Bild nicht mehr verfügbar.

Wieder einmal "Carmen" im Römersteinbruch von St. Margarethen: Imposantes Bühnenbild von Manfred Waba samt den Arbeiterinnen der Zigarettenfabrik.

Foto: APA/Hochmuth

 Mit der Verlegung in die Zeit des Spanischen Bürgerkriegs vermeidet Robert Herzl zudem Folklore-Kitsch.

St. Margarethen - Zum Schluss das obligate Feuerwerk, als hätte es gerade ein wunderbares Happy End gegeben. Dabei hatte Don José eine klassische Pietà nachgestellt: mit der toten Carmen in den Armen, die, selbstbestimmt, in seinen Dolch eher hineingelaufen war.

Aber auch wenn das Feuerwerk nicht ganz passte: Wolfgang Werner, bei der Premiere am Mittwochabend aufgrund einer Lungenembolie verhindert, bot wieder großes Kino. Mit Carmen hat der Intendant der Opernfestspiele von St. Margarethen bereits reichlich Erfahrung. Denn die Oper von Georges Bizet stand bereits 1998 und 2005 am Spielplan. Und das merkt man der rasanten, kurzweiligen Neuinszenierung an.

Mit seinem raffinierten Cinemascope-Bühnenbild übertrumpft Manfred Waba die bisherigen Sevilla-Kulissen im Römersteinbruch. Er baute eine halbkreisförmige, prototypisch spanische Häuserfront inklusive Kirche, die sich später zum offenen Platz zu erweitern vermag - und im vierten Akt zur prächtigen Stierkampfarena fügt. Zudem hält er sich strikt an die Regieanweisung: rechts die Tür zur Zigarettenfabrik, im Hintergrund eine praktikable Brücke.

Doch die Tragödie findet nicht, wie im Original, 1820 statt: Regisseur Robert Herzl verlegte die Handlung in die Zeit des spanischen Bürgerkriegs, genau genommen ins Jahr 1937. Zu einer Um- oder Neudeutung kommt es zwar nicht; daher ist auch der mehrmalige Verweis auf Picassos riesiges Gemälde Guernica bloß Attitüde.

Aber zumindest gelingt es Herzl, Folklorekitsch zu vermeiden - abgesehen von einer ganz bewusst eingebauten Show-Einlage. Natürlich ist das Spektakel eine Materialschlacht: mit Pferdefuhrwerken, lodernden Lagerfeuern, Statisten sonder Zahl, einem Militärtransporter - und einer Beiwagenmaschine, die Carmen am Ende des ersten Aktes zur Flucht vor dem Gefängnis nutzt.

Tiziana Carraro vermochte als blondierte Titelheldin nicht restlos zu überzeugen: Sie wirkte eher bieder; Dimitrios Flemotomos hingegen als Don José und Evelin Novak, die sanfte Lichtgestalt Micaela, trotzten mit Bravour dem Hall. Dirigent Alfred Eschwé machte unsichtbar ordentlich Druck. Nur in manchen Massenszenen fragte man sich: Wer singt jetzt eigentlich?  (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 13.7.2012)