Berlin. Die Komische Oper ist in ihrer Ausweichspielstätte angekommen, ein Treffen mit dem Intendanten-Duo Susanne Moser und Philip Bröking.

Die Komische Oper ist wegen Sanierung geschlossen, die Mitarbeiter haben inzwischen das Schillertheater als Ausweichspielstätte in Besitz genommen. Bei einer ersten Besichtigung der Bühne und dem Fototermin im Zuschauerraum fallen zwei Dinge ins Auge. Das erste betrifft die neue Polsterung der Zuschauersitze – und der damit verbundene Farbwechsel weg vom Rot. Die Komische Oper ist in dezente Brombeere gewechselt. „Die Farbe der Stühle im Zuschauerraum haben wir mit dem Denkmalschutz abgestimmt. In die Farbgestaltung konnten wir uns gut einbringen“, sagt Intendantin Susanne Moser und verweist auf das neue Spielzeitheft, das ebenfalls in Brombeerfarbe ist.

„Wir haben uns fest vorgenommen, die Zeit, die wir in dieser Ausweichspielstätte verbringen, für uns und für unser Publikum so gut und interessant wie möglich zu machen“, sagt die Intendantin. „Wir wollen, dass es ein Haus der Komischen Oper Berlin wird und wir uns darin wiederfinden.“ Die große Büste von Theatergründer Walter Felsenstein aus dem alten Foyer ist mit umgezogen. „Aber er weiß im Moment noch nicht genau, wo er stehen möchte“, sagt Ko-Intendant Philip Bröking. Man habe bereits mehrere Standorte ausprobiert. „Und natürlich wird unser neues Haus wieder angemessen beflaggt“, sagt Susanne Moser.

Die zweite Veränderung betrifft die neuen Stufen hinauf zur Bühne, die jetzt um 40 Zentimeter erhöht ist. „Die Drehbühne ist neu installiert und soll auch nach unserem Auszug im Haus verbleiben. Es ist eine Investition ins Schillertheater“, erklärt Susanne Moser. „Komische Oper Berlin ohne Drehbühne funktioniert nicht“, erklärt Philip Bröking. „Schon beim Umbau unseres Stammhauses in den 1960er-Jahren verzichtete Walter Felsenstein auf große Hubpodien oder anderen technischen Schnickschnack. Auf die Drehbühne hat er aber bestanden. Viele Produktionen sind bis heute darauf ausgerichtet.“

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Im Schillertheater sind alle Abteilungen unter einem Dach

„Obwohl wir mit außergewöhnlichen, zusätzlichen Produktionen auch andere Orte in der Stadt bespielen werden, ist das Schillertheater ein Riesenglück für uns“, sagt die Intendantin. „Welche andere Stadt in Deutschland hat ein Theater, das man während einer Sanierung oder eines Umbaus beziehen kann?“ Das Schillertheater ist allerdings etwas kleiner als die Komische Oper in der Behrenstraße. „Wir haben weniger Fläche für Büros und Werkstätten. Und es gibt zu wenig Magazinflächen, weshalb wir zusätzliche Lagerflächen anmieten mussten.“ Das erfordere einen erhöhten finanziellen, personellen und logistischen Aufwand.

„Gut ist, dass wir alle Abteilungen im Haus unter einem Dach haben“, betont Susanne Moser. Man musste keine Büros auslagern. „Und wir haben deutliche Verbesserungen beim Orchesterprobensaal, der ‚Barenboims Gütesiegel‘ trägt“, fügt Philip Bröking hinzu. „Die Staatsoper war ja während ihrer siebenjährigen Sanierung bereits vor uns im Schillertheater. Wir haben hier einen riesigen Chorsaal und eine tolle Probebühne. Um künstlerische Prozesse voranzubringen, sind die Bedingungen prima.“

Bei solchen Umzügen gibt es immer Gewinner und die Anderen. Auch in der Intendanz. „Ich habe jetzt einen Arbeitsweg von sieben Minuten“, sagt Susanne Moser und fügt hinzu: „zu Fuß.“ Sie wohnt um die Ecke. Im Gegensatz zu ihr braucht der Ko-Intendant 40 Minuten Anfahrt mit den Öffis. Er nimmt es gelassen. Überhaupt wirken alle, auf die man gerade im Schillertheater trifft, ziemlich aufgeräumt. „Wir haben uns wirklich lange auf den Umzug vorbereitet“, sagt die Intendantin. Zumal die Kollegen von der Staatsoper hilfreiche Hinweise gaben.

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Die Zahl der Opernmitarbeiter hat sich auf 430 erhöht

Während bei anderen Betriebsumzügen oft Mitarbeiter aus verschiedenen Gründen verloren gehen, wächst die Zahl der Angestellten an der Komischen Oper von rund 420 auf 430. Dafür gibt es eine Erklärung. „Wir sind etwas mehr geworden, weil wir Expert:innen brauchen, die sich vorwiegend um den Umbau/Neubau kümmern. Und ein kleines Team ist für die Außenspielstätten zuständig“, sagt Susanne Moser. Gerade in den technischen Bereichen hätte man zusätzliches Personal eingestellt. Die Logistik sei jetzt ein herausforderndes Thema. „In der Komischen Oper konnten bis zu sieben Bühnenbilder lagern, im Schillertheater bringen wir kein einziges unter. Es gibt immer nur eins auf der Bühne, und ein weiteres auf der Rangierfläche. Mehr geht leider nicht. Bei den Kostümen ist es ähnlich.“

Starregisseur Tobias Kratzer hat bereits im Schillertheater mit seinen Proben für die Großraum-Aufführungen von Hans Werner Henzes Oratorium „Das Floß der Medusa“ begonnen, das am 16. September seine Premiere im Hangar 1 des ehemaligen Flughafens Tempelhof haben wird. „Die Vorverkaufszahlen stimmen uns sehr positiv“, sagt Philip Bröking mit Blick auf die erste Spielzeit. „Gerade auch für unsere Auftaktproduktion ,Das Floß der Medusa’ gibt es ein riesiges Interesse. Wer diese besondere Inszenierung nicht verpassen will, muss sich langsam sputen.“ Verfügbar sind in den sechs Vorstellungen jeweils 1500 Plätze. „Ein paar Plätze sind gesperrt“, schränkt Susanne Moser ein, „weil bestimmte Akteure im Publikum sitzen.“

Die Uraufführung von Elena Kats-Chernins Kinderoper „Nils Hilgerssons wundersame Abenteuer“ nach dem Roman von Literaturnobelpreisträgerin Selma Lagerlöf ist für den 12. November angekündigt, die Proben haben ebenfalls begonnen. Mitte September startet Barrie Kosky mit seinen „Chicago“-Proben. „Die erste Premiere im Schillertheater wird am 28. Oktober mit dem Musical ,Chicago’ sein“, sagt Philip Bröking, „bereits am 15. Oktober laden wir zu einem Tag der offenen Türen ein.“ Eine Einschränkung, die sich durch den Umzug ins Schillertheater ergibt, muss Susanne Moser dennoch nennen: „Über die Spielzeit hinweg spielen wir aus den genannten logistischen Gründen etwas weniger Vorstellungen als in unserem Stammhaus.“