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Musiktheater
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Die Hexen von Eastwick

Musical Comedy in zwei Akten
Buch und Songtexte von John Dempsey nach dem Roman The Witches of Eastwick von John Updike und dem gleichnamigen Warner Bros. Film
Deutsche Übersetzung von Roman Hinze
Musik von Dana P. Rowe


in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2 h 45' (eine Pause)

Premiere im Großen Haus des Musiktheaters im Revier am 9. Juni 2012
(rezensierte Aufführung: 15.06.2012)


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Musiktheater im Revier
(Homepage)

Musical mit Comic-Zeichnungen

Von Thomas Molke / Fotos von Pedro Malinowski (© Musiktheater im Revier)


Nachdem John Updikes 1984 veröffentlichter Roman The Witches of Eastwick drei Jahre später in der legendären Verfilmung mit Jack Nicholson, Cher, Michelle Pfeiffer und Susan Sarandon Filmgeschichte schrieb, hat sich der amerikanische Komponist Dana P. Rowe gemeinsam mit dem Librettisten John Dempsey um die Jahrtausendwende diesen Stoff für ein Musical vorgenommen, was der Verfilmung im Großen und Ganzen näherkommen dürfte als der Buchvorlage und am 18. Juli 2000 am Royal Theatre Drury Lane im Londoner West End seine erfolgreiche Uraufführung erlebte. Nach insgesamt 750 Vorstellungen gelangte das Werk nach einer internationalen Reise schließlich nach Amerika, wo es in Virginia die US-Premiere feierte, allerdings in einer etwas überarbeiteten Fassung, die mit einer neuen Auftrittsarie des Darryl van Horne und einer musikalischen Umgestaltung des Finales des ersten Aktes in der Aussage direkter und noch abgründiger wurde. Das Musiktheater im Revier feierte nun die deutschsprachige Erstaufführung, ist damit dem Theater Regensburg aber nur eine Nasenlänge voraus, da das Musical dort am 17. Juni dieses Jahres seine Premiere erleben wird.

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Sukie (Anke Sieloff, links), Jane (Jeanette Claßen, Mitte) und Alexandra (Stefanie Dietrich, rechts) genießen ihr Leben mit Darryl.

Die Geschichte spielt in der spießbürgerlichen Kleinstadt Eastwick in der amerikanischen Provinz, wo die sittenstrenge Bürgermeisterin Felicia Gabriel das Sagen hat und den moralischen Kodex definiert. In dieser spießigen Gesellschaft nehmen die drei geschiedenen Frauen Alexandra, Sukie und Jane eine Außenseiterrolle ein, was sich erst ändert, als der als Kunstsammler getarnte Darryl van Horne auftaucht und das alte Lenox-Haus kauft, welches Felicia eigentlich unter Denkmalschutz stellen wollte. Nacheinander verführt er Alexandra, Sukie und Jane und unterweist sie in ihren bis dahin schlummernden magischen Kräften. Zunächst genießen die Frauen ihre neu gewonnenen Fähigkeiten, bis ihr Spiel dazu führt, dass Felicia von ihrem Mann Clyde umgebracht wird. Die drei Frauen fühlen sich an Felicias Tod und Clydes anschließendem Selbstmord schuldig und ziehen sich von Darryl zurück, was dieser nicht akzeptieren will. Um sich zu rächen, verführt er Felicias Tochter Jennifer, die eigentlich mit Alexandras Sohn Michael liiert war. Als er Jennifer vor den Traualtar führen will, wenden Alexandra, Sukie und Jane ihre erlernten Kräfte an und befördern Darryl mittels einer Voodoo-Puppe direkt in die Hölle. Allerdings wird Darryl nicht vollkommen aus ihrem Leben verschwinden, da sie feststellen müssen, dass sie alle drei schwanger sind und damit ein Kind des Teufels in ihnen heranwächst.

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Die Bürger von Eastwick (Ensemble) beobachten das Lotterleben der drei Hexen sehr argwöhnisch.

Für die zahlreichen Szenenwechsel und die magischen Momente hat der Comic-Künstler Fufu Frauenwahl faszinierende Illustrationen im Hintergrund entwickelt. So ermöglichen die Projektionen ohne weiteren Umbau Ortswechsel, wie man sie aus dem Film gewohnt ist. Für die einzelnen Handlungsorte hat Frauenwahl charakteristische Bilder gefunden, die die Figuren trefflich beschreiben. Die Sauberkeit der Kleinstadt wird durch spießige Häuschen dargestellt, bei denen die weißen, geraden Holzzäune für eine strikte Einhaltung von Normen stehen. Diese Pedanterie und Akkuratesse findet man vor allem auch in Felicias Haus, während das Lenox-Haus schon eher einem Labyrinth gleicht und nach Darryls Einzug unheimliche Züge annimmt. Besonders gelungen sind die Verführungsszenen. Während Darryl Janes Herz gewinnt, indem er ihr hilft, sich durch die Musik von ihren Zwängen zu befreien, tanzen diverse Notenzeichen auf dem Hintergrund, die verdeutlichen, dass Jane das verborgene Talent, das in ihr schlummerte, jetzt herauslassen kann. Gleiches gilt für Sukie, die ihre Stotterei überwinden kann, wenn sich im Hintergrund aus den zahlreichen Buchstaben endlich Wörter formen. Alexandra gewinnt durch Darryl neues Selbstvertrauen, indem sie eine gewisse körperliche Fülle durchaus wieder als begehrenswert wahrnehmen kann. So wird in den Hintergrund eine etwas fülligere Skulptur projiziert, die von Noten und Buchstaben umtanzt wird. Ein ähnlich faszinierendes Bild entwickelt Frauenwahl am Ende des ersten Aktes, wenn Darryl die drei Hexen in seinem Heim schweben lässt. Durch die Perspektive des Daches und die besondere Lichteinstellung (Gerrit Jurda) hat man wirklich den Eindruck, dass die drei Frauen abheben. Auch gewisse Splatter-Momente dürfen nicht fehlen. So werden die diversen Gegenstände, die Felicia ausspuckt, natürlich auf den Hintergrund geworfen, und auf den Boden spritzt das Blut, wenn Clyde seine Frau erschlägt.

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Darryl (Kristian Vetter) erfüllt Jane (Jeanette Claßen, links), Sukie (Anke Sieloff, Mitte) und Alexandra (Stefanie Dietrich, rechts) jeden Wunsch.

Das Bühnenbild von Heike Meixner passt sich gut an diese ständig wechselnden Illustrationen an. Auf der rechten und linken Seite steht jeweils ein großer abgestorbener Baum, der die spießige und blutleere Gesellschaft von Eastwick repräsentiert. Eine geschwungene Treppe auf der linken Seite führt mal auf einen Felsen, mal aus dem Haus oder in ein anderes Stockwerk. In der Mitte befindet sich ein sechseckiges hölzernes Podest, das variabel einsetzbar ist. So lässt sich in der Mitte ein kreisrunder Sockel einerseits hochfahren und in Felicias Haus eine für Clyde dringend notwendige Bar mit alkoholischen Getränken offenbaren. Andererseits lässt er sich herabfahren und lädt mit weiterer Öffnung des Podestes die drei Hexen zu einem verführerischen Bad mit Darryl ein. Am Ende stellt dieses Loch, umgeben von wehenden flammenförmigen Tüchern, auch die Hölle dar, in die Darryl zurückkehrt. Weitere Bühnenelemente werden von den Darstellern selbst in der jeweiligen Szene aufgebaut. Zu nennen ist hier die Wäscheleine, die von den Bürgen von Eastwick aufgehängt wird, wenn sie "Schmutz und Unrat" ("Dirty Laundry") in der Stadt besingen. Die Kostüme, für die ebenfalls Heike Meixner verantwortlich zeichnet, sind zeitgemäß gehalten und lassen den Wandel der drei Protagonistinnen gut nachvollziehen, die zu Beginn nicht in die Gesellschaft passen, weil sie in ihrem unkonventionellen Outfit nicht den Normen der Kleinstadt entsprechen, und im Verlauf des Stückes herausstechen, weil sie in mondänen Kleidern die gesittete Ordnung Eastwicks durchbrechen. Bei den übrigen Bürgern Eastwicks sind die Kostüme stereotyp gehalten.

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Darryl (Kristian Vetter, Mitte oben) fordert Michael (Julian Culemann, Mitte unten) und die Bürger von Eastwick (Ensemble) zum "Tanz mit dem Teufel" auf.

Musikalisch bleiben vor allem vier Nummern im Ohr. Zunächst einmal ist das Ensemble-Stück "Schmutz und Unrat" ("Dirty Laundry") zu nennen, in dem sich die Bürger von Eastwick über das unmoralische Verhalten der drei Hexen und Darryl echauffieren. In einer großartigen Choreographie von Kati Farkas treten hier Studenten der Folkwang Universität der Künste Essen gemeinsam mit Mitgliedern des Balletts auf, um kleinbürgerlich den neuesten Klatsch und Tratsch beim Aufhängen der Wäsche auszutauschen. In dieser Nummer würzt der Komponist Dana P. Rowe das Stück mit einer erfolgreichen Portion Revuecharakter. Ebenfalls eingängig ist der "Tanz mit dem Teufel" ("Dance With The Devil") im zweiten Akt, in dem Darryl die männliche Bevölkerung Eastwicks unterweist, wie man eine Frau zum sexuellen Höhepunkt bringen kann, und er in erster Linie Alexandras Sohn Michael über dessen Liebeskummer mit Jennifer hinweghelfen will. Darryls Auftrittslied "Darryl van Horne" versprüht musikalisch etwas Diabolisches, und der Schlussgesang "Schaut mich an" ("Look At Me") der drei Hexen am Ende des Stückes, nachdem sie Darryl besiegt haben und in ihrem Selbstbewusstsein gewachsen sind, stellt einen musikalisch fulminanten Abschluss des Musicals dar. Die weiteren Musiknummern sind recht gefällig, reichen aber sicherlich nicht aus, dieses Musical unter die großen Vertreter seiner Gattung zu heben. Dramaturgisch unnötig bleibt der Einsatz des kleinen Mädchens, das zwischen einzelnen Szenen kommentierend auftritt, dem Zuschauer aber keine weiterführenden Einblicke gewinnen lässt.

Neben der stimmigen Inszenierung von Gil Mehmert, der durchdachten Choreographien von Kati Farkas und den eindrucksvollen Illustrationen von Fufu Frauenwahl trägt die Besetzung ebenfalls nicht unerheblich dazu bei, dass das Musiktheater erneut an eine jahrelange Tradition großer Musical-Produktionen anknüpfen kann. Natürlich darf in einer solchen Aufführung das langjährige Ensemble-Mitglied Anke Sieloff nicht fehlen, die in den vergangenen Jahren in zahlreichen Musical-Revuen glänzen konnte. Auch als Sukie Rougement hat sie nichts von ihrem Charme eingebüßt und beweist, dass sie neben dem Gesang auch den Tanz - sogar auf Spitze - beherrscht und in den Choreographien eine hervorragende Figur macht. Gemeinsam mit Jeanette Claßen als Jane und Stefanie Dietrich als Alexandra mimt sie ein Hexen-Trio, das sich darstellerisch nicht hinter den legendären Film-Ikonen verstecken muss. Gudrun Schade begeistert als sittenstrenge Felicia Gabriel in ihrem grauen Kostüm, mit der man aufgrund ihrer intensiven Darstellung nur wenig Mitleid entwickeln kann, vielleicht aber auch gerade deshalb, weil sie dem beliebten Ensemble-Mitglied Joachim G. Maaß als Clyde mit ihren ständigen boshaften Bemerkungen das Leben regelrecht zur Hölle macht. Julian Culemann und Anne Preckeler geben als Michael und Jennifer ein schönes Paar mit geeigneten Musical-Stimmen ab. Auch die Mitglieder des Chors, des Balletts und der Folkwang Universität der Künste Essen gefallen in den kleineren solistischen Partien.

Die größte Herausforderung hat Kristian Vetter als Darryl van Horne zu bewältigen, da er letztendlich gegen den charismatischen Jack Nicholson antreten muss, der diese Rolle in dem Film nachhaltig geprägt hat. Vetter versucht aber keinesfalls, Nicholson zu imitieren, sondern findet einen ganz eigenen Weg, dieser Figur diabolische Züge zu geben. Großes darstellerisches Talent beweist er beispielsweise in seinen drei Verführungsszenen, bei denen er seinen Charme überzeugend einsetzt. Aber auch sein Auftrittslied "Darryl van Horne" und sein Lehrstück "Tanz mit dem Teufel" beweisen die darstellerischen und gesanglichen Fähigkeiten Vetters. So gibt es am Ende großen und lang anhaltenden Applaus für eine Inszenierung, die wohl vor allem darauf abzielt, auch ein jüngeres Publikum ins Theater zu locken. Bei dieser zweiten Aufführung ist dieses Vorhaben jedenfalls gelungen.

FAZIT

Unterhaltsames und kurzweiliges Musical, das vor allem von den Illustrationen und den Darstellern lebt. (Weitere Termine in dieser Spielzeit: 23. Juni 2012, 7. und 8. Juli 2012, Wiederaufnahme in der neuen Spielzeit ab 7.10.2012)


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Jürgen Grimm

Inszenierung
Gil Mehmert

Ausstattung
Heike Meixner

Illustrationen
Fufu Frauenwahl

Licht und Projektionen
Gerrit Jurda

Choreographie
Kati Farkas

Dramaturgie
Juliane Schunke

Band

Bass
Heiko Pape

Saxophon
Marcus Bartelt
Matthias Erlewein

Schlagzeug
Andy Pilger

Keyboard
Salvador Caro
Wolfgang Wilger

Gitarre
Thorsten Drücker /
*Christian Kiefer

Trompete
*Johannes Rosenberger /
Martin Reuthner

Posaune
Mateusz Dwulecki

Violine
*Johannes Porfetye /
Ariane Reaves

Violoncello
*Susanne Wahmhoff /
Daniel Hoffmann

 

Solisten

*rezensierte Aufführung

Jane Smart, Musiklehrerin
Jeanette Claßen

Alexandra Spofford, Bildhauerin
Stefanie Dietrich

Sukie Rougement, Journalistin
Anke Sieloff

Darryl van Horne
Kristian Vetter

Felicia Gabriel
Gudrun Schade

Clyde Gabriel, ihr Mann
Joachim G. Maaß

Michael Spofford, Sohn von Alex
Julian Culemann

Jennifer Gabriel, Tochter von Felicia
Anne Preckeler

Kleines Mädchen
Sandra Pangl

Fidel, Diener van Hornes
Christian Hante

Rebecca Barnes
Daniela Günther

Gina Marino
Yara Hassan

Joe Marino
Wolf-Rüdiger Klimm

Brenda Parsley
Léonie Thoms

Reverend Ed Parsley
Stefan Preuth

Greta Neff
Wiltrud Maria Gödde

Raymond Neff
Oliver Aigner

Marge Persley, Immobilienmaklerin
*Jane Reynolds /
Marika Carena

Bürger von Eastwick
Sabina Detmer
Svetlana Fomenko
Angelo Canonico
Sergey Fomenko
Matthias Kumer
Jakub M. Spocinski
Lucas Theisen

 

 


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