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Rivalinnen, die einander gut verstehen: Rebeca Olvera (als Adalgisa) und Cecilia Bartoli (als Norma mit Kind).

Foto: apa

Salzburg - Keine klappernden Römerrüstungen und auch keine meterlangen Druidenbärte: Das Regieteam, das schon im Vorjahr bei den Pfingstfestspielen aktiv war, also Moshe Leiser und Patrice Caurier, verlegt Bellinis Norma nach Frankreich in den Zweiten Weltkrieg. In einer schmucklosen Schule trifft sich die Résistance, um im Geheimen Pläne zu schmieden und auf Normas Ratschläge zu warten.

Schlicht ist das Ganze angelegt. Ein hölzerner Raum, in dem Norma schließlich verbrennen wird, ein paar Möbel (Bühnenbild: Christian Fenouillat) - sie bilden das Ambiente für eine latent politische, aber doch sehr privat, intim ausgeleuchtete Tragödie. Norma hat im Verborgenen zwei Kinder mit dem Feind Pollione (mit seiner ausgewogenen, klangschönen Stimme wohl ein Highlight des Abends: John Osborne), der die Nazi-Okkupation dirigiert.

Zugleich will sich Pollione privat jedoch noch ein bisschen "verändern", indem er Norma gegen die jüngere Adalgisa einzutauschen gedenkt. Für Norma eine doppelte Katastrophe. Sich mit dem Feind eingelassen zu haben und von diesem auch noch verlassen zu werden - das führt dann immerhin zu einer konfliktbeladenen Opernfigur.

Cecilia Bartoli ist da folglich in ihrem Element: Die Zerrissenheit der Norma, deren Schwanken zwischen Wut, Rachegelüsten, Zärtlichkeit und finaler Selbstopferung, vermittelt sie auch vokal mit ganz eigener Intensität. Ihre flexible, also koloraturaffine Stimme birgt Leichtigkeit; sie vermag aber auch das dramatische Element zur Entfaltung zu bringen. Zudem sorgt die dynamische Bandbreite ihres Ausdrucks für jene Nuancen, die nötig sind, diesen Charakter emotional in all seiner Auffächerung zwischen filigran und exaltiert zu erfassen.

Packende Performance

Nur der Dauereinsatz von Vibrato ist wenig gewinnbringend. Besonders bei Casta diva, wo es doch um die Klarheit der Linie ginge, irritiert diese Form der tönenden Unruhe. In Summe aber eine packende Performance.

Einen schönen Kontrast liefert die Gegenspielerin: Rebeca Olvera (als Adalgisa) verfügt über einen schlanken, zierlichen Sopran, der aber rollengerecht wirkt. In jedweder Höhe ist Olvera dann auch mit klarer Diktion unterwegs und vibratofrei jener Ästhetik der historisch kundigen Instrumente nahe, wie sie Dirigent Giovanni Antolini vorschwebt.

Mit dem Orchestra La Scintilla produziert er einen schlanken, durchsichtigen Klang, der sängerfreundlich bleibt (auch Michele Pertusi als Oroveso, Liliana Nikiteanu als Clotilde und Reinaldo Macias als Flavio profitieren) und doch mit scharfen Klangeffekten (wie am Ende des ersten Aktes) harmonische Kühnheiten betont. Frenetischer Applaus. (Ljubiša Tošić, DER STANDARD, 21.5.2013)