Duisburg: „Il barbiere di Siviglia“, Gioachino Rossini

Kurz vor Weihnachten fand am Theater Duisburg die letzte Opernpremiere des Jahres statt. Seit dem 21. Dezember 2023 ist Gioachino Rossins Il barbiere di Siviglia in der Inszenierung von Maurice Lenhard nun auch im Ruhrgebiet zu sehen. Bereits im Juni 2021 fand die Premiere im Düsseldorfer Opernhaus statt. Die Produktion war dort das erste große Opernwerk, das nach vielen Monaten Zwangspause wegen des Coronavirus wieder einen Hauch von Normalität ins Theater brachte, auch wenn damals nur wenige Plätze im Saal besetzt werden konnten. Maurice Lenhard schuf seinerzeit eine charmant plüschige Inszenierung, die mit gewolltem Kitsch um das Thema Liebe kreist. Schon damals schrieb der Opernfreund:“Zu gefallen weiß auch seine Personenzeichnung. Don Bartolo ist nicht der alte Lustmolch und Rosina nicht seine junge Gefangene, vielmehr agieren alle Personen völlig überzogen, fast als seien sie in einer Art Liebesrausch, welcher rationelles Handeln oftmals ausschließt. Und hierbei gelingt es, dass man durchaus auch Sympathien für einen Don Bartolo entwickeln kann. Allerdings braucht diese Inszenierung eine Weile, bis sie anfängt zu wirken.“ Das ist auch heute noch so, obwohl leichte Überarbeitungen erfolgreich in die Produktion eingeflossen sind. Lässt man sich als Zuschauer auf die Erzählweise ein, kann man sich am Ende des Abends über einen sehenswerten Opernbesuch freuen. Wie viel Herzblut in der Arbeit steckt, merkte man am vergangenen Donnestag übrigens wunderbar am Schlussapplaus, bei dem sich Lenhard sichtlich gerührt über den großen Zuspruch des Publikums freute. Eine sehr sympathische Geste des jungen Regisseurs.

© Jochen Quast

Malina Raßfeld steuert ein durchaus opulentes Bühnenbild bei, welches in erster Linie die pompöse Residenz Don Bartolos darstellt. Hier dominiert die Farbe Rosa, die auch in vielen Kostümen von Christina Geiger stark vertreten ist. Gelungen sind auch die vielen Details im Kostümbild. So betritt Almaviva als Gesangslehrer mit Harfe, Umhang und Blumenkranz im Haar die Bühne, als wolle er im Stile Orfeos seine Eurydike aus der Unterwelt befreien. Ja, vieles ist übertrieben kitschig, aber durchaus charmant. Kleines Manko der Inszenierung ist vielleicht, dass die Handlung teilweise als bekannt vorausgesetzt wird, denn die verschiedenen Verkleidungen des Almaviva sind zwar optisch gelungen, aber nicht immer ganz stringent zu Ende erzählt.

© Jochen Quast

Musikalisch weiß der Abend ebenfalls zu gefallen. Unter der musikalischen Leitung von Antonino Fogliani spielen die Duisburger Philharmoniker ganz wunderbar, so dass man sich fast drei Stunden lang (mit einer etwas längeren Pause) der herzerwärmenden Musik Rossinis hingeben kann. Die einzelnen Gesangspartien sind hochkarätig besetzt und unterscheiden sich bis auf wenige Ausnahmen in den kleineren Rollen völlig von den damaligen Aufführungen in Düsseldorf.  Als Figaro überzeugt Jake Muffett, der 2021 teilweise noch den Fiorillo verkörperte und die Produktion daher gut kennt. Mit seinem kraftvollen Bariton hinterlässt er gleich bei seinem ersten Auftritt zum bekannten Largo al factotum bleibenden Eindruck. Zudem ist er mit großer Spielfreude bei der Sache. Dies gilt insbesondere auch für Giulio Mastrototaro als Bartolo und Bogdan Taloș als Basilio, die in ihrem Zusammenspiel wunderbar harmonieren. Beide legen eine besondere Komik in ihre Rollen, die sie zu einem Höhepunkt des Abends machen. Als Graf Almaviva punktet der in Kolumbien geborene Tenor César Cortés mit einer sehr beweglichen und strahlenden Stimme. Auch seine Geliebte Rosina wird von Kimberley Boettger-Soller mit wunderbar differenziertem Gesang ausgestattet. Verblieben aus der Düsseldorfer Besetzung ist Anke Krabbe, die als Haushälterin Berta mit Lockenwickler im Haar ein Auge auf den Hausherrn geworfen hat. Der Herrenchor der Deutschen Oper am Rhein zeigt sich am Premierenabend unter der Leitung von Patrick Francis Chestnut einmal mehr in bester Verfassung.

© Jochen Quast

Alles in allem bietet diese Inszenierung des Barbiere di Siviglia gute Unterhaltung an trüben Wintertagen und auch musikalisch kann sich der Opernbesucher in Duisburg auf eine gelungene Aufführung freuen.

Markus Lamers, 23. Dezember 2023


Il barbiere di Siviglia
Oper von Gioachino Rossini

Deutsche Oper am Rhein, Theater Duisburg

Übernahme-Premiere: 21. Dezember 2023

Inszenierung: Maurice Lenhard
Musikalische Leitung: Antonino Fogliani
Duisburger Philharmoniker

Trailer (Besetzung Düsseldorf)

Weitere Aufführungen: 25. Dezember / 31. Dezember / 14. Januar / 26. Januar / 6. März