Palladium Köln Viel Beifall für Bernd Mottls Inszenierung von Monteverdis "Il ritorno d'Ulisse in patria"

KÖLN · Als hätten Regisseur Bernd Mottl und sein Kostüm-/Bühnen-Ausstatter Friedrich Eggert eine wilde Mixtur der bisherigen Kölner Arbeiten anrühren wollen: Im Palladium prallten jetzt Opera buffa mit überdrehten Gestalten in schrillen Kostümen (wie in Mottls Csárdásfürstin) auf verzweifelt klagende Lamenti der Protagonisten (wie in Bartóks "Blaubart"-Version von Mottl).

Im Himmel vorwitzeln Götterfiguren, die in ihrer Plastikoptik einem Comic entsprungen sein müssen, über den Rand ihrer Galerie auf die Erde. Sie beobachten, was ihre Regiearbeit auf der Erde bewirkt, mit göttlicher Gelassenheit: Bei den Menschen läuft derweil das Blut von den Eigenheimwänden, abgesägte Arme entsorgt die Hausdame in die Mülltonne. "Die Heimkehr des Odysseus ins Vaterland", Oper von Claudio Monteverdi nach Giacomo Baduaro bzw. Homer, siedelt in ihrer Kölner Neuinszenierung zwischen "Operette" und "Psychodrama".

Als hätten Regisseur Bernd Mottl und sein Kostüm-/Bühnen-Ausstatter Friedrich Eggert eine wilde Mixtur der bisherigen Kölner Arbeiten anrühren wollen: Im Palladium prallten jetzt Opera buffa mit überdrehten Gestalten in schrillen Kostümen (wie in Mottls Csárdásfürstin) auf verzweifelt klagende Lamenti der Protagonisten (wie in Bartóks "Blaubart"-Version von Mottl). Nur mussten beide konträren Spielarten dem zarten Renaissance-Klang einer Monteverdi-Oper abgerungen werden. Und obwohl wir uns historisch im Frühtau der Operngeschichte befinden, muss dem "rüden" Interpretationsstil von Dichtung und Musik bestätigt werden: Der geht wirklich auf.

Der Abend beginnt als kleine Marktszene, in der das Publikum zum Stehempfang vor eine ganz einfache offene Bühne mit geschlossenem Vorhang gedrängt wird. Hier erzählen Allegorien von Zeit, Schicksal und Liebe über ihre Macht über das menschliche Sein und lassen ein Menschlein vom Säugling bis zum Eigenheimbesitzer reifen.

Mit einfachen Mitteln wird dies nett fantasievoll realisiert, und die Ouvertüre wirkt wie ein heiter intelligenter Shakespeare-Prolog, nach dem sich die Gäste auf die eigentlichen Plätze im Theater begeben. Der Sprung vom Straßentheater in den Saal mit Bühnenmaschinerie verstärkt die Freude über die knalligen Farben und imposanten Formen.

Die Welt, zur Zeit der Handlung noch eine Scheibe, bleibt eine runde Drehscheibe mit grünem Rasen und bescheidenem Einfamilienhaus. Gedreht wirkt die Hütte wie eine verstärkende Konzertmuschel für die Darsteller der Menschen, die in dieser Produktion weniger historisch säuseln als kernig und manchmal sogar polternd singen sollen. Da trifft es sich - nicht nur für den Hausetat - ganz gut, dass viele Sänger aus dem bestehenden Ensemble bzw. aus dem Opernstudio in dieser Produktion mitwirken.

Nur zum Etat passt nun wiederum die unaufdringliche Orchesterbesetzung, die Konrad Junghänel, der bereits in Monteverdi-Fragen erfolgreiche Fachmann in Fragen zu historischem Klang, nach bewährtem Muster zweigeteilt die Bühne flankieren lässt. Dadurch erhalten die Figuren im Duett jeweils ein eigenes Orchester, manches Tutti salbt dann besonders wichtige Worte. Das ist natürlich nur möglich, weil Junghänel die gesamte Partitur selbst erstellt hat. Leider klangen mehrfach besonders die Cornetti und Blockflöten im großen Orchester etwas jämmerlich.

Und nur die Orgel konnte wirklich massiv den Gesang unterfüttern - denn es wurde sehr gut und auch kräftig gesungen. Selbst die Götter, die um die Weltscheibe herum das Wasser zerteilen oder auf einem Eulenmobil durch die Luft schweben, hatten lautstark Spaß am Schicksalsspiel. Auf der Scheibe sorgten die Höflinge und Freier der Penelope für Kurzweil mit Tupperparties, Sauffesten und Diaabenden, aber Penelope war so verhuscht nach zwanzig Jahren treuen Ausharrens, dass sie selbst die reale Rückkehr ihres Ulisses als niederträchtigen Betrug nicht wahr haben konnte.

Die Inszenierung von Mottl gibt mehr als drei Stunden hemmungslos lustig Gas, um dann im Schlussbild das ganze verdrängte Drama durch schweigsame Abkehr der Liebenden still vergnügt in ein "Bad End" zu führen. Mirko Roschowski (Ulisse) und Katrin Wundsam (Penelope) legen uns so herrlich rein, Miljenko Turk (Hirte) hat sich umsonst gefreut, Young Doo Park, Dmitry Egorov und John Heuzenroeder als Freier sind in Einzelteile zerlegt. Auch die Götter sangen prächtig, sie verantworten die Katastrophe und werden also verschwiegen. Das Publikum war sehr begeistert.

Weitere Termine: 29. Februar, 2., 4., 7., 9., 11., 14., 17., 22., 24. März. Karten u.a. in den GA-Zweigstellen und bei bonnticket.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Neue Musik zwischen Wohnwagen
Beethoven Orchester im BaseCamp Neue Musik zwischen Wohnwagen
Zum Thema
Aus dem Ressort