SN.AT / Kultur / Kunst

Salzburger Festspiele: "Eroberung von Mexico" politisch brisant

Die Salzburger Festspiele eröffnen am 26. Juli ihren Opernreigen mit Wolfgang Rihms "Die Eroberung von Mexico".

Salzburger Festspiele: "Eroberung von Mexico" politisch brisant
Salzburger Festspiele: "Eroberung von Mexico" politisch brisant

Die szenische Neuproduktion unter der Regie von Peter Konwitschny und der musikalischen Leitung von Ingo Metzmacher birgt etliche politisch-ethnische Botschaften in sich. "Ich entnehme aus dem Werk, dass es fünf nach zwölf ist", resümierte der Regisseur.

Die Begegnung zwischen dem Aztekenherrscher Montezuma und dem Konquistador Cortez wirft menschliche Abgründe auf. Die Klangereignisse in dem Stück symbolisieren unversöhnliche Konflikte zwischen Realität und Traum, Kriege zwischen Kulturen und den Geschlechterkampf zwischen Mann und Frau. "Man muss den Text und die Musik genau zur Kenntnis nehmen. Es war die größte Idee von Rihm, dass Montezuma eine Frau ist. Warum? Weil es hier nicht um Mexiko und Spanien oder Amerika und Europa geht, sondern um alle Gegensätze, auf die wir achtgeben müssen, dass sie sich nicht vernichten, dass auch unsere Natur nicht zerstört wird", ging Konwitschny am Montag bei einer Programmpressekonferenz der Salzburger Festspiele auf den Kontext des Werkes ein.

"Fünf nach zwölf ist nur so ein Slogan. Ich bin überzeugt, dass in Kürze unsere Zivilisation zusammenbricht. Das muss Sie aber nicht beunruhigen. Ich bin ein Optimist. Dass jetzt in dieser Stunde Tausende Kinder an Hunger sterben - wenn das weiter besteht, dann wäre ich ein Pessimist. Jede Zivilisation, in der das Verhältnis zwischen Mann und Frau falsch ist, ist zum Untergang verurteilt. Deshalb hat Rihm Montezuma mit einer Frau besetzt." Rihm wolle auch sicherlich deutlich machen, dass es ein männliches, destruktives und ein weibliches, lyrisches Prinzip gibt, meinte Produktions-Dramaturgin Bettina Bartz.

Die Klangräume in dem Stück thematisieren die Auswirkungen der Kommunikationsprobleme zwischen den Protagonisten. Eroberung und Unterwerfung sollen auch hörbar sein. Dass man die Musik nicht mehr orten könne, das sei Ausdruck der Bodenlosigkeit der Geschichte dieses Stücks, erklärte der Regisseur. Ob denn die Kunst etwas an der prekären Weltlage verändern kann, etwa das Leben von Flüchtlingen verbessern? "Bestimmt nicht", sagte Konwitschny. "Raketen mit Atomsprengköpfen werden deshalb nicht abgebaut. Aber die Kunst macht das Leben erträglicher."

Wolfgang Rihm fertigte "Die Eroberung von Mexico" nach einem gleichnamigen Konzept von Antonin Artaud für ein multisensuales, ritualbasiertes Theater an und befüllte es mit einem Gedicht von Octavio Paz sowie aztekischen Gesängen. Die Begegnung zwischen dem Aztekenherrscher Montezuma und dem Konquistador Cortez ist auf mehreren Ebenen ein Vexierspiel. In der Felsenreitschule wird es dargebracht von Angela Denoke und Bo Skovhus. Ingo Metzmacher, der das ORF Radio Symphonieorchester dirigiert, hat schon 1992 die Uraufführung in Hamburg musikalisch geleitet und mit Konwitschny bereits 15 Produktionen bestritten.

Nach 23 Jahren sei Rihms Stück noch wichtiger, die Situation noch prekärer geworden, sagte der Regisseur. Leider würde sich ein Großteil der Zuseher nicht an den Inhalt einer Aufführung erinnern können, sondern nur daran, welcher Sänger auf der Bühne gesungen habe. "Ich glaube, dass die Gefahr, dass das heutige Publikum nichts versteht, sehr groß ist. Das kommt durch die globale Zurückdrängung der Kultur. Wir werden alle dümmer." Eine Ursache ortete Konwitschny in dem "stundenlangen Fernsehen". Er bezeichnete es als Herausforderung, den Sinn des Stückes und die Botschaft des Komponisten deutlich zu machen.

Das Publikum müsse für die zeitgenössische Musik des Stückes musikalisch auch nicht gebildet sein, meinte Metzmacher. "Ich finde nicht, dass das schwierig ist. Wenn die Zuseher den Saal betreten, klingt schon etwas. Es gibt viele Rhythmen, die jeder versteht. Die Musik hat eine Urkraft, die jeder versteht, der mit offenen Ohren reingeht. Die Stimmen machen alle möglichen Sachen."

Das Orchester besteht aus knapp 50 Musikern, aber nur 35 davon sitzen im "Graben", drei Orchestergruppen und zwei Sologeigen sind im Raum verteilt. Es erklingt ein Chor, der zuvor auf Tonband aufgenommen worden ist. "Die Felsenreitschule ist akustisch dafür sehr gut geeignet", sagte Metzmacher. Die Oper ist erstmals in Salzburg zu sehen.

(Schluss) vr/bn/aku

KULTUR-NEWSLETTER

Jetzt anmelden und wöchentlich die wichtigsten Kulturmeldungen kompakt per E-Mail erhalten.

*) Eine Abbestellung ist jederzeit möglich, weitere Informationen dazu finden Sie hier.

KOMMENTARE (0)