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Regisseur entwarf Konzept für „Tristan“ in vier Wochen

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Roland Schwab
Der Musiktheater-Regisseur Roland Schwab bringt eine Neuproduktion von „Tristan und Isolde“ auf die Bühne. © Rolf Vennenbernd/dpa

Seit zwei Jahren wartet die Opernwelt auf den neuen „Ring des Nibelungen“ in Bayreuth - jetzt bekommt sie sogar noch einen „Tristan“ obendrauf. Regisseur Roland Schwab erzählt von der Hauruck-Aktion.

Bayreuth - Der Regisseur des Bayreuther Überraschungs-„Tristan“, Roland Schwab, hat das Konzept für seine Inszenierung in nur vier Wochen erarbeitet. Erst Ende Dezember 2021 habe die Festspielleitung ihm den Auftrag für die Neuproduktion gegeben, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Nur einen Monat später habe er sein Konzept bereits abgegeben, damit mit dem Bau des Bühnenbildes begonnen werden konnte. „Eine sehr pragmatische Idee in unwägbaren Zeiten“, sagte Schwab.

Guter Adrenalinschub

„Es war crash-mäßig, aber das liebe ich. Ich funktioniere als Regisseur so, dass ich in kurzer Zeit Konzepte entwickeln kann - und manchmal sind die nicht schlechter, als wenn man drei Jahre Zeit hat. Bei viel Zeit hat man ja auch viel Zeit für Zweifel.“ Er spricht von einem „guten Adrenalinschub“ und „positivem Stress“. „Die Zeit hat wirklich gedrängt.“

Als die Festspiele in der vergangenen Woche ihren Spielplan für dieses Jahr veröffentlichten, hatten sie eine große Überraschung parat: Denn neben dem von 2020 verschobenen neuen, vierteiligen „Ring des Nibelungen“ von Regisseur Valentin Schwarz wird es auch noch eine neue Interpretation von „Tristan und Isolde“ geben. Zwei Neuproduktionen in einem Jahr - das hat es nach Angaben von Festspiel-Sprecher Hubertus Herrmann bislang erst einmal gegeben: im Jahr 1981. Damals gab es eine Neuinszenierung der „Meistersinger von Nürnberg“ - und zusätzlich ebenfalls einen neuen „Tristan“.

Der Grund war damals, dass die Festspiele eine neue „Ring“-Inszenierung erst für 1983 angesetzt hatten, um genug Abstand zu haben zu Patrice Chéreaus „Jahrhundertring“ von 1976. In den Jahren, in denen das vierteilige Mammutwerk nicht gespielt wurde, brauchten die Festspiele aber mindestens fünf Richard-Wagner-Opern, um den Spielplan voll zu kriegen. Darum gab es dann 1981 zwei Premieren.

In diesem Jahr ist der Grund Corona. Denn neben dem „Ring“ und dem „Tristan“ stehen die großen Choropern von Richard Wagner, „Holländer“, „Tannhäuser“ und „Lohengrin“, auf dem Spielplan. Und in Pandemie-Zeiten bedeuten viele Menschen auf der Bühne immer auch ein erhöhtes Ansteckungsrisiko. Der Chor im „Tristan“ ist im Vergleich zu den drei Opern deutlich kleiner und könnte nach Festspielangaben im Notfall - ebenso wie in der „Götterdämmerung“ - von außerhalb des Festspielhauses eingespielt werden.

Pragmatisches Konzept

„Der "Tristan" ist ein weniger personenintensives Werk“, sagte der Münchner Schwab, der auf mehrfache Nominierungen in den Kritikerumfragen der „Opernwelt“ und der „Deutschen Bühne“ zurückblicken kann. „Und Wagner hat es ursprünglich auch pragmatisch konzipiert. Also passt das gut.“

Der jüngste „Tristan“, den es in Bayreuth zu sehen gab, war die düstere Interpretation von Chefin Katharina Wagner, die 2015 Premiere feierte. Der von Schwab soll ganz anders werden: „Da wird es sicher nicht viele Schnittmengen geben. Mein "Tristan" soll ein Denkmal der Liebe werden“, sagte er. „Wir leben in einer so desillusionierenden Zeit, dass ich mir die Freiheit rausnehmen und eine wirklich Utopie der Liebe schaffen möchte. Ein Bekenntnis zur Schönheit.“ Sein Plan sei, „einen psychedelischen Sog“ zu entwickeln - „und einen Rausch aller Sinne zu entfachen“.

Ein klassisches „Happy End“ wird es in der Oper, die mit dem Tod der Liebenden endet, aber auch bei Schwab nicht geben. „Happy End ist ja immer ein eindimensionaler Begriff, aber ein Weiterdenken finde ich schon wichtig, eine Liebe, die doch eine Möglichkeit hat, eine Zukunft hätte. Ein Gedanke lebt weiter. Ich bin dagegen, ihn komplett zu begraben.“

Dass er sich die Aufmerksamkeit mit dem neuen „Ring“ wird teilen müssen, störe ihn übrigens nicht, sagte Schwab, der nach eigenen Angaben schon lange den Traum hatte, eine Wagner-Oper auf dem Grünen Hügel auf die Bühne zu bringen. „Dadurch wird es ja ein ganz besonderes Bayreuth-Jahr.“ dpa

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