Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musiktheater
Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum



Der Graf von Luxemburg

Operette in drei Akten
Libretto von Alfred Maria Willner und Robert Bodanzky
Musik von Franz Lehár

In deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2h 50' (eine Pause)

Koproduktion mit dem Staatstheater Nürnberg

Premiere im Opernhaus Dortmund am 11. Januar 2014




Theater Dortmund
(Homepage)
Von der Opernszene in die Modewelt

Von Thomas Molke / Fotos von Thomas M. Jauk (Stage Pictures)

Mit dem Grafen von Luxemburg festigte Franz Lehár, der in der Saison 1909 /10 innerhalb von nur drei Monaten drei Operetten an unterschiedlichen Wiener Theatern zur Uraufführung gebracht hatte, nicht nur endgültig seine Position im Wiener Operettenleben, sondern läutete auch die Geburtsstunde der so genannten Salonoperette ein, in der das Buffo-Paar als Tanzpaar mit durchweg modernen Musiknummern dem eigentlichen Hauptpaar gegenübergestellt wird. Die Entstehung dieser Operette geht dabei auf Johann Strauß' letztes Bühnenwerk Göttin der Vernunft zurück, das nach nur wenigen Vorstellungen 1897 sang- und klanglos vom Spielplan verschwunden war. Als Strauß' Witwe anlässlich seines 10. Todestages dem Werk, für dessen Misserfolg sie einzig das Libretto verantwortlich machte, mit neuem Libretto die ihm gebührende Geltung zukommen lassen wollte, bemühte sich Alfred Maria Willner, einer der Librettisten, einen Komponisten zu finden, der den Text mit neuer Musik unterlegte. Und so fand er Lehár, der innerhalb von nur drei Monaten eine Operette darauf komponierte, die bald schon zu einem Welterfolg werden sollte. Nachdem das Theater Dortmund bereits im Dezember das Publikum mit einer Operetten-Gala auf die bei weiten Teilen des Publikums sehr beliebte Gattung eingestimmt hatte, folgte nun eine Produktion, die vom Esprit fast wie eine verspätete Silvester-Vorstellung daherkam.

Bild zum Vergrößern

Fürst Basil Basilowitsch (Ks. Hannes Brock, links) bietet dem Grafen von Luxemburg (Lucian Krasznec, rechts) einen Deal an.

Dabei hätte Regisseur Thomas Enzinger ruhig mehr auf das Libretto vertrauen und auf den einen oder anderen Eingriff in den Text verzichten können. Plausibler oder moderner wird das Stück durch diese Änderungen nämlich nicht. So macht Thomas Pohn als Poet, der als zusätzlich eingefügte übergeordnete Figur das Stück kommentiert und in den einzelnen Szenen in kleinere Rollen schlüpft, seine Sache zwar gut, ist für die eigentliche Handlung allerdings völlig unnötig, zumal er mit seinen teilweise extrem bedeutungsschwer vorgetragenen Texten dem Stück eine Tiefe überstülpt, die es eigentlich gar nicht besitzt. Auch bleibt unklar, wieso Angèle Didier keine Opernsängerin, sondern eine Modedesignerin sein soll. Dass sie von einer einfachen Schneiderin zu einem gefeierten Modestar aufgestiegen ist, scheint wesentlich unplausibler, als aufgrund einer begnadeten Stimme den Sprung an die Pariser Oper geschaffen zu haben. Wenn auch der gesprochene Text holzschnittartig auf diese andere Karriere umgeschrieben worden ist, lässt sich zu Beginn des zweiten Aktes beim Gesang des Chors Angèles eigentliche Bestimmung nicht leugnen, wenn sie nämlich als "Diva" gefeiert wird. Soll mit der Verlegung in die Modewelt dem Kostümbildner Toto mehr Auswahl bei den Kostümen gegeben werden? Die hat er doch bereits bei der Eröffnungsszene im Karneval, wenn er den Chor in fantasievolle und aufwendige Roben einkleidet, die das bunte Treiben zur Karnevalszeit hervorragend einfangen.

Bild zum Vergrößern

Gefühle für den unbekannten Ehepartner: Angèle (Julia Amos) und René (Lucian Krasznec)?

Unnötig ist es auch, alle drei Akte an einen Ort zu verlegen. Wieso sollte sich die laut Libretto ärmliche Mansarde des Malers Armand Brissard im ersten Akt innerhalb von drei Monaten in einen vornehmen Salon verwandeln, in dem Angèles Abschiedskollektion präsentiert wird, bevor wieder drei Monate später ein Pariser Luxushotel genau an der gleichen Stelle seine Pforten geöffnet hat? Toto gestaltet in einem kreisrund angelegten Bühnenbild mit hohen Fenstern im Hintergrund, die einen wunderbaren Panorama-Blick über Paris bieten, die einzelnen Akte in der Ausstattung so unterschiedlich, dass das Publikum selbst mit gleichem Hintergrundbild die Handlung an drei unterschiedlichen Orten, dem Atelier des Malers, dem Wintergarten in Angèles Palais und der Hotel-Empfangshalle, problemlos akzeptiert hätte. Auch der Bühnenprospekt, der mit einem pittoresken nächtlichen Blick über den Pariser Boulevard Saint Michel den Vorhang ersetzt, vermag zu verzaubern und lässt das Publikum in eine vergangene Zeit eintauchen. So mag man sich zwar über die einzelnen unmotivierten Eingriffe wundern, ein Grund zum Ärgernis sind sie allerdings nicht.

Bild zum Vergrößern

"Wir bummeln durchs Leben, was schert uns das Ziel": Juliette (Mirella Hagen, Mitte) und Armand (Fritz Steinbacher, Mitte) mit dem Tanzensemble

Dass der Abend ein großer Erfolg wird, ist neben der opulenten Ausstattung vor allem dem spielfreudigen Ensemble zu verdanken, das darstellerisch und stimmlich in jeder Hinsicht überzeugt. Lucian Krasznec wird zwar vor der Vorstellung vom Intendanten als leicht indisponiert angesagt, lässt sich aber in der Titelpartie keinerlei Schwächen anmerken. Mit großer Spielfreude präsentiert er den leichtfertigen Grafen René, der vor dem Bankrott steht und sich deshalb auf den Handel mit dem russischen Fürsten Basil Basilowitsch einlässt, inkognito eine Frau zu heiraten, von der er sich nach drei Monaten wieder scheiden lassen soll, damit sie einen Adelstitel erhält und somit für Basil eine geeignete Partie darstellt. Das "Liri, liri, lari", das er mit beweglichem Tenor anstimmt, nimmt man ihm ebenso ab, wie seine Verzweiflung im zweiten Akt, wenn er erkennt, dass er sich in die schöne Unbekannte verliebt hat, von der er sich am nächsten Tag scheiden lassen muss, um sein Ehrenwort einzuhalten. Julia Amos präsentiert eine bezaubernde Angèle, die optisch die Männerherzen höher schlagen lässt und mit klarem und leuchtendem Sopran die Motivation dieser aufstrebenden Frau in ihrer Auftrittsarie "Unbekannt, deshalb nicht minder interessant ist mir der heil'ge Ehestand" präsentiert. Auch im Zusammenspiel harmonieren Amos und Krasznec wunderbar miteinander, sei es nun, wenn sie auf unterschiedlichen Seiten eines Paravents vermählt werden und dabei "Sie geht links, er geht rechts" als Credo ihrer zukünftigen Ehe manifestieren oder in dem verträumten "Bist du's, lachendes Glück" erstmals zueinander finden.

Bild zum Vergrößern

Gräfin Stasa Kokozow (Johanna Schoppa, rechts) gibt Angèle (Julia Amos, Mitte) und René (Lucian Krasznec) wertvolle Tipps.

Auch das Buffo-Paar ist mit Fritz Steinbacher als Armand Brissard und Mirella Hagen als Juliette Vermont hervorragend besetzt. In den Tanzeinlagen spielen sie das restliche Tanzensemble, das nicht immer ganz homogen wirkt, regelrecht an die Wand. Stimmlich überzeugt Steinbacher mit kräftigem Spieltenor und Hagen mit jugendlichem Sopran, so dass man es ihnen durchaus abnimmt, wenn sie "Wir bummeln durchs Leben, was schert uns das Ziel" zu ihrem Lebensmotto erheben. Kammersänger Hannes Brock, der 1986 im Theater Hagen die Titelpartie verkörpert hat, schlüpft nun mit riesigem Spielwitz in die Rolle des "Lustgreises" Basil Basilowitsch. Mit großem schauspielerischen Talent spielt er die körperlichen Wehwehchen  dieses alten Fürsten aus, wenn er verzweifelt versucht, einen Handschuh aufzuheben, den seine angebetete Angèle hat fallen lassen. Dass er aber durchaus noch sehr beweglich ist, beweist er in der Tanzeinlage mit Steinbacher und Hagen im dritten Akt, wenn die beiden versuchen, ihn aufzuheitern. Zum Publikumsliebling avanciert Johanna Schoppa mit ihrem relativ kurzen Auftritt als Gräfin Stasa Kokozow, die aus dem fernen Russland angereist ist, um Basil an sein langjähriges Eheversprechen zu erinnern und somit das Happy End für Angèle und René überhaupt möglich zu machen. Wenn sie "Alles mit Ruhe genießen" singt, nimmt  sie nicht nur aktuelle Themen wie den Bankenskandal und Dortmunds momentane Misserfolge beim Fußball unter die Lupe, sondern lässt auch den ganzen Saal in den Refrain mit einstimmen. Das Publikum dankt es ihr mit tosendem Applaus. Auch die Dortmunder Philharmoniker fangen unter der Leitung von Motonori Kobayashi die schwungvolle Leichtigkeit der Partitur gekonnt ein.

FAZIT

Dem Theater Dortmund gelingt durch ein hervorragendes und spielfreudiges Ensemble eine schwungvolle Umsetzung eines Stückes, an dessen Genre heutzutage zahlreiche Bühnen durch Modernisierungsversuche scheitern.

Ihre Meinung
Schreiben Sie uns einen Leserbrief
(Veröffentlichung vorbehalten)

Produktionsteam

Musikalische Leitung
*Motonori Kobayashi /
Philipp Armbruster

Regie
Thomas Enzinger

Bühne und Kostüme
Toto

Choreographie
Markus Buehlmann

Choreinstudierung
Granville Walker

Licht
Stefan Schmidt

Dramaturgie
Wiebke Hetmanek

 

Opernchor des
Theaters Dortmund

Statisterie des
Theaters Dortmund

Dortmunder Philharmoniker

 

Solisten

*Premierenbesetzung

René, Graf von Luxemburg
Lucian Krasznec

Angèle Didier, Modedesignerin
Julia Amos

Armand Brissard
Fritz Steinbacher

Juliette Vermont
Mirella Hagen

Fürst Basil Basilowitsch
Ks Hannes Brock

Gräfin Stasa Kokozow
Johanna Schoppa

Sergei Mentschikoff, Notar
Primo
ž Vidovič

Pélégrin, Munizipalbeamter
Thomas Günzler

Pawel von Pawlowitsch,
russischer Botschaftsrat
Thomas Warschun

Boulanger
Carl Kaiser

Saville
Ralf Schulze

Poet
Thomas Pohn

Barpianist
*Thomas Hannig /
Michael Hönes

Tanzensemble
Adriana Avila Pantaleon
Shawn Coleman
Giulia Fabris
Bernardo Fallas
Roberto Freitas
Sandra Stuy
Yasha Wang
*Frank Wöhrmann /
Olaf Reinecke
 


Weitere
Informationen

erhalten Sie vom
Theater Dortmund
(Homepage)



Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum
© 2014 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: oper@omm.de

- Fine -