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Musiktheater
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Fidelio

Oper in zwei Aufzügen
Libretto von Joseph Sonnleitner und Friedrich Treitschke
nach Jean Nicolas Bouilly
Musik von Ludwig van Beethoven


in deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 25' (eine Pause)

Premiere der konzertanten Aufführung in der Oper am Dom am 18. November 2012
Besuchte Vorstellung: 25. November 2012


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Oper Köln
(Homepage)

Keine namenlose Freude

Von Thomas Tillmann / Fotos von Paul Leclaire


Ein bisschen merkwürdig ist es schon, wenn man den Zuschauerraum der Oper am Dom betritt und an den Bühnenrändern Teile der Dekoration von My Fair Lady entdeckt und die Mitwirkenden praktisch aus einer Kneipe mit dem schönen Namen King George treten, um konzertant Beethovens Fidelio aufzuführen. Aber das sind wohl Zugeständnisse, die man bei einer Interimsspielstätte machen muss, ebenso wie die Geräusche vom nahen Hauptbahnhof, die mir stärker auffielen als sonst, und - was bedeutend schlimmer ist - ein merkwürdig blasser Orchesterklang. Ich hatte das Gefühl, als befinde sich eine unsichtbare Wand zwischen Bühne und Zuschauerraum, die dem Klang des Kollektivs jegliche Fülle und Rundung nahm. Dabei war das Stück bei Markus Poschner in guten Händen, schlank, federnd und angenehm transparent spielte das Gürzenich-Orchester, dessen Leiter auf jedes Pathos verzichtete und auf rasche Tempi setzte, die allerdings niemanden überforderten - ein klares Konzept, aber eben auch eines, das den Zuhörer nicht so unmittelbar berührt. Besonders im Finale hatte man indes dem Eindruck, als müsse der Dirigent noch einen Zug nach Bremen erwischen, wo er als GMD engagiert ist.


Szenenfoto

Erika Sunnegardh (Leonora) und Franco Farina (Florestan)

Nicht so recht überzeugen konnte mich der Einfall, die Darsteller in Konzertkleidung erst rechtzeitig zum Beginn ihrer Einsätze auftreten zu lassen und sie zu gleichsam minimalem Spiel und ein paar Gängen anzuhalten. Eine Wohltat war dagegen, dass man sich wirklich auf minimale Dialoge beschränkt hatte und nicht noch einen Erzähler eingefügt hatte - man kennt das Stück oder kann sich vorher über dessen Inhalt informieren.

Größter Schwachpunkt der Aufführung war für mein Empfinden Erika Sunnegardh, die zwar als Leonore einige Erfahrung hat und Engagements im dramatischen Fach an nicht unbedeutenden Häusern hatte und hat, ohne nach dem Eindruck dieses Abends die Stimme dafür zu haben oder deren Defizite durch besondere Expressivität wettmachen zu können. Schlank und kühl ist ihr Sopran und ab der unteren Mittellage und in der Tiefe praktisch gar nicht mehr vernehmbar, und zusätzlich musste man sich noch über manch peinigenden, hässlich flackernden Ton in der Höhe ärgern, deutlich hörbare Spuren der Überstrapazierung in Kauf nehmen und akzeptieren, dass die Stimme in den Finali völlig unterging (den Unmut des einzelnen Buhrufers konnte man durchaus verstehen). Jutta Maria Böhnert war in diesen Szenen deutlich präsenter und hatte auch bereits in Marzellines Arie überzeugt.


Szenenfoto

Jutta Böhnert (Marzelline), Franz-Josef Selig (Rocco) und Erika Sunnegardh (Leonora)

Franco Farina machte als Florestan nichts weniger als einen guten Job, die Partie ist bekanntermaßen heikel, nicht nur in der Arie, und es war eine Freude, nicht einen zweiten Jaquino zu hören (die undankbare Nebenrolle war bei John Heuzenroeder in guten Händen), sondern eine dunkle Tenorstimme, die nach vielen Jahren im italienischen Fach an Rundung und Schwere gewonnen hat und den Raum wirklich füllt, die auch im Piano nicht an Gehalt verliert und dank der sorgfältigen Phrasierung und des Bemühens um große Textverständlichkeit berührt. Und wenn da im Duett und im Finale einige wenige Töne ein wenig angestrengt klangen, dann hat dafür jeder Verständnis.

Den besten Eindruck hinterließ Franz-Josef Selig als Rocco, da war jedes Wort zu verstehen, da war offenkundig über jedes Wort nachgedacht worden, da hörte man eine warme, flexible, klangvolle Bassstimme ohne Grenzen und ohne Verschleißerscheinung; seine ganze Charakterisierungskunst ließ er bereits in die Gold-Arie einfließen. Dagegen verstand ich nach seinem Don Pizarro nicht so recht, warum Samuel Youn diese internationale Karriere im Heldenbaritonfach macht, das war alles ordentlich und streckenweise auch nuanciert, aber doch nicht ansatzweise sensationell gesungen, und der deutsche Text war seine Sache auch nicht.

Eine Fehlbesetzung war meines Erachtens Christopher Bolduc als Minister. Man braucht sicher keine Riesenröhre für die paar Phrasen dieser Partie, aber ein bisschen mehr Farbe und Autorität dürften es schon sein, und dass ihm die Rolle deutlich zu tief liegt, sollte nicht erst der Kritiker bemerken, sondern der Agent und die für die Besetzung Verantwortlichen. Von den beiden Mitgliedern des Internationalen Opernstudios der Oper Köln fand ich Leonard Bernad mit seinem interessant aufgerauten Bass überzeugender als Juraj Hollý mit sicher noch entwicklungsfähigem hellen Tenor. Andrew Ollivant schließlich hatte den sehr engagiert musizierenden Chor der Oper Köln hervorragend vorbereitet.


FAZIT

Schade, ein richtig guter Fidelio war das insgesamt nicht, vor allem keiner, der wirklich unter die Haut ging, was nicht allein an der schwachen Besetzung der Titelpartie lag, sondern ein wenig auch an dem musikalischen Gesamtkonzept und den beschriebenen äußeren Umständen.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Markus Poschner

Chor
Andrew Ollivant


Chor der Oper Köln
Gürzenich-Orchester Köln


Solisten



Don Ferrando, Minister
Christopher Bolduc

Don Pizarro
Samuel Youn

Florestan, ein Gefangener
Franco Farina

Leonore, seine Frau
Erika Sunnegardh

Rocco, Kerkermeister
Franz-Josef Selig

Marzelline, seine Tochter
Jutta Maria Böhnert

Jaquino, Gefängnisschließer
John Heuzenroeder

1. Gefangener
Juraj Hollý

2. Gefangener
Leonard Bernad



Weitere
Informationen

erhalten Sie von der
Oper Köln
(Homepage)



Da capo al Fine

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