Direktor Robert Meyer über seinen anderen Beruf: "Ich könnte mir nicht vorstellen, gar nicht auf der Bühne zu stehen. Da wäre ich wahrscheinlich unerträglich."

Foto: Dimo Dimov

STANDARD: Herr Meyer, die Wiener Volksoper hat in diesen Wochen ein ungewöhnlich dichtes Programm: drei Premieren innerhalb kurzer Zeit. Ist das noch gemütlich?

Meyer: Absolut herausfordernd! Wir hatten mit Erich Wolfgang Korngolds konzertanter Oper Das Wunder der Heliane ein wirklich tolles und vielleicht auch tollkühnes Unternehmen, da wir alles aufgeboten haben: ein riesiges Orchester, einen Chor, Zusatzchor und Jugendchor und natürlich Solisten. Ich konnte bei den Proben nicht viel zuhören, weil ich selbst geprobt habe, und war dann bei der Premiere begeistert, wie toll das geworden ist. Es war wirklich überwältigend!

STANDARD: Der nächste Akt war Manfred Trojahns Triptychon "Limonen aus Sizilien" im Kasino am Schwarzenbergplatz. Wie sind Sie eigentlich mit diesem Spielort zufrieden?

Meyer: Wenn wir zeitgenössische Werke an der Wiener Volksoper machen, dann können wir vielleicht vier oder fünf Vorstellungen füllen. Das Kasino ist kleiner, und hier können wir das Stück neunmal spielen – das finde ich für alle Beteiligten viel schöner. Ich denke da auch an die Sänger, die das einstudieren müssen. Wir wollen dort jedes Jahr eine zeitgenössische Oper herausbringen. Das Kasino ist ideal für Kammeropern, ein großartiger Raum voller Geschichte.

STANDARD: Ausladender wird das Musical "Wie man Karriere macht, ohne sich anzustrengen", das am 25. Februar Premiere hat. Was glauben Sie – kann man das wirklich, Karriere machen ohne Anstrengung?

Meyer: Im Ernst? Ich glaube eigentlich nicht. Es ist ein wahnwitziges Werk mit einem sehr langen Titel – aber das haben die Amerikaner ja ganz gern. Der Titel stammt von einem Karriereratgeber, den es tatsächlich gegeben hat: How to Succeed in Business Without Really Trying. Dieses Buch haben der Komponist Frank Loesser und seine Librettisten zu einem Musical verarbeitet, das 1961 sieben Tonys und den Pulitzer-Preis bekommen hat. 1965 war es bereits im Theater an der Wien auf Deutsch zu sehen, mit Theo Lingen und Harald Juhnke.

Es ist eine tolle Geschichte, wie es ein Fensterputzer in drei Stunden zum Aufsichtsratsvorsitzenden hinauf schafft – durch Frechheit, durch Chuzpe, durch Charme. Das ist ein flottes, tolles Stück mit vielen Tanznummern. Das Leading-Team mit Matthias Davids als Regisseur und Joseph R. Olefirowicz am Pult ist dasselbe, das Sweeney Todd gemacht hat, viele Ensemblemitglieder sind dabei, Mathias Schlung spielt die Hauptrolle. Und ich spiele auch mit ...

STANDARD: "... sagte er in einem bescheidenen Nebensatz ...

Meyer: "... nachdem er vorher einen Riesenvortrag gehalten hat."

STANDARD: Das wird dann die Schlagzeile! Sie spielen übrigens den Generaldirektor des Unternehmens.

Meyer: Klar, was sollte ich sonst spielen?

STANDARD: Herr Direktor, Sie sind jetzt in Ihrer zehnten Saison an der Volksoper ...

Meyer: ... das heißt, wir haben noch fünf. Mein Vertrag läuft bis 2022, und ich hoffe, dass wir weiterhin mit der Wiener Volksoper erfolgreich sind. In der vergangenen Saison waren die Einnahmen, mit 9,6 Millionen Euro enorm. Und viele Werke hatten eine ganz tolle Auslastung – also weit über 90 Prozent.

STANDARD: Sie haben natürlich das Problem, dass Sie, als Sie angetreten sind, nur mit den eher durchwachsenen Bilanzen Ihrer Vorgänger verglichen wurden, inzwischen aber mit sich selbst verglichen werden.

Meyer: Mein Ziel war es immer, dass bei unseren Auslastungszahlen vorne ein Achter steht. Solange wir das erreichen, bin ich zufrieden.

STANDARD: Geht Ihnen das Selberspielen nicht ab?

Meyer: Ich könnte mir nicht vorstellen, gar nicht auf der Bühne zu stehen. Da wäre ich wahrscheinlich unerträglich. Meine Mitarbeiter sagen immer, wenn ich probe, bin ich besonders gut gelaunt. Das ist ein guter Ausgleich – ich freue mich, wenn ich am Vormittag auf eine Probe gehe. Es gibt wie jetzt Phasen, wo ich sehr viel spiele und glücklicherweise dann auch wieder Zeiten, wo ich kaum auf der Bühne stehe. Beides macht mir große Freude. Im Mai habe ich keine einzige Vorstellung, aber dafür inszeniere ich die Uraufführung von Christian Kolonovits' Rockoper Vivaldi – Die fünfte Jahreszeit. (Daniel Ender, 21.2.2017)