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"Così fan tutte": Liebesprüfung auf dem Campus

Die Neuinszenierung von Mozarts "Così fan tutte" im Salzburger Landestheater setzt flott, aber flach auf jugendliche Frische, nicht auf Psychologie.

"Così fan tutte": Liebesprüfung auf dem Campus
"Così fan tutte": Liebesprüfung auf dem Campus


Was man heutzutage auf der Bühne alles können darf! Der Tenor Sergey Romanovsky kann zum Beispiel Breakdance. Also legte er bei der Premiere von Mozarts "Così fan tutte" am Sonntag im Salzburger Landestheater mitten in die Arie "Non siate ritrosi" seines Freundes Guglielmo eine kleine, spektakuläre Einlage hin, um den College-Mädels zu imponieren.

Da war die "Schule der Liebenden", wie Mozarts Dramma giocoso im Untertitel heißt, schon voll im Gang. "Schule" nimmt Regisseur Jacopo Spirei wörtlich und siedelt in der Ausstattung von Bettina Richter die Oper auf dem Campus der "University of Naples" (Florida, nicht Süditalien) an. Die Wette um die Treue der Frauen schließen zwei fesche Soldaten nach dem Footballtraining mit ihrem Lehrer ab. Die beiden Schwestern Fiordiligi und Dorabella himmeln die Sportskanonen an, die es auch schon in bunten Illustrierten zu Storys gebracht haben. Schade, dass sie in einen (fiktiven) Krieg ziehen müssen. Aber bald tauchen ohnedies in Despinas Cafeteria zwei Backpackers-Typen auf. Und einer kann, siehe oben, sogar Breakdance.

Was sich jetzt, für eine gute, alte Mozartoper, recht flapsig anhört, ist es im Grunde auch. Die Produktion des Landestheaters will vor allem gute Laune verbreiten. Das Spiel dazu ist sympathisch flott, aber flach aufbereitet. Das Ensemble lässt sich darauf schauspielerisch perfekt ein.

Dazu dirigiert Musikdirektor Leo Hussain den ersten Akt unter permanentem Hochdruck. Presto, presto spielt er mit dem nachgerade atemlos brillanten Mozarteumorchester eine rasante, schnittige Konversationskomödie. Wohl dem, der da allein atemtechnisch mit dem Singen mitkommt.

Nach der Pause, wenn es in der Geschichte ernst wird und die wahren Gefühle der Liebenden ausgetestet werden, lässt er mehr Ruhe einkehren, zieht die Linien länger, achtet auf differenziertere Stimmung. Die musikalische Balance ist fein austariert, auch in der Symmetrie der großen Arien.

Ferrando darf seine oft gestrichene, anspruchsvolle B-Dur-Arie "Ah lo veggio, quell’ anima bella" singen, und Sergey Romanovsky tut es mit kleinem, hellen, aber etwas engen und zittrigen Tenor. Gillian Ramm (Fiordiligi) hatte noch rechtzeitig eine Indisposition überwunden, blieb deswegen etwas vorsichtig. Die "Felsenarie" und ihr großes Rondo zeigten aber interessantes, schön fokussiertes, schwebend-lyrisches Sopranmaterial. Tamara Gura hat die nötigen dunklen Dorabella-Farben, sollte aber noch an klarerer Diktion und singsprachlicher Artikulation arbeiten. Auf jeden Fall harmonieren die Schwestern in den Timbres ausgezeichnet, was der Ensemblequalität sehr zugutekommt. Simon Schnorr hat mit seinem noblen, natürlichen, im Ausdruck wandlungsfähigen Bariton keine Probleme, um als Guglielmo bestens auszustrahlen.

Als Despina liefert Laura Nicorescu ein Kabinettstück punktgenauer singschauspielerischer Präzision, quirlig und selbstbewusst, so frisch und flott wie die ganze Aufführung. In diese "Jugendlichkeit" passt auch Marcell Bakonyi (Don Alfonso) als "Manager" des Geschehens, befähigt zu einer markanten, rhetorisch nie trockenen, also lebensechten Klangrede. Zu dieser trägt übrigens Leo Hussain auch als "Rezitativist" bei.

Dass am Ende alle die "Diplomprüfung Liebe" bestanden haben und fröhlich abgehen, passt zur Gangart des Spiels. Mozarts erkennende und erschreckende Seelentiefe verpasst dieses (zu) lockere, banale Finale dann aber doch allzu deutlich.
Oper: "Così fan tutte", Salzburger Landestheater. Vorstellungen bis 10. April

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