vermochte in den Reihen des Publikums einige Lacher auszulösen.

Von der musikalische Seite her kann man von einem vollen Erfolg dieser Aufführung berichten. Die vier sehr anspruchsvollen Hauptpartien waren exzellent besetzt.

Bregenzer Festspiele 2023/ERNANI/Foto © Bregenzer Festspiele/ Karl Forster

Saimir Pirgu als Ernani ließ seinen höhensicheren und allzeit kraftvollen Tenor aufs schönste erklingen und schaffte ein Rollenportrait von eindringlicher Wirkung.

Guanqun Yu als Elvira überzeugte mit feinen Piani, strahlenden Höhen und einer starken Bühnenpräsenz. Die Szene im vierten Akt zusammen mit Ernani war einer der Höhepunkte dieser Aufführung.

Bregenzer Festspiele 2023/ERNANI/Foto © Bregenzer Festspiele/ Karl Forster

Ganz in seiner Rolle als Don Carlo war Bariton Franco Vassallo zu erleben. Ein Sänger und Darsteller, welcher gerade in dieser Inszenierung alle Möglichkeiten ausschöpfen und mit eindrücklicher Stimme die vielseitigen Facetten dieser Partie ausloten konnte. Die Rolle des alten gebrechlichen Silva, welcher mit einem Rollator auftritt und gebückt um seine Angebetete kämpft, wird vom Bassisten Goran Jurić ebenfalls sehr überzeugend dargestellt. Seine sonore, große Stimme lässt immer wieder aufhorchen.

Aytaj Shikhalizada als Giovanna, Omer Kobiljak als Don Riccardo und Stanislav Vorobyov als Jago ergänzten dieses herausragende Ensemble.

Bregenzer Festspiele 2023/ERNANI/Foto © Bregenzer Festspiele/ Karl Forster

Seit vielen Jahren ein sicherer Wert ist der Prager Philharmonische Chor, geleitet von Lukáš Vasilek. Dieses Vokalensemble gehört zurecht zu den führenden Chören und bewies auch in dieser Aufführung seinen außerordentlichen Rang.

Seit nunmehr 77 Jahren sind die Wiener Symphoniker das „Orchestra in Residence“ der Bregenzer Festspiele. Sie bewältigen während der Festspielzeit ein enormes Programm. Da wird mit fühlbarem Herzblut an den jeweiligen Projekten gearbeitet. Mit Enrique Mazzola, dem ersten „Conductor in Residence“ der Festspiele am Pult, wartete das Orchester mit großen Klangwogen, feinster Nuancierung und mitreißenden Tempi auf und bot einen Hörgenuss erster Güte. So muss Verdi klingen!

Das Premierenpublikum spendete den Solisten, dem Chor und dem Dirigenten starken Applaus und auch das Team von Lotte de Beer wurde mit angemessenem Zuspruch, belohnt. Am Ende verließ man musikalisch beglückt das Festspielhaus.

Das Werk wird noch einmal am 31. Juli 2023 zu hören sein. Die Vorstellung ist jedoch bereits ausverkauft.

 

 

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