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Kurzes Glück: Gal James (als Jenufa) und Iris Vermillion (als Küsterin) an der Grazer Oper. 

Foto: APA/WERNER KMETITSCH/OPER GRAZ

Bett, Tisch und Drehbühne im schwarzen Raum genügen für eine eindrückliche Jenufa, die Peter Konwitschny als Kammerspiel mit psychologisch schlüssiger Personenführung anlegt. Konwitschny ist ein Anwalt der Humanität, bei dem die Oper nicht nur als Tragödie, sondern auch als Modell für die Überwindung von Schmerz und Verbrechen gesehen wird. Er und sein Ausstatter Johannes Leiacker setzen weniger auf Realismus, mehr auf stilistischen Minimalismus, bei dem jede Geste durchdacht ist. Mit der Alten Buryja, die durch Dunja Vejzovic besonderes Gewicht erhält, mit der Küsterin und deren Stieftochter Jenufa werden drei Generationen von Frauen gezeigt, die sich in einem von Männerherrschaft, Religion und dörflicher Enge geprägten Umfeld zu behaupten suchen. Unendlich traurig ist daher Jenufas "Ich hab mir das Leben anders vorgestellt", als ihr das Neugeborene genommen wird. Gal James verströmt elegische Süße, ist aber auch zum dramatischen Ausbruch fähig.

Man hat das Gefühl, diese junge Jenufa weiß mehr, als sie ausspricht. Als sie ihr Kind sucht, hält man den Atem an, auch ihr Gebet wird zu einem Höhepunkt. Die Rolle der Küsterin wurde zum Triumph für Iris Vermillion. Der intensive Einsatz ihres Mezzosoprans verbindet sich mit toller Schauspielleistung. Die Tenöre Ales Briscein als aggressiver, dann gereifter Laca und Taylan Reinhard als dessen verwöhnter Halbbruder Steva runden die homogene Ensembleleistung ab. Nachdem die Küsterin als Mörderin abgeführt wurde, wird die letzte Szene als Epilog vor dem spaltbreit offenen Vorhang erzählt. Jenufa und Laca wagen den gemeinsamen Weg. Das musikalisch kraftvolle Finale ist ein Plädoyer für Liebe und Vergebung - begründet in der seelischen Kraft Jenufas. Dirigent Dirk Kaftan leitet die rekonstruierte Brünner Fassung (1904). Sie enthüllt stärkere Gegensätze als die von Karel Kovarovic später überarbeitete Version. Kaftan ist voller Empathie am Werk, auf die Melodie bezogen und ermuntert die Grazer Philharmoniker zu zärtlicher, elegischer Kantilene, setzt aber auch bedrohliche Akzente. (frak, DER STANDARD, 15.4.2014)