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Musiktheater
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Die Banditen

Opéra-bouffe in drei Akten
Libretto von Henri Meilhac und Ludovic Halévy
Deutsche Übersetzung von Stefan A. Trossbach in einer Einrichtung von Sabrina Zwach und Ingo Gerlach
Musik von Jacques Offenbach
Musikalische Bearbeitung von Tobias Schwencke


In deutscher Sprache
Aufführungsdauer: ca. 2h 30' (eine Pause)

Premiere 21. Oktober 2012 im Theater am Goetheplatz, Bremen

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TheaterBremen
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Witz komm raus, Du bist umzingelt

Von Joachim Lange / Fotos von Jörg Landsberg

Schauspieler kriegen immer mal wieder Lust, in ihrem Job die Fronten zu wechseln. Aus Frust oder Lust. Oder aus beidem. Gründe finden sich. Seien es die altersabhängigen Rollenangebote, die eingefahrenen Handschriften von Regisseuren oder eine an den Theatern jeweils vorherrschende Ästhetik. Man kann aber auch nachvollziehen, dass kreative Schauspieler den Drang verspüren, aus der Rolle der Reproduzierenden auszusteigen und gleichsam selbst die Herrschaft über ihr Bühnen-Alter-Ego zu übernehmen. Selten freilich sind sie damit so erfolgreich wie Herbert Fritsch, der es von seiner Schauspielerkarriere weit jenseits des Debütantenalters aus dem Stand in die Spitzengruppe der vom Feuilleton und von seiner wachsenden Fangemeinde bejubelten Schauspiel-Regisseure brachte. Und - sozusagen als biographische Pointe - seinem früheren Arbeitgeber, der Volksbühne, saalfüllende Kultproduktionen wie der Spanischen Fliege oder Murmel, Murmel bescherte.

Vergrößerung Da sind sie, die Bremer Banditen

Schon weil bei Fritsch auf der Bühne alles immer etwas schneller geht, sei es nun das Reden und Rennen, das Plappern und Fallen, der Slapstick und die pure Alberei, und weil er dabei weder Furcht vor Shakespeare noch Brecht kennt, war es nur eine Frage der kurzen Zeit, wann er im wirklichen Leben die Opernbühne entert. Das steht zwar noch mit den „Drei Schwestern“ von Peter Etvös in Zürich bevor, aber die Operettenbühne hat er schon mal mit Anlauf gestürmt. Ganz im Ernst und mit allem heiligen Unernst in einem. Das nach einer Flaute wieder mit dem Wind (und einem Shootingstar wie Benedikt von Peter als Operndirektor-Steuermann am Ruder) Fahrt aufnehmende Theater in Bremen bot dafür den Unterschlupf. Die Räuberhöhle. Das Komödianten-Spielzimmer - also die Bühne, das Ensemble und die Musiker mit dem fabelhaft selbst mitspielenden Dirigenten Titus Engel am Pult des Bremer Orchesters. Und es bot das richtige Stück – nämlich Jacques Offenbachs schon im Original ziemlich verrückte Operetten-Räuberpistole die Banditen. In Deutsch natürlich und von Tobias Schwencke fritschgerecht bearbeitet.

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Räuberbraut mit Biss

Bei diesen Räubern gibt es einen, der das Ausrauben der Bank (anders als bei Brecht) doch dem Dasein als Banker vorzieht. Es gibt dämliche Ordnungshüter und einen Finanzminister, der mit vollen Händen ausgibt, was er nicht hat. Auch die Vertreter der Obrigkeit bekommen hier ihr Fett weg. Und dann gibt's die obligate Lovestory - zwischen Räubertochter Fiorella (Steffi Lehmann) und dem Neuräuber Fragoletto (Nadine Lehner).

Alles beginnt mit einem großen, pyrotechnisch luxuriös aufgemotzten Knall. Ganz so, als hätten etwas depperte Bankräuber die Sprengladung falsch dosiert und nicht nur den Tresor, sondern gleich die ganze Bank gesprengt. Jedenfalls beherrscht ein Riesenloch die Bühne, in das man dann Herzenslust den ganzen Abend immer wieder fallen kann und das von oben durch eine Strickleiter zu erreichen ist. Was artistische Kondition verlangt und nicht ganz ungefährlich ist, wie Räuberhauptmann Falsacappa (Hubert Wild) bei den Proben schmerzhaft erfahren musste.

Vergrößerung Wirtsleuten, die so freundlich sind, ist nicht zu trauen

Sicher sind da manche Anzüglichkeiten Geschmacksache. Ein paar Mal weniger ans Gemächt gegriffen (dem Musterbanditen Pietro bewahrt Bastian Reiber aber auch als Dauerrammler vom Dienst noch seine Sympathien) oder gegen die Wand gerannt, würde immer noch reichen. Und sicher ist da manches schräge verbale Aussteigen aus dem Sanges- oder Redefluss in die ausgestellte Groteske, weniger ein Nachschmecken als ein überlautes Nachschmatzen. Aber die Geschichte entfaltet in dieser Beschleunigung schnell ihren ganz eigenen Reiz, provoziert wenige, amüsiert viele, funktioniert in der Übertreibung fabelhaft. Wohl auch, weil die Bühne und die Kostüme von bestechender ästhetischer Stimmigkeit sind. Sänger und Schauspieler können sich eben wie die Aufziehpuppen bewegen, wenn sie so opulent schräge Fantasie-Kostüme haben wie die von Victoria Behr. Und man kann diesen Räuber-Cancan entfesseln, wenn der farbintensive, eigentlich aber formenstreng abstrakte Raum so stimmig ist wie der, den sich Fritsch gebaut hat.

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Gendarmen, die sich einwickeln lassen, sind aus Räubersicht viel wert

Obwohl es auf den ersten Blick also nicht so aussieht und sich manchmal auch nicht so anhört, kommen sie alle zusammen Offenbachs subversivem Witz damit ziemlich nahe. Manchmal sieht man sie nur als Köpfe oder als Schattenriss. Doch wohin sie sich auch immer verirren: Am Ende landen sie allemal in einem mitreißenden Finale. Und der bei Fritsch immer mitinszenierten Applausordnung, zu dem das gesamte Ensemble mit trötenden Kazoos das Getrampel der Gendarmen als Ohrwurm des Abends wiederholt.


FAZIT

Herbert Fritsch kidnappt am Theater Bremen Jaques Offenbachs Banditen und erzählt sie so lange gekonnt als Witz bis (fast) jeder lacht.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Titus Engel

Inszenierung und Bühne
Herbert Fritsch

Kostüme
Victoria Behr

Licht
Christian Kemmetmüller

Chöre
Daniel Mayr

Dramaturgie
Sabrina Zwach
Ingo Gerlach


Chor des
Theaters Bremen


Bremer Philharmoniker


Solisten

Falsacappa, Banditenchef
Hubert Wild

Fiorella, seine Tochter
Steffi Lehmann

Fragoletto, ein junger Bauer
Nadine Lehner

Pietro, Falsacappas Vetrauter
Bastian Reiber

Carmagnola, ein Bandit
Gabriele Möller-Lukasz

Domino, ein Bandit
Florian Anderer

Barbavano, ein Bandit
Caspar Kaeser

Cicinella, Bauernmädchen
Alexandra Scherrmann

Zerlina, Bauernmädchen
Annemaaike Bakker

Herzog von Mantua
Hyojong Kim

Antonio, Schatzmeister
Florian Anderer

Der Kapitän der Karabinieri
Florian Anderer

Prinzessin von Granada
Alexandra Scherrmann

Adolphe von Valladolid, ihr Page
Annemaaike Bakker

Graf von Gloria-Cassis
Florian Anderer

Baron von Campo-Tasso
Bert Coumans

Marquise, Mätresse des Herzogs
Alexandra Scherrmann

Baronesse, Mätresse des Herzogs
Annemaaike Bakker

Pipo, Gastwirt
Hyojong Kim

Pipa, seine Frau
Annemaaike Bakker

Pipetta, deren Tochter
Alexandra Scherrmann

Staatskurier
Caspar Kaeser

Karabiniere mit zwei Trompeten
Caspar Kaeser


Weitere Informationen
erhalten Sie vom
TheaterBremen
(Homepage)





Da capo al Fine

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