SN.AT / Salzburg / Kultur

"Rienzi": Der Aufstieg und Fall des Gutmenschen

Ein triumphaler Erfolg ist die konzertante Aufführung von Wagners früher, kaum gespielter Oper "Rienzi" bei den Salzburger Festspielen.

"Rienzi": Der Aufstieg und Fall des Gutmenschen
"Rienzi": Der Aufstieg und Fall des Gutmenschen

Eigentlich ist es eine spannende Geschichte, von einem Junggenie in pompöse Musik gesetzt, und dennoch: Ohne Jubiläumsanlass ist es schwer vorstellbar, dass Richard Wagners frühe Oper "Rienzi" von den Salzburger Festspielen ins Programm genommen worden wäre.

Zum 200. Geburtstag des Komponisten wird weltweit das singuläre Opernschaffen des Bayreuther Meisters auf die Bühnen gewuchtet, "Rienzi", der erste große Erfolg des 29-jährigen Wagner, ist aber kaum dabei. Dennoch lohnte sich das Unterfangen, wenigstens eine konzertante Aufführung - sie wird morgen, Mittwoch, wiederholt - in der Felsenreitschule zu zeigen. Es ist der richtige Raum für das überdimensionierte Stück, das Wagner in aller jugendlich-ehrgeizigen Unbescheidenheit präsentiert. Das Vorurteil, dass "Rienzi" ein Breitwandschinken sei, wurde zwar nicht entkräftet, dennoch hat das Werk immens viele reizvolle Details zu bieten, volltönende Massenkundgebungen ebenso wie emotionalen Hochdruck der Protagonisten und ein berührendes Gebet, dessen Melodie man kennt. Denn die Ouvertüre zu "Rienzi" hat sich als Konzertstück selbstständig gemacht, die Weise schaffte es einst zur Kennmelodie einer TV-Sendung, nur wenige wussten, dass sie von Wagner ist.Oper von Wagner in Paris fertiggestelltNach seiner abenteuerlichen Flucht vor Gläubigern aus Riga, wo er das Werk begonnen hatte, stellte Wagner in Paris die Oper fertig. Der Anspruch war nichts weniger als dort die erfolgreiche Grand opéra eines Giacomo Meyerbeer in den Schatten zu stellen. Die Uraufführung 1842 in Dresden, die Meyerbeer kollegial eingefädelt hatte, war ein Triumph.

Dank dezenter Streichungen wurde aus den sechs Stunden Dauer in Salzburg eine vierstündige Wagner-Packung, aber auch die fordert alles von den Mitwirkenden. Philippe Jordan leitete umsichtig das riesige Gustav Mahler Jugendorchester, mit einem Frauenanteil, als ob man die Wiener Philharmoniker umgegendert hätte. Auch die machtvolle Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor (Einstudierung Jörn Hinnerk Andresen) erreichte eine enorme Größe, was sich bei den Einsätzen als wankelmütiges, quasi wutschnaubendes Volk, als süßliche Friedensboten oder dem sakralen, düsteren Fernchor durchschlagend auswirkte. Dem Volk maß der politische Feuerkopf Wagner bei "Rienzi" große Bedeutung zu, es hat am Aufstieg und Fall des "letzten Tribunen" entscheidenden Anteil. Die Geschichte spielt in Rom Mitte 14. Jahrhunderts. Verfeindete Adelsfamilien spalteten die Stadt, der Papst war nach Avignon entflohen, ohne an Einfluss einzubüßen, erst das Eingreifen des päpstlichen Notars Rienzi brachte kurz Frieden.Plebejer gegen PatrizierEin vom Volk gewählter Plebejer, das kann ob der Standesdünkel der Patrizier nicht gutgehen. Wegen seiner Milde gegenüber Attentätern und politischen Ambitionen hat der neue Tribun bald alle gegen sich aufgebracht, die humanen Visionen krachen zusammen wie das in Flammen gesetzte Kapitol, wo Rienzi, seine Schwester Irene und deren Liebhaber Adriano den Tod finden.

Die Hauptrolle schrieb Wagner für einen Typus von Sänger, der bis heute als Heldentenor in allen Opernhäusern als Kostbarkeit gehandelt wird. Der Brite Christopher Ventris ist ein solcher Held, er hat im Wagner-Jahr viel zu tun, trotz sprachlicher Einbußen. Gegen Wagners Wogen anzusingen fordert die Kräfte. Am besten kam noch Sophie Koch in der Hosenrolle des jungen Adriano damit zurecht, auch Adriano gerät zwischen die Fronten, einerseits als Liebhaber von Rienzis Schwester - Emily Magee muss atemberaubende Spitzentöne als Irene herausschleudern - und politisch den republikanischen Friedensideen zugeneigt, andererseits ob der Bindung an den Vater Steffano Colonna. Nach dem Attentat auf Rienzi wird Colonna zwar begnadigt, nicht aber bekehrt, er fällt in der Schlacht. Der profunde Bass Georg Zeppenfeld ist der Einzige, bei dem man jedes Wort versteht. Gut besetzt ist auch das gefährliche Umfeld, Martin Gantner als Orsini, Robert Bork als Kardinal, Benjamin Bernhein als Baroncelli, Oliver Zwarg als Cecco.

Eine liebenswürdige Erscheinung ist Kiandra Howarth vom Young Singers Project, sie darf einen herzigen Friedensboten in der einzigen idyllischen Szene des Dramas singen. Die durchaus in manchen Momenten ein wenig überlaute Aufführung brachte das Publikum förmlich ins Rasen.

KULTUR-NEWSLETTER

Jetzt anmelden und wöchentlich die wichtigsten Kulturmeldungen kompakt per E-Mail erhalten.

*) Eine Abbestellung ist jederzeit möglich, weitere Informationen dazu finden Sie hier.

KOMMENTARE (0)