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Musiktheater
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Die Comedian Harmonists

Musikalisches Schauspiel von Franz Wittenbrink
Text von Gottfried Greiffenhagen


Aufführungsdauer: ca. 3 h (eine Pause)

Premiere im Kleinen Haus des Musiktheaters im Revier am 13. Januar 2012


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Musiktheater im Revier
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Standing Ovations im Kleinen Haus

Von Thomas Molke / Fotos von Pedro Malinowski


Ein Themenschwerpunkt der diesjährigen Spielzeit liegt im Musiktheater im Revier auf den goldenen Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Nachdem man seit November im Großen Haus die frisch rekonstruierte, jazzige Urfassung des Weißen Rössl von Ralph Benatzky präsentiert (siehe auch unsere Rezension), gibt es jetzt im Kleinen Haus Franz Wittenbrinks musikalisches Schauspiel über die erste deutsche Boygroup, das seit 1997 auf zahlreichen Bühnen für ständig ausverkaufte Vorstellungen sorgt: Die Comedian Harmonists. Anders als in seinen anderen Revuen, von denen Sekretärinnen wohl die bekannteste sein dürfte, wird in diesem Stück nicht eine Personengruppe mit zahlreichen Musiknummern unter die Lupe genommen, sondern der kometenhafte Aufstieg des wohl berühmtesten deutschen Vokal-Ensembles nachgezeichnet, dem durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten ein abruptes Ende gesetzt wurde, da das Sextett zur Hälfte jüdisch besetzt war.

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Die Comedian Harmonists in ihren Anfängen (am Klavier: Erwin Bootz (Askan Geisler), im Bilderrahmen von links: Harry Frommermann (Michael Dahmen), Erich Collin (Markus Schneider), Ari Leschnikoff (Mark Weigel), Roman Cycowski (Piotr Prochera) und Robert Biberti (Ralf Rhiel)).

Das Regie-Team um Sandra Wissmann legt großen Wert darauf, neben den eingängigen Melodien den Schwerpunkt auf die Geschichte der Comedian Harmonists von ihren Anfängen bis zu ihrer Trennung zu legen. So hat die Bühnenbildnerin große weiße Bilderrahmen konstruiert, die in der Form an alte Fotografien in Fotoalben erinnern, um so den Weg des Sextetts vom ersten Treffen in Harry Frommermanns Wohnung bis zum Vorsingen bei Bruno Levy zu beschreiben, der für das Engagement bei Eric Charell sorgte, mit dem der Aufstieg der Gruppe begann. Diverse Vorhänge in unterschiedlichen Farben deuten anschließend die zahlreichen Orte an, an denen die Comedian Harmonists ihre großen Erfolge feierten. Auch Andreas Meyer hat bei den Kostümen aus dem Vollen geschöpft und kleidet das Ensemble für jeden Auftritt neu ein, sei es in weiße Fracks bei "Veronika, der Lenz ist da" oder gelbe Torero-Kostüme bei "Schöne Isabella aus Kastilien". Auch bei der Alltagskleidung und den Bühnenrequisiten wird großer Wert auf Authentizität gelegt.

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"Schöne Isabella aus Kastilien" (von links: Robert (Ralf Rhiel), Harry (Michael Dahmen), Ari (Mark Weigel), Erich (Markus Schneider) und Roman (Piotr Prochera)).

Kati Farkas hat für jede Musiknummer eine genau abgestimmte Choreographie erarbeitet, die vom Ensemble auf den Punkt genau umgesetzt wird. Einen Höhepunkt stellt in diesem Zusammenhang sicherlich die "Puppenhochzeit" dar, in der das Ensemble in leicht abgehackten Bewegungen wie die hölzernen Puppen zu agieren scheint, von denen bei der Hochzeit die Rede ist. Auch der "wachsende Spargel" in "Veronika, der Lenz ist da" wird eindeutig interpretiert, indem die Sänger zu diesem Zeitpunkt stets den weißen Zylinder leicht verschämt vor ihr Gemächt halten und einmal sogar den zusammengeklappten Zylinder dabei aufspringen lassen. Bei all den komödiantischen Details achtet Sandra Wissmann jedoch sorgfältig darauf, auch kleinere Querelen innerhalb des Ensembles, die es bereits zu Zeiten des großen Erfolges gab, anzudeuten, um so den endgültigen Bruch nach dem Auftrittsverbot in Deutschland nachvollziehbarer zu machen.

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Auftrittsverbot für die Comedian Harmonists in Deutschland (von links: Parteifunktionär (Lutz Reichert), Erwin (Askan Geisler), Ari (Mark Weigel), Harry (Michael Dahmen), Erich (Markus Schneider), Roman (Piotr Prochera) und Robert (Ralf Rhiel)).

Der überwältigende Erfolg des Abends gebührt natürlich neben der sorgsam ausgearbeiteten Regie auch einem hervorragenden Ensemble, das aus Mitgliedern des Musiktheaters im Revier und Gästen zusammengestellt worden ist. Askan Geisler zeigt neben seinen virtuosen Fähigkeiten am Klavier als Erwin Bootz auch großes schauspielerisches Talent. So zeichnet er den jüngsten der Comedian Harmonists als übermäßig ambitionierten Charakter, der bereits während der großen Erfolge des Ensembles, immer wieder bemüht ist, eine eigene Karriere aufzubauen. Als Robert Biberti glänzt Ralf Rhiel, Mitglied des Jungen Ensembles am Musiktheater im Revier, der mit seinem kernigen Bass und kodderiger Berliner Schnauze durchaus glaubhaft macht, dass Biberti stets eine Vormachtstellung in der Gruppe anstrebte. Michael Dahmen gibt einen sympathischen Harry Frommermann, der als Buffo in den Musiknummern komödiantische Akzente setzt. Piotr Prochera zeichnet Roman Cycowski mit kräftigem Bariton als ruhenden Pol des Ensembles.

Mark Weigel, der als Gast seit der letzten Spielzeit in Adam Schaf hat Angst in Gelsenkirchen Erfolge feiert, stattet den 1. Tenor Ari Leschnikoff mit warmer Höhe aus, der mit seinem Unverständnis über vereinzelte Ausdrücke der deutschen Sprache komödiantische Akzente setzt. Markus Schneider gibt den 2. Tenor Erich Collin ebenfalls mit sicheren Höhen. Im Zusammenspiel bilden die fünf Sängerdarsteller einen harmonischen Klang, der sich durchaus mit dem Original messen kann. Aus diesem Grund hat das Musiktheater im Revier wohl auch eine CD herausgegeben, auf der neun Musiknummern eingespielt werden, die im Vergleich zum Original an einigen Stellen durchaus eigene Akzente setzen. Großes Lob gebührt auch dem Schauspieler Lutz Reichert der in die unterschiedlichsten Rollen schlüpft, die zum Teil moderierenden Charakter haben, wenn er die Auftritte des Ensembles ansagt, zum Teil sein komisches Talent zeigen, wenn er als Kriegsversehrter bei Harry Frommermann als Sänger anheuern will oder als ältere Frau, die die Wohnung unter Frommermann mietet, in der Nacht Ruhe einfordert, zum Teil aber auch bedrohlich wirken, wenn er als Funktionär der Nationalsozialisten die Arisierung des deutschen Musikguts fordert.

So gibt es am Ende großen, lang anhaltenden Jubel und stehende Ovationen für alle Beteiligten, die zu zwei Zugaben führen. Zunächst gibt es den etwas lustigeren "Onkel Bumba aus Kalumba", bei dem Lutz Reichert in blauem Rüschenhemd mit lateinamerikanischen Rasseln für Lacher sorgt, und anschließend eine Nummer, die, wie Michael Dahmen erklärt, von den Comedian Harmonists am Ende eines jeden Konzertes gesungen, aber nie auf Schallplatte aufgenommen worden sei: "Auf Wiedersehen". Auch diesen Track hat man in Gelsenkirchen auf die CD gepackt, so dass es sich schon allein deshalb für jeden Fan der Comedian Harmonists lohnt, neben einem Besuch dieser Aufführung auch die CD käuflich zu erwerben.

FAZIT

Für diese Inszenierung sollte man sich frühzeitig um Karten bemühen, da aufgrund der geringeren Platzkapazität im Kleinen Haus die Veranstaltungen von Januar bis März bereits größtenteils ausverkauft sind. (Nächste freie Termine ab April: 5. April 2012, 5., 16. und 27. Mai 2012, 1., 3., 8. und 24. Juni 2012)


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Produktionsteam

Musikalische Leitung /Klavier
Askan Geisler

Inszenierung
Sandra Wissmann

Bühne
Britta Tönne

Kostüme
Andreas Meyer

Choreographie
Kati Farkas

Licht
Patrick Fuchs

Dramaturgie
Anna Grundmeier

 


Solisten

Ari Leschnikoff
Mark Weigel

Erich Collin
Markus Schneider

Harry Frommermann
Michael Dahmen

Roman Cycowski
Piotr Prochera

Robert Biberti
Ralf Rhiel

Erwin Bootz
Askan Geisler

Conférencier
Lutz Reichert

 


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Da capo al Fine

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