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WIEN/ Volksoper: LA CENERENTOLA . die Neueinstudierung funktioniert wie am ersten Tag

10.10.2023 | Oper in Österreich

WIEN/Volksoper: „LA CENERENTOLA“ – 9. Oktober 2023 (66. Vorstellung)

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Foto: Barbara Palffy (Volksoper)

 

Die energiegeladene Direktorin der Volksoper, Lotte de Beer, scheint ein gutes Händchen für das tägliche Repertoiretheater an ihrem Haus zu haben. Eine mustergültige Aufführung von Rossinis „La Cenerentola“ beweist, dass ältere Inszenierungen nicht unbedingt als Museum anzusehen sind. Mehr als fünfundzwanzig Jahre ist es her, dass in der Regie von Achim Freyer dieses Meisterwerk das Licht der Bühne erblickt hat. Und die Neueinstudierung funktioniert wie am ersten Tag.

Zuvorderst ist das fabelhafte Orchester zu loben, unter der musikalischen Leitung von Tobias Wögerer, weiß es jederzeit, was der rossinische Motor braucht. Es sind nicht immer nur die rasanten Tempi, auch Atempausen und schwelgerische Kantilenen lassen keinen Moment der Langeweile aufkommen. Den jungen Dirigenten als Conductor in Residence ans Haus zu holen, könnte sich noch als Glücksfall herausstellen. Er hört auf das Sängerensemble und bringt doch seine Lesart ein.

Dorike van Genderen gelingt es in ihrer Einstudierung alle Mitwirkenden auf ein Konzept einzustimmen. Hier sitzt jede Bewegung, jeder Auf- und Abtritt, und sei es auch nur ein Fingerzeig, der musikalisch unterstützt wird. Alle scheinen sich wohlzufühlen und sind mit Freude bei der Sache.

Annelie Sophie Müller als Titelheldin, von den Häusern aus Berlin und Dresden kommend, verfügt nicht nur über ein apartes Spiel, sondern auch eine gut geführte Stimme, die auch mit den Koloraturen zurechtkommt. Ihr Großmut und Verzeihen am Ende des Werks wirken ehrlich und ist nicht nur eine finale Bravourarie. Ihr Prinz Ramiro, Timothy Fallon, ist ein vielbeschäftigtes Ensemblemitglied und erreicht mühelos alle geforderten Spitzentöne. Seine sofortige Verliebtheit in das Aschenputtel macht ihn vom ersten Moment an sympathisch. Sein Kammerdiener, Orhan Yildiz, kann die vertauschte Rolle voll ausspielen und betont immer wieder, dass die Komödie jederzeit eine Tragödie werden kann. Auch wenn er und Martin Winkler als Don Magnifico keine muttersprachlichen Italiener sind, werfen sie sich mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln in die sprachlichen Details dieser Rollen. Eine deutschsprachige Version hätte da keine Chance. Das aufgetakelte Schwesternpaar Clorinda und Tisbe wurde von Lauren Urquhart und Maria Hegele bestens dargeboten. Stimmlich nicht ganz mithalten konnte Aaron Pendleton als Alidoro, aber vielleicht lag es auch nur an der Abendverfassung. Nicht zu vergessen: der Männerchor des Hauses, der in dieser Inszenierung jede Menge Aufgaben zu erledigen hat, aber dabei immer stimmlich präsent bleibt.

Man spürte, dass Freyer eine unbändige Lust hatte an der Geschichte, sehr auf die Musik hin choreografierte und mit einer Liebe zum Detail allen Figuren eine rossinische Leichtigkeit verlieh, die einfach nur glücklich macht. Eine Steigerung ist nur möglich, wenn auch der Publikumszustrom in gleicher Weise wie die Musik Rossinis dahinflösse.

Otto Grubauer

 

 

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