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Il barbiere di Siviglia
(Der Barbier von Sevilla)

Komische Oper in drei Akten
Libretto von Cesare Sterbini
Nach Beaumarchais´ Le Barbier de Séville
Musik von Gioachino Rossini


in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 45' (eine Pause)

Premiere im Opernhaus Bonn am 20. Januar 2013


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Theater Bonn
(Homepage)

Schaumschlägerei

Von Stefan Schmöe / Fotos von Thilo Beu


Am Publikumserfolg hat es Rossinis Barbier von Sevilla eigentlich nie gemangelt: Schließlich ist die Oper eine Sängerkomödie per excellence, die sich fast von selbst inszeniert. So ist's auch in dieser Bonner Neuinszenierung. Natürlich braucht man ein ordentliches Orchester – das hat man hier, denn unter der Leitung von Kapellmeister Robin Engelen spielt das Beethoven Orchester außerordentlich präzise und kontrolliert und verliert dennoch nie den drive, den die Partitur einfordert. Der einen oder anderen Wackler, der in dieser Premiere zu hören war, ist da eher den Sängern geschuldet, die bei Rossinis teilweise irrwitzigen Tempi mitunter über das Ziel hinausschießen – das fällt nicht allzu sehr ins Gewicht und wird durch das delikate Klangbild mehr als wett gemacht.


Szenenfoto

Haarig geht's zu, wenn Barbier Figaro (Giorgos Kanaris) auf Rosina (Kathrin Leidig) trifft

Auch gesungen wird sehr ordentlich. Giorgios Kanaris ist ein durch und durch solider Figaro, mit schlanker und beweglicher, dabei durchsetzungsfähiger Stimme souverän in allen Passagen. Tamás Tarjányi gibt dem Grafen Almaviva einen vielleicht etwas leichtgewichtigen, aber sauber und kantabel geführten Tenor. Kathrin Leidig als Rosina verfügt über ein interessantes Timbre in der mittleren und tiefen Lage und setzt dies auch geschickt zur Gestaltung ein; in der Höhe ist die Stimme ein wenig zu mädchenhaft brav und verliert an Farbe. Ramaz Chikviladze ist ein Buffo-Bartolo ohne Fehl und Tadel, und Martin Tzonev verleiht dem Musiklehrer Basilio einen fulminanten Bass, den er hier und da ruhig mehr zurücknehmen dürfte. Weil Vardeni Davidian als szenisch allgegenwärtige Haushälterin Berta mit hübscher Stimme und Algis Lunskis als akzeptabler Fiorillo auch die kleinen Partien angemessen ausfüllen, vor allem aber, weil sich die Sängerinnen und Sänger allesamt zu einem sehr homogenen, gut aufeinander abgestimmten Ensemble zusammenfinden, erklingt Rossinis spritzige Musik auf zwar nicht sensationellem, aber doch hörenswertem Niveau.


Szenenfoto

von links: Almaviva, Rosina, Figaro, Bartolo, Basilio und Bertha

Zum Erfolg trägt eine engagierte Personenregie bei, die mit viel Lust am Spiel umgesetzt wird. Dazu gehören running gags wie die immer wiederkehrende Geste Almavivas, den Sitz seiner perfekt gefönten Frisur zu überprüfen, oder kleine Anekdoten am Rande wie in Basilios Verläumdungsarie, zu der quasi als Veranschaulichung der Posaunist des Orchesters weggemobbt wird. Den Orchestergraben zu umbauen und die Sänger immer wieder ganz nahe an das Publikum herantreten zu lassen, auch die Musiker hier und da in das Spiel einzubeziehen – das sind bewährte und auch hier funktionierende Elemente. Rossinis musikalische Pointen sitzen.


Szenenfoto

Almaviva (links) gibt sich als Vertretungs-Musiklehrer aus, Bartolo und Bertha sind zunächst skeptisch

Da wundert man sich schon ein wenig, warum das Regieteam – neben Regisseur Philipp Himmelmann sind das Johannes Leiacker (Bühne) und Gesine Völlm (Kostüme) – diesem Erfolgsstück trotzdem nicht trauen und die Komödienhandlung zusätzlich anheizen will. Die viel zu bunten Kostüme bewegen sich irgendwo zwischen commedia dell'arte und Kasperletheater, und, wohl weil die Titelfigur ein Friseur ist, müssen vor allem die Haare herhalten – was bei Almaviva ja noch ganz lustig ist, macht in der ständig wechselnden Haarfarbe Rosinas weder tieferen noch besonders viel Humor stiftenden Sinn und ist bei dem zu arg aufgetakelten Basilio, erst recht beim zum Gockel ausstaffierten Fiorillo zunehmend nervig.


Szenenfoto

Verwirrung im Schaumbad: (von links) Bertha, Bartolo, Almaviva und Rosina

Haarig geht es auch auf der Bühne zu: Da hängen wie Strähnen etliche bei Bedarf in unterschiedlichen Farben leuchtende Leinen vom Schnürboden herunter, und die drei groß dimensionierten Durchgänge in der halbrunden Bühnenrückwand sind geziert von Bildern üppiger Haarpracht. Zwar ist es nicht von Nachteil, dass das Geschehen jeder realistischen Ortsangabe entzogen ist, aber vier (begehbare) gewellte Podeste haben vor allem die Funktion, den ohnehin grassierenden Hang zum (überzogenen) Slapstick noch zu verstärken. Es drängt sich der Vergleich mit Johannes Weigands (gerade abgespielter) Inszenierung des Barbier an den Wuppertaler Bühnen auf (unsere Rezension), die ebenfalls nichts anderes als höheren Blödsinn respektive bedeutungsfreies Unterhaltungstheater zum Ziel hatte, aber mit viel weniger, dafür bewusster und konzentrierter eingesetzen Mitteln weitaus besser zum Ziel kam. Bei Himmelmann dagegen muss es, warum auch immer, Unmengen von Badeschaum vom Bühnenhimmel regnen. Rossinis Barbier bräuchte das nicht – aber er hält das locker aus. Am Premierenabend gab es dafür keine stehenden Ovationen, sondern rhythmisches Klatschen, was der Schaumpartystimmung auf der Bühne auch irgendwie angemessener war.


FAZIT

Ein bisschen zu grell kommt dieser Barbier daher – was er angesichts eines guten und spielfreudigen Ensembles gar nicht nötig hätte.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Robin Engelen

Inszenierung
Philipp Himmelmann

Bühne
Johannes Leiacker

Kostüme
Gesine Völlm

Licht
Thomas Roscher

Choreinstudierung
Ulrich Zippelius

Dramaturgie
Michaela Angelopoulos


Chor und Extrachor
des Theater Bonn

Statisterie des Theater Bonn

Beethoven Orchester Bonn


Solisten


* Besetzung der Premiere

Graf Almaviva
Tamás Tarjányi

Bartolo
Ramaz Chikviladze

Rosina
Susanne Blattert /
* Kathrin Leidig

Figaro, Barbier
Aris Argiris /
* Giorgos Kanaris

Don Basilio
Martin Tzonev

Berta
* Vardeni Davidian /
Emiliya Ivanova

Fiorello
Sven Bakin/
* Algis Lunskis

Ein Offizier
* Johannes Marx/
Kamen Todorov

Ein Notar
Homai Toyoda



Weitere
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