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"Jonny spielt auf": Im wilden Strudel der Zwanziger

Räuberpistole, Liebesgeschichte, Künstlerdrama: Es ist viel drin in dieser Mehr-als-Jazzoper, die am Samstagabend im Salzburger Landestheater Premiere feierte.

"Jonny spielt auf": Im wilden Strudel der Zwanziger
"Jonny spielt auf": Im wilden Strudel der Zwanziger
"Jonny spielt auf": Im wilden Strudel der Zwanziger
"Jonny spielt auf": Im wilden Strudel der Zwanziger
"Jonny spielt auf": Im wilden Strudel der Zwanziger
"Jonny spielt auf": Im wilden Strudel der Zwanziger
"Jonny spielt auf": Im wilden Strudel der Zwanziger
"Jonny spielt auf": Im wilden Strudel der Zwanziger
"Jonny spielt auf": Im wilden Strudel der Zwanziger
"Jonny spielt auf": Im wilden Strudel der Zwanziger
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"Jonny spielt auf": Im wilden Strudel der Zwanziger
"Jonny spielt auf": Im wilden Strudel der Zwanziger
"Jonny spielt auf": Im wilden Strudel der Zwanziger


Was passiert eigentlich, wenn ein Schwarzer eine Geige stiehlt? Eigentlich nichts, außer einer ziemlich absurden Verfolgungsjagd. Der Besitzer des wertvollen Instruments, Virtuose und Frauenschwarm, ist auch noch unter einen einfahrenden Schnellzug geraten. Und Jonny, der Bandleader, der den ungezügelten Geist der wilden Goldenen zwanziger Jahre so verkörpert wie die Gesellschaft, die sich nach einer "neuen Zeit" sehnt, will ja nur altes europäisches Gut in der Neuen Welt neu verankern, während umgekehrt die Europäer sich nach "Amerika" sehnen: Kulturtransfer nennt man das heute.

Dazu muss er aber erst einmal heimkommen in sein geliebtes Alabama an seinen "lieben Swanee River". Mit der Geige freilich erreicht er nicht mehr den Zug, sondern nur die Schlussapotheose: "Die Stunde schlägt der alten Zeit, die neue Zeit bricht jetzt an. Versäumt den Anschluss nicht. Die Überfahrt beginnt ins unbekannte Land der Freiheit." Die Schatten der Gegenwart (jener des Jahres 1927, als "Jonny spielt auf" von Ernst Krenek in Leipzig uraufgeführt und umgehend zum Welterfolg wurde) treten aber schon auf. Wenig später wird der Komponist wie so viele andere Künstler auch als "entartet" gebrandmarkt sein.

Ja, es ist (zu) viel drin in dieser vermeintlichen "Jazzoper": die Räuberpistole, aber auch eine konventionell operntaugliche Liebes- und Eifersuchtsgeschichte und ein Künstlerdrama, eine revuehafte Bühnenshow und ein Zeit(geist)stück. Ernst Krenek, Sarkastiker von Karl Kraus‘ Gnaden (auf den er sogar die Grabrede hielt) hat sich denn auch gegen die vorschnellen Etikettierungen seines Sensationserfolgs gewehrt. "Während ich ein ernstes Stück mit der Gegenüberstellung Ost-West, Intellekt-Instinkt geplant hatte, wurde es als ,Jazz-Oper‘ über die ganze Welt verbreitet."

Gleichwohl: Was das "hohe Paar", der Komponist Max und die Sängerin Anita, von den symbolistischen Eiseshöhen eines Gletschers oder aus der weltfremden Komponierstube in gekünstelter Sprache verkünden, ist heute nur noch schwer verständlich, gar erträglich. Dass in der imponierenden Aufführung des Salzburger Landestheaters Franz Supper, endgültig vom langjährigen Operettenbuffo zum eindringlichen Charaktertenor gereift, und Christiane Boesiger, als indisponiert entschuldigt, ihre großen, schweren Partien leidenschaftlich singen, dabei eine vorbildliche Spannkraft und Energie entwickeln, lässt Kreneks so eigenartig herbe und doch "romantisch" grundierte Musik indessen gültig in ihre Rechte treten. Die Premiere am Samstag wurde zu Recht umjubelt,

Ja, es ist (zu) viel drin auch in der Inszenierung von Operndirektor Andreas Gergen. Gelegentlich herrscht ziemliches Gedränge. Gergen weiß aber als gevifter Musicalregisseur die Showelemente mit perfektem Timing auszurichten, die Figuren solide zu führen. Court Watson hat ihm eine üppige Bühnencollage gebaut. Das Leben dieser "Zeitoper" spielt sich auf einer fast ständig sich drehenden imaginären Schallplatte ab.

Der Sound kommt aus dem Hintergrund. Denn das Mozarteumorchester sitzt auf der Bühne. Dort entwickelt es unter seinem heldenhaft aufmerksam koordinierenden Leiter Adrian Kelly beachtliches Gefühl (also auch "Feeling") und Schmiss. Dass das auch noch mehr Biss haben könnte, war "von hinten" wohl nicht deutlich genug einzurichten.

Eine Freude ist wiederum das gesamte Ensemble. Laura Nicorescu, hier das hinreißende Stubenmädchen Yvonne, entwickelt sich immer mehr zum Juwel unter den Haussolisten. Simon Schnorr hat schon wieder einen Schönling darzustellen, den Geigenvirtuosen Daniello, und tut es auch mit entsprechender baritonaler Eleganz. Nathan De'Shon Myers gibt den Jonny, um den schließlich alles tanzt, mit nie vor- oder gar aufdringlicher Eloquenz. Die kleineren Rollen sind trefflich besetzt, Chor und Ballett punktgenau auf dem Posten.

Neuerlich kann sich die Opernsparte des Landestheaters sehen und hören lassen: ein Auftrag für das "Kulturland" Salzburg.
Oper: "Jonny spielt auf" von Ernst Krenek. Salzburger Landestheater, noch sieben Vorstellungen bis 14. Jänner.

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