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36. Händel-Festspiele
15.02.2013 - 03.03.2013

Alessandro

Dramma per musica in drei Akten (HWV 21)
Libretto von Paolo Antonio Rolli nach Ortensio Mauros
La Superbia d'Alessandro
Musik von Georg Friedrich Händel


in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca 4 ½   Stunden – zwei Pausen

Wiederaufnahme am 20.Februar 2013 (Premiere am 17. Februar 2012)

 

 
 
Badisches Staatstheater Karlsruhe
(Homepage)

Laufsteg für vokale Akrobaten

Von Christoph Wurzel / Fotos von Markus Kaesler


Pech hatte das Publikum der diesjährigen Händelfestspiele in Karlsruhe am Tag der Eröffnungspremiere. Die  Aufführung des Oratoriums The Triumph of Time and Truth konnte nicht szenisch, sondern nur konzertant stattfinden. Als Folge eines  ver.di - Warnstreiks standen am Premierentag alle Räder der Theatermaschinerie still. Die Kostüme hatten die Solisten allerdings angezogen, man musste sich aber mit einer Notkulisse behelfen, so dass nicht eigentlich agiert werden konnte. In der an Händels Oratorium anschließenden Oper von Gerald Barry wurde wenigstens ein bisschen Handlung markiert, viel Sinn ließ sich daraus allerdings nicht entnehmen.

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Alessandro (Lawrence Zazzo) auf dem Feld der Liebe ( v.l.:mit Raffaella Milanesi  und Yetzabel Arias Fernandez)

So blieb, auf die Wiederaufnahme von Händels Alessandro  zu hoffen. Deren Handlung kommt in Karlsruhe zwar auch nicht allzu theatralisch auf die Bühne, dies allerdings ist so gewollt, denn der Regisseur Alexander Fahima hat bei dem aktionsarmen Stück bewusst jeden Naturalismus vermieden und in seiner Inszenierung auf Stilisierung und Ironisierung gesetzt. Dramatik ist nämlich schon im Libretto von Paolo Antonio Rolli kaum zu finden, wenn man von einer Eroberungsschlacht absieht (die allerdings nur als orchestrale Battaglia vorkommt) und einem Attentat auf den Helden, über das aber ebenfalls nur berichtet wird und das zudem auch noch kläglich scheitert. Übrig bleiben mehr als 25 Arien und Duette neben endlos vielen Rezitativen, in denen es um die Hauptsache der Oper geht: Alexanders Unentschlossenheit, welcher Frau er nun seine Gunst schenken soll, der persischen Prinzessin Rossane oder der scythischen Königstochter Lisaura.  Deren Eifersüchteleien, Hoffnungen, Enttäuschungen und anderen seelischen Beschwernissen wird natürlich breiter Raum gewidmet. Daneben treten auf: ein indischer König, der zugleich Kriegsalliierter und Nebenbuhler des großen Feldherrn ist sowie drei griechische Satrapen, die jeweils ihre eigenen Intrigen spinnen. Diese – Clito, Leonato und Cleone – spielen ihre Rollen in der Manie von shakespear’schen Spießgesellen äußerst unterhaltsam und komödiantisch. Ansonsten hat die Regie der Machart dieser Oper entsprochen, die Händel seinerzeit als Arienparade auf seine Stars Francesca Cuzzoni, Faustina Bordoni und den Kastraten Senesino zugeschnitten hatte: einfach reihenweise Gelegenheit zum Abliefern schönster und allerschönster Arien zu geben und zwar über 4 Stunden lang, die obendrein niemals langweilig werden! Das Bühnenbild aber ist eher uninspiriert, die Kostüme dagegen bunt und prächtig.

Exzellente Solistinnen und Solisten beherrschen die Szene. Alle Arien werden im da capo reich verziert, so wird deren Länge zum reinen Genuss. Das Badische Staatstheater hat ein fulminantes Sängerensemble zusammengestellt aus großartigen Gästen und einigen hervorragenden Hauskräften. Die beiden Frauenrollen sind mit der aus Cuba stammenden jungen Sopranistin Yetzabel Arias Fernandez als empfindsame Rossane und der italienischen Sopranistin Raffaella Milanesi als temperamentvolle Lisaura grandios besetzt. Beide meistern ihre mit technischen Raffinessen gespickten Arien brillant und spielen dazu hingebungsvoll ihre typisierten Rollen. Zur Begleitung der Arien hat sich die Regie szenische Zeichen  ausgedacht, die Inhalt und Aussage der Arientexte phantasievoll  illustrieren. Dies wirkt vor allem im zweiten Akt besonders eindrucksvoll, der hauptsächlich die inneren Vorgänge der Protagonisten beleuchtet. Hier treten zu den singenden Solisten tanzende schwarze Figuren hinzu und kommentieren pantomimisch die Affekte. Wenn auch nicht alle Details restlos überzeugen (so gleich zu Beginn des 1. Akts die Einblendung von Tierungeheuern, die Alexander zu besiegen hat), so machen diese Bilder als weitere Erzählebene die Szene doch lebendiger.

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Alessandro (Lawrence Zazzo) auf dem Feld des Kriegs. (Hintergrund v.l.: Andrew Finden und Rebecca Raffell)

Lawrence Zazzo ist ein vokal phänomenaler Alessandro. Souverän meistert er die Partie mit ihrer großen Spannweite. Vokal verkörpert er brillant das Heldische, gestisch konterkariert er es auf ironische Weise. Auch die kleineren Rollen sind bestens besetzt. Als Tassile bringt der Counter Martin Oro fülliges Volumen mit und die drei Höflinge werden von den Karlsruher Ensemblemitgliedern Rebecca Raffell, Andrew Finden und Eleazar Rodriguez stimmlich und darstellerisch präsent verkörpert.

Unter der Leitung von Michael Form, der in diesen Tagen auch zum Leiter der Internationalen Karlsruher Händel-Akademie berufen wurde, spielen die Deutschen Händelsolisten in dieser Produktion besonders frisch und funkelnd. Eindrucksvoll die solistischen Partien: stellvertretend hier  Susanne Kaiser als Begleiterin von Rossanes Arie im 2. Akt (Alla sua gabbia d’oro), wenn sie den im goldenen Käfig gefangenen Singvogel mit ihrer Traversflöte imitiert - eines der zahlreichen musikalischen Glanzlichter dieser Aufführung.

FAZIT

Als eine wirklich festspielreife Produktion, die szenisch in der Summe überzeugt und musikalisch geradezu begeistert, sah es auch das Publikum, das das Produktionsteam mit begeistertem Applaus bedachte.

 

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Michael Form

Regie
Alexander Fahima

Bühne und Kostüme
Claudia Doderer

Licht
Stefan Woinke

Choreographie
Michael Bernhard

Leitung der Rezitative
Marc Meisel

Video
Dirk Schulz

Dramaturgie
Bernd Feuchtner


Deutsche Händel-Solisten


Solisten

Alessandro
Lawrence Zazzo

Rossane
Yetzabel Arias Fernandez

Lisaura
Raffaella Milanesi

Tassile
Martin Oro

Clito
Andrew Finden

Leonato
Sebastian Kohlhepp

Cleone
Rebecca Raffell

Tänzer
Andrey Korolkov
Oleg Vasylenko
Tonia Convertini
Casey Banks


Beim Label Panclassics im Vertreib
von note 1 ist mittlerweile von den
Aufführungen 2012 in derselben
Besetzung ein CD – Mitschnitt
erschienen.



 


Weitere
Informationen

erhalten Sie vom
Badischen Staatstheater Karlsruhe
(Homepage)



Da capo al Fine

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