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BRISBANE/ Queensland Performing Arts Centre/ Opera Australia: DAS RHEINGOLD. Vorabend “Der Ring des Nibelungen”

01.12.2023 | Oper international

Das Rheingold” – Premiere der Opera Australia, Queensland Performing Arts Centre, Brisbane, 01. 12. 2023
Vorabend des Opernzyklus “Der Ring des Nibelungen”; Text und Musik von Richard Wagner

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Alberich (Warwick Fyfe) mit dem Gold. Foto: c) Wallis Media / Opera Australia

Also, eigentlich wissen wir nicht mehr, wie wir auf diesen, nun ja, entlegenen “Ring” gekommen sind – immerhin, seit der ersten Idee zu diesem Besuch sind 4 Jahre vergangen. Eigentlich wollten wir ja im Spätherbst 2020 hierher kommen; aber COVID… Jedenfalls wollte die Oper von Brisbane diesen Plan ebenso wenig aufgeben wie wir, und so hat heuer endlich alles zusammengepaßt.

Zudem waren die Vorschaubilder, die auf der webseite dieser Institution zu sehen waren, recht ansprechend – Regisseur & production designer Chen Shi-Zheng hatte sich offensichtlich einiges zum, und nicht gegen das, Werk gedacht, samt seinem team Matthew Barclay und Miranda Summers (Regieassistenz), Maruti Evans, Leigh Sachwitz, Flora&Faunavisions mit Antonia Böhme, Sebastian Grebing und Milena Mayer in verschiedenen analogen und digitalen Gestaltungsrollen. Das klassische Licht spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle (Matthew Marshall, Lucy Birkinshaw).

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„Götterverfall„. c) Wallis Media / Opera Australia

Die Generallinie scheint jedenfalls, so zeigen auch die schon vorliegenden Bilder aus den Hauptabenden, eine Synthese aus geometrischer Computergraphik in der Götterebene (die mitunter ein wenig an Wieland Wagner erinnern mag) mit organischen Formen und einer Figurengestaltung mit nüchternen, aber edlen Kostümen in der Götterwelt bis hin zu fantasy- und steampunk-Elementen bei Nibelungen und Riesen  zu sein (Anita Yavich). Auf eine elegante Prise Humor wird dabei – wie in der Personenführung – ebensowenig vergessen wie auf interessante Spiele mit Fluoreszenzakzenten. Jedoch: der Schaft von Wotans Speer scheint aus Stahl zu sein; wie das??
 

Auch Choreographie spielt eine Rolle (Akasia Ruth Inchaustegui), denn die erkleckliche Zahl der Nibelungen (Dancenorth Australia), die in den Stollen für Alberich schuften oder dann das Gold für die Auslösung Freyas anschleppen, macht das in ausgeklügelten und emotionell durchaus relevanten Bewegungsmustern. Einige dieser Darstellerinnen und Darsteller sind auch mit offenen Umbauten oder Bewegungen von Bühnenelementen beschäftigt.

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Die Rheintöchter Lorina Gore, Jane Ede Dominica Matthews. c) Wallis Media / Opera Australia

 Die Vorstellung beginnt mit dem Es-Akkord bei geschlossenem Vorhang samt einem zusätzlichen Schnurvorhang, auf die der Titel der Oper projiziert wird – und zwar nicht nur in Deutsch, sondern auch als Überlagerung in Form eines silbrigen Regens, der aus lauter internationalen Varianten des Namens besteht, natürlich auch in für uns exotischen Schriftzeichen. Mit Einsetzen der Celli und der höheren Bläser werden die Vorhänge nacheinander gehoben, und es erscheint ein korallenartiges Gebilde am Rheingrund, auf dem und um das die Nixen herumtollen. Wobei nicht nur Woglinde Lorina Gore, Wellgunde Jane Ede und Flosshilde Dominica Matthews recht behende auf dieser komplexen Konstruktion unterwegs sind, sondern auch einige Statistinnen/stunt women präzise abgestimmt zu den Sängerinnen durch die Lüfte “schwimmen”, sodaß sich jeweils der Eindruck von Bewegungen derselben Person ergibt. Sie werden auch von präzise gesteuert projizierten grünen Wasserreflexen begleitet, und wenn die Weckerin auf den Grund leuchtet, mischt sich Goldorange dazu. Die Rheintöchter sind zudem ausgesprochen gut anzuhören, mit brillanten Spitzentönen und passend köstlicher Modulation, wenns ums frozzulöse Spiel mit Alberich geht.

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Wotan (Daniel Sümegi), Fricka (Deborah Humble). c) Wallis Media / Opera Australia

Szenenwechsel zu Familie Wotan: Weiß und im Hintergrund Pastelltöne dominieren, ein wenig wurde hier auch an Symbole aus dem chinesischen Kaiserreich gedacht. In Nibelheim dann sind wir ein einer recht realistisch entworfenen, gleichwohl nur virtuell existierenden altertümlichen Bergbauwelt angelangt. Dafür wird der Wurm mit sehr traditionellen Mitteln hergestellt, und die Kröte ebenso. Der Zug nach Walhall erfolgt aus einer recht abstrakten, irgendwie nach elektronischem Schaltplan aussehenden Welt, aber sehr wohl über einen regenbogenfarbigen, mittels Laser erzeugten, Übergang, der halt eher nach Tunnel aussieht.

Wotan ist Daniel Sumegi – Australier mit ungarischen Vorfahren und internationaler Karriere, nach verschiedenen Rollen bei Wagner und Strauss nun erstmalig Göttervater. Er beweist exzellente Tiefe und ebenso sichere Höhe, hat aber teils einen etwas kehligen Beiklang. Dieser hindert ihn aber nicht an einem kräftigen Gruß an Walhall, und schon gar nicht an gutem Schauspiel als der, dessen Pläne scheitern und der trotz aller eigenen und von Loge angetragenen Schäbigkeiten und Vertragsbrüche immer noch Grenzen zu wahren bemüht ist.
Deborah Humble ist eine gute Fricka, wie die Freia von Mariana Hong, und auch Alexander Sefton (Donner) bietet eine sehr zufriedenstellende Leistung. Dean Bassett ist ein tenoral schön hell, dabei samtig leuchtender Froh. Die Erda haben wir schon eindrücklicher und beunruhigender gehört als von Liane Keegan, aber eine ordentliche Rollendarstellung liefert auch sie, nicht nur wegen ihres gelungen „erdigen“ Kostüms.

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Freia (Mariana Hong), Loge (Hubert Francis). c) Wallis Media / Opera Australia

Die wahren Größen des Abends und dementsprechend auch beim Applaus die Publikumslieblinge aber waren ein brilliant gesungener, maliziöser und quicklebendiger Loge (Hubert Francis) und der ebenso schauspielerisch wie sängerisch wirklich perfekte Alberich von Warwick Fyfe. Beiden gelang auch – im diesbezüglich ohnedies durch die Bank guten Ensemble – die beste Artikulation. Auch der Mime von Andreas Conrad hinterließ einen positiven Eindruck, aber zu ihm natürlich mehr nach dem „Siegfried“. Sehr gut auch Fasolt (David Parkin) und der abgrundtiefe Andrea Silvestrelli als Fafner – letzteren werden wir wir ja auch in allen drei Hauptwerken hören.
 
Im geräumigen Orchestergraben spielt das Queensland Symphony Orchestra – wenn auch nicht in allen Positionen mit der von Wagner vorgesehenen massiven Instrumentierung (6 statt 8 Kontrabässe, z. B.), aber hörbar bestens einstudiert durch Philippe Auguin, der jederzeit Bühne und Graben bestens im Griff hat und für perfekte Balance der Elemente, Spannung und Emotion sorgt. Höchstens der Beginn hätte noch mystischer ausfallen können – aber vielleicht kriegt man das ohnedies nur im speziellen Graben Bayreuths perfekt hin??

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Schlussapplaus. Foto: Petra und Helmut Huber

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Schlussapplaus. Foto: Petra und Helmut Huber

Schließlich 10 Minuten Jubel, besonders für Alberich und Loge, aber auch für Dirigent und Orchester. Und für Buhrufe ans Inszenierungsteam gab es wahrlich auch keinen Anlaß.

Petra und Helmut Huber

 

 

 

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