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Gärtnerplatz: Heitere Gelassenheit zum Abschluss

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Mit der sympathischen Kindlichkeit eines Riesenbabys stattete Gregor Dalal seinen Falstaff aus. Er hätte aber auch das Zeug gehabt, Verdis Figur tiefer auszuloten (Szene mit Sandra Moon als Alice Ford).
Mit der sympathischen Kindlichkeit eines Riesenbabys stattete Gregor Dalal seinen Falstaff aus. Er hätte aber auch das Zeug gehabt, Verdis Figur tiefer auszuloten (Szene mit Sandra Moon als Alice Ford). © Hermann Posch

München - Ulrich Peters verabschiedet sich als Intendant des Staatstheaters am Gärtnerplatz mit einem „Falstaff“, der niemanden verschreckt.

Mit „Orpheus“, dem Inbegriff der Sängeroper, ob von Monteverdi oder Gluck, beginnen Theaterleiter oft ihre Intendanzen. Beenden tun sie selbige, wie jetzt auch Ulrich Peters, gern mit Verdis „Falstaff“, dessen letzter Oper, mit deren Quintessenz „Alles ist Spaß auf Erden“ der Komponist sich selber und seinem Publikum zu heiterer Gelassenheit riet. Peters, der München mit Ende der Spielzeit nach fünf Jahren am Gärtnerplatz nicht ganz freiwillig verlässt und Intendant in Münster wird (wir berichteten), schien beim freundlichen Schlussapplaus für seine letzte Münchner Inszenierung etwas wehmütig zu sein – so leicht ist es mit dem „Spaß auf Erden“ eben doch nicht.

Dabei hat es seine Regie ganz darauf angelegt: lustig, quirlig, tempo- und personenreich will er das Stück – als Spaß eben, das es aber nicht ausschließlich ist. Die tieferen, auch die beängstigenden Schichten, die hier (auch) versteckt sind, werden bei Peters nicht berührt. Dafür dürfen sich all jene Besucher freuen, die einen „Falstaff“, wie sie ihn kennen und lieben, immer wieder sehen wollen. Hier wird niemand durch Regie erschreckt, und es gehört vom Regisseur durchaus Mut dazu, nicht krampfhaft nach etwas Originellem gesucht zu haben.

Nur ist mit dieser Beschränkung das große Loch nicht gestopft, das zwischen den Möglichkeiten des Stücks und dieser schlichten Präsentation klafft. Gespielt wird wegen der Bauarbeiten am Stammhaus im Prinzregententheater: Auf dem Rasen vor diesem Ausweichquartier des Theaters für seine heimatlose Zeit hat die Mannschaft vom Gärtnerplatz unübersehbar ein großes „G“ aufgestellt, das während der Peters-Intendanz als Erkennungssymbol auf allen Publikationen dient.

Alt-England – roter Backstein, viel dunkles Holz – Christian Floeren hat auf der Asyl-Bühne einen bis auf ein rätselhaftes Heizkraftwerk (?) im Hintergrund vertrauenerweckend heimeligen Schauplatz gebaut. Der ist aber gleichzeitig auch noch die Hinterbühne eines Theaters. Wegen des Spiels im Spiel? Wegen der Verkleidungen? Oder wegen der Annahme, alles sei ohnehin Theater auf Erden? So recht klar wird das nicht. Dafür begrüßt uns auf der Bühne der alte Verdi als Cicerone, wirft milde Blicke auf das Liebespaar, reicht dem durchnässten Falstaff einen Becher Glühwein. Ein Regie-Einfall, der sich zu sehr vordrängt. Ulrich Peters hat den Nerv für die Musik. Warum nur lässt er aber seine Leute immer noch eins draufsetzen? Damit wird die Feingliedrigkeit der Partitur erstickt. Dabei liefert Lukas Beikircher am Pult des gut aufgelegten Orchesters alles Nötige: Hier flimmert und funkelt es, blühen die lyrischen Linien, und hier wird falstaffmäßig aufgetrumpft. Auch das Sängerensemble kann sich hören lassen: Gregor Dalal mit seinem Prachtbassbariton ist ein Falstaff aus dem Bilderbuch. Wenn es einer von ihm verlangt hätte – Dalal wäre auch zu tieferen Schichten fähig gewesen. So beließ er es aber bei der sympathischen Kindlichkeit eines Riesenbabys. Die lustigen Weiber: Sandra Moon und Franziska Rabl als vergnügte Alice und Meg, Ann-Katrin Naidu als Mrs. Quickley. Die muss für die „Reverenza“ ihren schönen Mezzo sehr verfremden (die Rabl hätte den Ton gehabt). Zudem ist sie viel zu elegant für die Kupplerin, aber da Peters zum Schluss noch ein Techtelmechtel zwischen ihr und Falstaff andeutet, sollte es so sein. Der pure Soprantraum ist Christina Gerstberger als Nanetta. Die brauchte nun wirklich gar nichts zu machen, macht aber unentwegt. Robert Sellier hält sich gut neben ihr als tenoral verliebter Fenton. Gary Martin liefert charaktervolle Eifersuchtsausbrüche als Ford. Cajus, Bardolfo und Pistola (Hans Kittelmann, Mario Podre(c)nik und Martin Hausberg) wurden ganz der Karikatur ausgeliefert.

Kein Zweifel jedoch, dass diese handfeste Aufführung die Runde machen wird.

Beate Kayser

Weitere Vorstellungen am 22., 23., 26., 27. Mai sowie am 2. und 4. Juni im Prinzregententheater; Telefon: 089/ 21 85 19 60.

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