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Die Fledermaus 

Operette in drei Akten von Johann Strauß

Text von Karl Haffner und Richard Genée
nach der Komödie Le Réveillon 
von Ludovic Halévy und Henri Meilhac
 
in deutscher Spache

Aufführungsdauer: ca. 3 Stunden (eine Pause)

Premiere im Opernhaus Kassel am 2. November 2013



Staatstheater Kassel
(Homepage)

Das Glück is a Vogerl

Von Bernd Stopka / Fotos von N. Klinger

Eine komische Vorlage komisch auf die Bühne zu bringen ist eine größere Herausforderung als die Erschaffung und den Untergang der Welt halbwegs überzeugend in Szene zu setzen. An diese Aufgabe hat sich Regisseur Volker Schmalöer mit der Operette der Operetten, Johann Strauss’ Fledermaus, nun in Kassel gewagt. Dabei versucht er gar nicht erst eine realistische Geschichte zu erzählen, sondern zeigt die Personen als schematisierte Abziehbilder. Hierzu hat Andreas Janczyk sie in schwarz-weiße Kostüme aus dicken steifen Stoffen gesteckt, in denen sie wie Marionetten oder billige Anziehpuppen aussehen. Diese clownesk geschminkten Kunstfiguren veranstalten ein Theater, das mal witzig, mal komisch, sehr oft klamottig und albern erscheint. Aber es ist immer (nur) Theater, das auf Distanz bleibt.

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Bild aus der inszenierten Ouvertüre

Lars Peter hat die Bühne mit einem weißen Bilderrahmen umgeben, der diesen Abstand zur lebendigen Menschlichkeit verdeutlicht. Der Pudel als szenisches Leitmotiv beherrscht die Bühnenbilder. Zunächst sind in der inszenierten Ouvertüre 3 lebende Tiere zu sehen, im ersten Akt durchbricht ein großes Fenster in den Umrissen eines Pudels die Tapete bei Eisensteins, und im zweiten Akt sitzt eine riesengroße Nachbildung neben einem riesengroßen Mond auf der Bühne. Nur die nötigsten Requisiten ergänzen diese Bilder. Das Gefängnis befindet sich schlicht und einfach zwischen den Metallstreben eines  hochgefahrenen Hubpodiums, das zum Finale einfach wieder heruntergefahren wird, um Orlofskys Gästen reichlich Platz zum Umjubeln des Champagners zu geben, das Groteske ihres Auftritts im Gefängnis aber verschenkt. Über allem schwebt eine digitale Uhr mit roter Ziffernanzeige. Zunächst mit Echtzeit, bei Orlofsky ab 23:00 Uhr und zum verwirrenden Aktschluss mit tanzenden Dioden und wirren Anzeigen – vom früheren ARD-Tagesschau-Logo bis zum Batman (= Fledermaus, ha ha) -Bild und der allseits nur zu gut bekannten „Error“ – Meldung. Dr. Falke programmiert sie schließlich mittels archaischer Fernbedienung auf 6:00 Uhr und versetzt den Gefängnisdirektor und seinen zukünftigen Gast in den Schrecken des Zuspätkommens.

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Marian Pop (Gabriel von Eisenstein) und Hulkar Sabirova (Rosalinde)

Zur Ouvertüre sehen wir die mit vielen Details angereicherte, liebevoll ausgestaltete Vorgeschichte als lebendigen Scherenschnitt mit schwarzen Figuren vor einem hell leuchtenden Hintergrund. Wunderschön gemacht und auch sehr musikalisch umgesetzt. Szenisch sind dies vielleicht die schönsten Minuten des ganzen Abends. Auffällig erscheint, dass die Herren unter den Fräcken keine Hemden tragen. Kragen, Fliege, Piquébrust und Weste müssen reichen und beim Umziehen bzw. bei angedeuteten sexuellen Handlungen sieht man die blanken Arme der Herren. Die der Damen sowieso, vor allem bei Adele und Ida, die ab dem zweiten Akt bunte Mieder tragen dürfen und sich damit gegen das schwarz-weiße Einerlei abheben, das ansonsten nur noch Prinz Orlofsky peitschenschwingend mit seinem rosaroten Fantasie-Barockkostüm durchbricht. Möglicherweise ein Hinweis auf irgendwelche festgefahrenen und hier überschrittenen Strukturen, zumal Lachen und Fröhlichkeit auf des Prinzen Party überwiegend als schematisierte künstliche Gefühlsbezeugungen zu sehen sind. Vielleicht aber auch nicht.  Der Zauber von Eisensteins „Rattenfänger-Uhr“ zeigt sich Zeitlupenbewegungen auslösend als Beleuchtungseffekt. Auch zu den „Klängen der Heimat“ verändert sich das Licht: Es wird grün und Hubpodien versetzen den Bühnenboden in Stufenform, ähnlich wie zum „Brüderlein und Schwesterlein“, das rosarot ausgeleuchtet und mit diversen Monden am Sternenhimmelhintergrund dekoriert wird. Kitsch as kitsch can.

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Tomasz Wija (Frank), Hansung Yoo (Falke), Maren Engelhardt (Orlofsky)

Immer wieder lässt der Regisseur seine internationale Sängerbesetzung in ihre Muttersprachen verfallen. Aber auch damit kann er nicht ersetzen, was der ganzen Inszenierung fehlt: Das Liebenswerte, das geistreich Komische, das „ach ja“-Lächeln, ohne das die Fledermaus zum billigen Klamauk wird. Der ganzen Inszenierung? Nein, nicht der ganzen Inszenierung, denn es gibt einen Moment, der vom oberflächlichen Spaß abweicht: Der Gefängniswärter Frosch wurde von allen platten und veralteten Witzchen befreit und hält eine launige Rede, die er mit dem zur Zither gesungenen Wienerlied Das Glück is a Vogerl  (Melodie: Karl Kratzl) abschließt und damit endlich auch ein bisserl morbiden Wiener Charme versprüht. Bei all dem erscheint er zwar trinkfreudig, aber nicht volltrunken – das sind der ankommende Direktor und die später erscheinende Ida viel viel mehr.

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"Brüderlein, Brüderlein und Schwesterlein"

Kassels GMD Patrik Ringborg entfesselt mit dem sehr gut disponierten Staatsorchester ein feurig-leidenschaftliches, sehr dynamisches und mitreißendes, ja hinreißendes musikalisches Feuerwerk, setzt immer wieder spannende Akzente und Effekte und setzt damit den dringend benötigten emotionalen Gegenpol zum belanglos und distanziert wirkenden Bühnengeschehen. Auch sängerisch gibt es einige Glücksmomente: Allen voran Hansung Yoo mit  klar fokussiertem, sehr angenehm timbrierten Bariton als Dr. Falke und LinLin Fan mit hellem, leichtem, koloraturfreudigem und –sicherem Sopran. Bassem Alkhouri singt den Alfred mit wohlklingendem, aber nicht immer sicherem Tenor. Die  Rosalinde wird von Hulkar Sabirova innig gestaltet, ihr farb- und substanzreicher Sopran ist geradezu ideal für diese Partie. Marian Pop bleibt als Eisenstein hingegen stimmlich blass und wenig präsent. Maren Engelhardt macht als Prinz Orlofsky auch stimmlich eine sehr gute Figur. Tomasz Wija als Gefängnisdirektor Frank, Sabine Hoppel als Ida, Jürgen Appel als Notar und Bernhard Modes als Frosch werden ihren Partien mehr als gerecht. Chor und Ballett sind ein Ohren- bzw. Augenschmaus.

FAZIT

Szenisch kein großer Wurf, aber ganz nett und unterhaltsam. Unter einem mitreißenden Dirigat sind ein paar sehr gute sängerische Leistungen zu hören.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Patrik Ringborg

Inszenierung
Volker Schmalöer

Bühne
Lars Peter

Kostüme
Andreas Jancyk

Licht
Albert Geisel

Chor
Marco Zeiser Celesti

Choreographie
Antonio Gomes

Dramaturgie
Jürgen Otten

 

 

Staatsorchester Kassel

Opernchor
des Staatstheaters Kassel

Statisterie des
Staatstheaters Kassel



Solisten

Gabriel von Eisenstein
Marian Pop

Rosalinde, seine Frau
Hulkar Sabirova

Adele, Stubenmädchen
LinLin Fan

Prinz Orlofsky
Maren Engelhardt

Dr. Falke, Notar
Hansung Yoo

Gefängnisdirektor Frank
Tomasz Wija

Alfred, Gesangslehrer
Bassem Alkhouri

Dr. Blind, Notar
Jügen Appel

Frosch
Bernhard Modes

Ida, Adeles Schwester
Sabine Roppel




 


Weitere
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Staatstheater Kassel
(Homepage)



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