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Nachtkritik zu "Falstaff": Schwergewicht stolpert über die Frauen

Nach abstoßendem Katastrophenszenario bei "Gawain" und dem "Lucio Silla" in historisierender Schönheit gibt es mit Verdis "Falstaff" endlich Lukullisches bei den Salzburger Festspielen, mit nötigem Humor garniert.

Nachtkritik zu "Falstaff": Schwergewicht stolpert über die Frauen
Nachtkritik zu "Falstaff": Schwergewicht stolpert über die Frauen
Nachtkritik zu "Falstaff": Schwergewicht stolpert über die Frauen
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Man darf sich der Musik hingeben und doch Ungewohntes erleben. Eben das genoss das Premierenpublikum am Montag im Haus für Mozart, wo eine tadellose Besetzung für Freude sorgte.

Der Regieeinfall von Daniele Michieletto, das Shakespearestück statt in Windsor im von Verdi gestifteten Künstleraltersheim spielen zu lassen, stiftet zwar neue Verwirrung in der bei "Falstaff" ohnehin reichlich vorhandenen Verwirrung, ging aber prinzipiell gut auf, weil er konsequent ausgeklügelt war. Es ist zu hoffen, dass alle Sänger den Aufführungsreigen der Verdi-Oper überstehen, denn Festspielintendant Alexander Pereira ist der Kalender gar eng geraten. Das hatte schon im Vorfeld für Sorgen und Diskussionen gesorgt, per Facebook war Elisabeth Kulman netzweit zur Galionsfigur im Kampf gegen Rechts- und Respektlosigkeit geworden und hatte Pereira sogar eine Entschuldigung abgetrotzt.

Maestri, der massige TitelheldSo eine "Falstaff"-Produktion gewinnt oder fällt mit dem Titelhelden. Da hat man Glück, Ambrogio Maestri, riesig und massig, hat sozusagen Idealmaße. Mag schon sein, dass ein Regisseur bei Maestri wegen Shakespeare ins Grübeln gerät, der vorschreibt, dass der Lebenskünstler in einen Wäschekorb gesteckt und in die Themse gekippt wird. Die Strafe gebührt dem eitlen Bauchmenschen, da er aus Geldmangel gleich an zwei Gattinnen wohlhabender Männer den gleichlautenden Liebesbrief geschrieben hatte, mit erotischen und vor allem finanziellen Erfolgsabsichten. Der Plan fliegt auf, er gerät an die Falschen. Denn es gibt eine Mrs. Quickly, die den potenziellen Opfern Mrs. Alice Ford und Mrs. Peg Page als Meisterin der Intrige beisteht. Herrlich, wie Verdi die Damen miteinander die Pläne begackern lässt. Das Hin und Her bringt zuletzt, nach vielen Turbulenzen und einigen Nebensträngen nur einem jungen Liebespaar das ersehnte Miteinander. Der Fettwanst ist zwar furchtbar gedemütigt worden, aber stolz kann er Verdis grandiose Schlussfuge anstimmen: "Alles in der Welt ist Spaß".

Unangepasster Star im SeniorenclubMichieletto sieht diesen Falstaff als Bewohner der Casa Verdi zur Jetztzeit. Der Mann ist auf seine Art ein unangepasster Star inmitten des Seniorenclubs mit künstlerischer Vergangenheit. Meist dümpelt er auf der Couch, die da im möblierten Saal der Villa steht. Mit Projektionstricks bringt Michieletto die Welt ins Wanken, Falstaffs Traum von Falstaff beginnt, der sich zum Albtraum entwickelt. Wie Geister sind plötzlich die widerstandsfähigen Damen da und ziehen Falstaff ins Spiel im Spiel. Die Ebenen verschieben sich, zuletzt sind sie alle wieder im Boden verschwunden, woher sie auftauchten. Die Realität im Altersheim, wo Falstaff die Oper träumt, spiegelt sich etwa in einem alten Paar, das dem jungen Liebespaar Fenton und Nanetta gegenübergestellt wird. Und dass die Damen im Gegensatz zum Titelhelden jung und sexy sind? Träumen wird man ja wohl noch dürfen.

Die Besetzung rund um den fabelhaft auftrumpfenden Ambrogio Maestri hat keine Schwachstellen. Fiorenza Cedolins ist als Alice ebenso attraktiv wie Stephanie Houtzeel als Meg. Ein Kabinettstückerl als Mrs. Quickly liefert - stimmlich mit Durchschlagskraft bis in tiefe Lagen - Elisabeth Kulman, gegen die Tradition jung besetzt. Einzig, dass bei ihr kein Geld winkt, kann Falstaffs erstaunliches Desinteresse erklären. Auch Fenton (Javier Camarena) und Nanetta (Eleonora Buratto) sowie Massimo Cavalletti als markanter Ford werden zu Recht heftig beklatscht.

Mehta dirigiert souveränVerdis Alterswerk ist voller kleiner Wunder und glänzender Ideen, Ohrwürmer gibt es keine. Zubin Mehta dirigiert gewohnt souverän und sängerfreundlich, mit offener Lust an Klangpracht, die farbenreich musizierenden Wiener Philharmoniker sind ein Genuss für sich. Schon vor Beginn sieht man Filmaufnahmen von der Casa Verdi im verkehrsreichen Mailand, die Bühne von Paolo Fantin - samt dem atmosphärischem Licht von Alessandro Carletti - gibt das noble Innenleben des Hauses wieder. Man kann schlechter wohnen als die Künstler im Erbe Giuseppe Verdis.

Eine ausführliche Kritik zu "Falstaff" lesen Sie in der Mittwochsausgabe der "Salzburger Nachrichten".



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