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Siefried

Zweiter Tag des Bühnenfestspiels Der Ring des Nibelungen
Musik und Text von Richard Wagner

in deutscher Sprache mit Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 5h 25' (zwei Pausen)

Premiere am 27. Mai 2012 an der Bayerischen Staatsoper München




Bayerische Staatsoper München
(Homepage)

Mit Lust und Leidenschaft

Von Roberto Becker / Fotos von Wilfried Hösl

Im Münchner Siegfried fliegen die Funken. Was schon deshalb nicht verwundert, weil es mit dem Projekt ziemlich zügig voran geht und schon zu den Opernfestspielen die Götterdämmerung nachgereicht wird. Jetzt, im dritten Teil der Tetralogie, fliegen die Funken aber auch ganz konkret beim Schwertschmieden. Vokal sowieso, denn der Kanadier Lance Ryan in der Rolle des Superhelden zeigte sich in so blendender Form, dass es ohne jeden Abstrich eine Lust war, ihm zu zuhören. Offenbar war sein Einsatz auf der Frankfurter Ringscheibe von Vera Nemirova eine Art Aufwärmtraining und sein allzu wuchtig geratener Lohengrin in Karlsruhe eher ein Ausrutscher. An seinem Münchner Siegfried jedenfalls gibt es rein gar nichts auszusetzen. Eva Wagner Pasquier wird das bei der Premiere mit großer Erleichterung zu Kenntnis genommen haben. Mag sein, dass der Bayreuther Ring im Jubeljahr, wegen der sich endlos hinziehenden Suche nach dem Regisseur und diversen Absagen, so seine Probleme haben wird – ein Siegfried-Problem dürfte er wegen Lance Ryan jedenfalls nicht bekommen. Ganz im Gegenteil. Es ist zudem ein Verdienst des Schauspielregisseurs Andreas Kriegenburg, dass er seinen Siegfried zu einem ironischen Spielwitz animierte, den man so von ihm lange nicht gesehen hat.

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Siegfried als Schmied

Dafür waren vor allem der wie ein verlotterter Altachtundsechziger wuselnde Mime von Wolfgang Ablinger-Sperrhacke und dann besonders die in jeder Hinsicht überwältigende Catherine Naglestad als Brünnhilde die adäquaten Partner. Dass mit Naglestad eine spielfreudige Sängerdarstellerin zur Verfügung steht, war jedem klar, der sie vor allem in Stuttgart auf der Bühne erlebt hat. Mit welchem Volumen und welcher Leidenschaft sie freilich als Brünnhilde erwacht und in Liebe zu diesem Siegfried erblüht und aufleuchtet, das ist schon einer der eher seltenen Wagner-Glücksfälle. Bei einem so exemplarischen hohen Paar hat es das übrige Ensemble natürlich schwer. Am besten schlug sich dabei Wolfgang Koch als Alberich, während Thomas J. Mayer als Wanderer zwar wieder eine exzellente und noble Diktion ablieferte, gleichwohl aber etwas angestrengt wirkte. Anna Virolansky steuerte einen quicklebendigen Waldvogel und Rafal Siwek einen soliden Fafner bei, während Jill Grove ihren Widerstand gegenüber Wotans Weckrufen als Erda etwas zu wörtlich nahm.

Foto

Siegfried im Wald zwischen Menschenbäumen

Szenisch fügten sich die Sänger in das sehr viel größere Ensemble des Bewegungschores organisch ein. Als zaudernder (Mime) oder orakelnder (Erda) Mittelpunkt einer mäandernden Masse Mensch. Oder in mitten einer ausgelassenen kollektiven szenischen Gaudi, zu der bei Kriegenburg das Schwertschmieden eskaliert. In dieser Szene, die ja so ihre Tücken hat, wenn jemand beim Singen so tut, als würde er die Nothung-Bruchstücke raspeln, einschmelzen und neu gießen, wird hier ein gewaltiger Blasebalg heran geschafft. Züngelnde Flammen als bunte Streifen an Angelruten markieren das Feuer, und immer wenn Siegfried mit dem Hammer zuschlägt, stieben die bunten Glitzerfunken nur so auf. In dem ganzen Gewusel fällt es kaum auf, wenn der eine die Funken nachfüllt, oder ein anderer die verschiedenen Stadien des Schwertes austauscht, bis Siegfried seine Wunderwaffe in Händen hält und den Amboss (respektive ein Amboss-Nachbildung aus Menschen) zerteilt.

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Siegfried trifft Wotan

Mit solchen Menschen-Bildern, die längst zum Markenzeichen dieses Rings geworden sind, fasziniert Kriegenburg auch noch in anderen Szenen. So wird der Eingang zur Neidhöhle zu einem vielarmigen Monster, wenn lauter Statisten in Gitterwänden hängen und nach dem Eindringling greifen. Dass der ebenfalls aus Menschen geformte Kopf des Ungeheuers eher einer zu groß geratenen Katze ähnelt, nimmt man schmunzelnd in Kauf. Zumal artistisch gestapelte Menschen dann wieder einen ziemlich poetischen Wald imaginieren. Etwas platt wird es nur, wenn bei der Wissenswette die Behausung Mimes immer wieder auseinanderfliegt und Wotans Antworten mit simplen Selbst-Zitaten aus den vorangegangenen Ringteilen illustriert werden.

Foto

Siegfried und Brünnhilde

Erst zum großen Erweckungsfinale ziehen sich die dauerpräsenten Massen zurück, nachdem sie die gesamte Bühne durch ein Tuch mit dem Rot der Leidenschaft ausgeschlagen haben. Hier setzten dann ein Kammerspiel zwischen schüchterner Annäherung und erwachender Leidenschaft und ein vokaler Dauertriumpf einen grandiosen Schlusspunkt. Dessen nachwirkende Vehemenz liegt an der fabelhaft erblühenden Catherine Naglestad und an Lance Ryan, aber auch an dem, was Kent Nagano im Graben für diesen bejubelten Siegfried noch an Leidenschaft zuzulegen hat.

FAZIT

Der Münchner Ring zieht mit diesem Siegfried vokal und szenisch wieder deutlich an. Kent Nagano und das Orchester lassen sich nicht nur am Ende von der aufkommenden Leidenschaft mitreißen, sondern sind insgesamt überzeugender, als in manchen Teilen der Walküre.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Kent Nagano

Inszenierung
Andreas Kriegenburg

Bühne
Harald B. Thor

Kostüme
Andrea Schraad

Licht
Stefan Bollinger

Choreographie
Zenta Haerter

Dramaturgie
Marion Tiedtke
Miron Hakenbeck



Statisterie der Bayerischen Staatsoper

Bayerisches Staatsorchester


Solisten

Siegfried
Lance Ryan

Mime
Wolfgang Ablinger-Sperrhacke

Wanderer
Thomas J. Mayer

Alberich
Wolfgang Koch

Fafner
Rafal Siwek

Erda
Jill Grove

Brünnhilde
Catherine Naglestad

Stimme eines Waldvogels
Anna Virovlansky


Weitere
Informationen

erhalten Sie unter

 
Bayerische Staatsoper München
(Homepage)


Zu unseren Rezensionen von
Das Rheingold, Die Walküre
und Götterdämmerung



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