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Musiktheater
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La forza del destino
(Die Macht des Schicksals)


Melodrama in vier Akten
Libretto von Fancesco Maria Piave (textliche Neufassung von Antonio Ghislanzoni)
nach dem Drama Don Alvaro o La fuerza des sino (1835) von Angel de Saavedra, Duque de Rivas
Mailänder Fassung von 1869 mit veränderter Szenenabfolge im dritten Akt von Franz Werfel
Musik von Giuseppe Verdi

in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h 50' (eine Pause)

Premiere am 22. Dezember 2013 an der Bayerischen Staatsoper München




Bayerische Staatsoper München
(Homepage)

Die Macht der Stimmen

Von Joachim Lange / Fotos von Wilfried Hösl

Als nach der letzten großen Premiere zum Verdi-Jahr im Münchner Nationaltheater Anja Harteros, Jonas Kaufmann, Ludovic Tézier und Vitalij Kowaljow sich Hand in Hand dem Beifallssturm stellten, brachte das den Abend ziemlich genau auf den Punkt. Diese von Martin Kusej inszenierte und von Asher Fisch dirigierte Vorstellung von La forza del destino war nämlich vor allem ein Fest der Stimmen. Besonders das in München auch schon im Lohengrin und zuletzt im Trovatore gefeierte "Traumpaar" Harteros-Kaufmann präsentiert sich in Hochform. Anja Harteros ist in jeder Hinsicht eine Idealbesetzung für die unglücklich Liebenden bei Verdi. Mit einer selten gewordenen Anmut verkörpert sie diese unglückliche Donna Leonora. Vor allem lässt sie deren Leid von Herzen kommen und vokal aufleuchten, schwebt mühelos über allen Chören, berührt mit ihren betörend sicheren Piani. Sie nimmt dem Charme einer höheren Tochter alles Despektierliche. Sie hat sich (wie schon mit ihrer Elisabeth im Salzburger Don Carlo) als derzeitige Verdi-Sängerin Nummer eins bewährt.

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Das Traumpaar: Anja Harteros als Leonora, Jonas Kaufmann als Alvaro

Der deutsche Wagner- und Verdi-Tenordarling Jonas Kaufmann bietet als Alvaro nicht nur all seinem Liebhaberschmelz in der Stimme auf, sondern ist diesmal durchweg frei und strahlend. Und mit Tragik in der Stimme, weil er am Ende doch nicht zum Zuge kommt und sich dauernd gegen das Schicksal oder besser gesagt gegen den auf seine Rache- und Ehrenmorde versessenen Bruder seiner Angebeteten verteidigen muss. Aus diesem Don Carlo di Vargas macht Ludovic Tézier ein dramatisch dunkles Elementar-Ereignis von Rang. Vitalij Kowaljow gibt dem Padre Guardiano jene sonore Würde, die die Rolle des Schutzpatrons der Bedrängten, die hier dem Kloster-Oberhaupt zugestanden wird, beglaubigt.

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Der Krieg, von heute aus gesehen

Dass Nikolaus Bachler aber nicht nur diese zentralen Rollen referenzverdächtig besetzt hat, sondern auch sonst mit größter Sorgfalt für vokales Höchstniveau sorgt, darf als ein Gütemerkmal seines Hauses gelten. Nadia Krasteva etwa macht als flippige Preziosilla aus der Rataplan-pim-pum-pam Einlage das Beste. Zumal der Regisseur das übrige Volk für diese merkwürdige Nummer im wahrsten Sinne flachlegt, also sich und uns mit einer martialischen Ballett-Einlage verschont.

Die moralische Verkommenheit, die der Krieg immer mit sich bringt, hat Kusej mit einer, wenn auch etwas brav verruchten Massenorgie auf den Punkt gebracht. Seinen Intendantenkollegen vom benachbarten Residenztheater wieder einmal für die Regie einzuladen, war eine gute Idee. Kusej versucht im Bühnenbild von Martin Zehetgruber redlich, den szenisch schwer zu knackenden Mord-und-Totschlag-Thriller aufs allgemein-, also auch heute noch Gültige hin, auszuloten.

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Immer noch Krieg

Schon im Vorspiel versetzt er uns an eine sparsam bürgerliche Tafel vor einer riesigen Gardinenfront. Ähnlich nüchtern bleibt auch der klösterliche Rückzugsort. Rätselhaft irritierende Wucht bietet hingegen die bühnenfüllende, in die Senkrechte gestellte Draufsicht auf eine zerstörte Folter- und Schlachthaus-Ruine, in der das Grauen zu Hause ist. In der letzten Szene vor der Einsiedelei türmt sich ein Gebirge aus weißen Kreuzen auf. Auch jetzt bringt Alvaro gegen seinen Willen Don Carlo um. Als es dem im Sterben gelingt, seine Schwester zu erstechen ist das Maß voll. Kusejs Suche nach Allgemeingültigkeit macht Sinn, sorgt aber auch dafür, dass mit dieser Stilisierung eine gewisse innere Distanz zur Szene nicht überwunden wird. So bleibt es mehr bei der Macht der Stimmen und der Musik als der des Schicksals.

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Auch wenn es auf den ersten Blick nicht danach aussieht: Das tragische Ende

Was der neue GMD Kirill Petrenko am Pult des Bayerischen Staatsorchesters aus diesem Verdi-Abend gemacht hätte, weiß man natürlich nicht. Bei Asher Fisch klang das Orchester jedenfalls demonstrativ wie aus einem Guss. Damit entfaltete sich ein Sog, der auch über die Unterbrechungen durch die Umbauten half. Er schmiegte sich dem wogenden, zentralen Schicksalsmotiv immer wieder beeindruckend an. Mitunter hätte freilich etwas mehr Feuer der Glaubwürdigkeit des Schreckens, von dem die Musik auch kündet, gut getan.

FAZIT

München leuchtete mal wieder: Vor allem vokal ist der Bayerischen Staatsoper ein würdiger Abschluss des Verdi-Jahres gelungen


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Asher Fisch

Inszenierung
Martin Kusej

Bühne
Martin Zehetgruber

Kostüme
Heidi Hackl

Licht
Reinhard Traub

Chor
Sören Eckhoff

Dramaturgie
Olaf A. Schmitt
Benedikt Stampfli



Chor der Bayerischen Staatsoper

Bayerisches Staatsorchester


Solisten

Il Marchese di Calatrava/ Padre Guardiano
Vitalij Kowaljow

Donna Leonora
Anja Harteros

Don Carlo di Vargas
Ludovic Tézier

Don Alvaro
Jonas Kaufmann

Preziosilla
Nadja Krasteva

Fra Melitone
Renato Girolami

Curra
Heike Grötzinger

Mastro Trabuco
Francesco Petrozzi

Un Chirurgo
Rafal Pawnunk


Weitere
Informationen

erhalten Sie unter

 
Bayerische Staatsoper München
(Homepage)



Da capo al Fine

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