Salzburg - Man könnte den (seine Salzburg-Planungen bald einstellenden) Intendanten Alexander Pereira boshaft an seine ersten programmatischen Worte erinnern. An jenes Dogma, bei den Festspielen nur Premieren und keine Wiederaufnahmen zeigen zu wollen. Zumal bei diesem Lucio Silla des jungen Mozart: Er war schon bei der Mozartwoche im winterlichen Salzburg zu erleben. Das Dogma indes war ohnedies sinnlos überstreng. Und außerdem ist dieser Lucio Silla eine vor allem musikalisch ausnehmend gute Produktion. Wäre schade gewesen, das gleich einzumotten.

Ein interessanter Fall ist auch die Inszenierung von Marshall Pynkoski: Sie will die Regietradition der Mozart-Zeit nachstellen, fällt quasi bewusst aus der Zeit. Reichlich parfümiert wirken die Choreografien denn auch. Und gerne begeben sich die Figuren in stilisierte Posen oder schweben galant über die Bühne, um sich am Ende der Da-capo-Arien an der Rampe in konzertanter Pose zu präsentieren. Das Ganze hat in Summe also etwas von der gestischen Grazie des Stummfilms. Es hat jedoch seine Reize als präzises, bewusst historisches Experiment.

Vokal glänzen vor allem Olga Peretyatko (als Giunia) mit warmem Timbre und Eva Liebau (als Celia) durch Klangkultur und Leichtigkeit. Marianne Crebassa (als Cecilio) meistert die Koloraturen souverän, wie auch die mitunter in der Höhe etwas rau wirkende Inga Kalna (als Lucio Cinna). Rolando Villazón ist weiterhin quasi ein Roulette-Sänger von szenischem Überengagement. Ob eine Phrase schön gelingt oder ob sie intonatorsich fehlschlägt oder grob wird, ist im Voraus nie zu sagen. Sicher ist: Marc Minkowski und seine Musiciens du Louvre sind nach wie vor als packend phrasierender und differenzierter Advokat eines schlanken Mozart-Zugangs das Rückgrat der Produktion.   (tos, DER STANDARD, 29.7.2013)