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Don Giovanni

Dramma giocoso in zwei Akten
Text von Lorenzo Da Ponte
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart

In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h 20' (eine Pause)


Premiere an der Staatsoper Hannover am 17. Mai 2014

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Don Giovanni - Wer?

Von Joachim Lange / Fotos von Thomas M. Jauk / Stage Picture

Sicher, Benedikt von Peter hat in Hannover Mozarts Don Giovanni inszeniert. Das stand so oben drüber und hörte sich auch so an. Benjamin Reiners fand am Pult des Niedersächsisches Staatsorchester Hannover schnell zu einem dramatisch federnden Ton, der sich voll auf die Sänger konzentrierte, die durchweg mit einer Ensembleleistung auf hohem Niveau überzeugten. Dass es auch der Don Giovanni von Lorenzo Da Ponte war, muss man möglicherweise erklären. In Hannover gab es jetzt nämlich den aller Wahrscheinlichkeit nach ersten Don Giovanni der Musikgeschichte, bei dem man den Titelhelden auch nicht einmal zu Gesicht bekommt. Aber wer es, wie der ambitionierte Bremer Operndirektor, fertig bekommt, eine La Traviata mit niemandem außer der Traviata auf der Bühne wie in Hannover (und dann in Bremen) oder eine La Bohemé nur mit den Herren dieser Spezies wie in Bremen zu bestreiten - und daraus atemberaubend spannendes Musiktheater zu machen -, für den ist es ein Leichtes, den notorischen Verführer optisch wegzuzaubern. Kann sein, dass sich dieses Markenzeichen einer Regiehandschrift irgendwann mal als Masche totläuft - im Moment schaffen es der Regisseur und sein Dramaturg Klaus Angermann noch allemal, aus einem Weniger auf der Bühne ein Mehr im Kopf des Zuschauers zu machen.

Vergrößerung in neuem Fenster Donna Anna ist traumatisiert und Don Ottavio kann ihr nicht helfen

Im Grunde folgen wir in acht Kapiteln einer Theater-Erzählung Leporellos. Mit einem Koffer in der Hand und einer Tafel mit dem Motto "Viva la Liberta" darauf betritt er die Bühne, stellt den Blickkontakt zum Publikum her, den er bis zum Ende beibehält, und schraubt erst einmal ein paar Glühbirnen an der Rampe ein, die ein mattes Licht ins Dunkel bringen wie einst auf dem barocken Theater. Dieser Spielführer fordert uns fortan mit einem Augenzwinkern dazu auf, die ganze Geschichte des letzten Tages aus dem Leben seines Herrn konsequent mit dessen Augen zu sehen.

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Der Chronist zwischen den Welten: Leporello

Und das ist keineswegs im übertragenen Sinne gemeint, sondern ganz direkt als bühnentechnische Herausforderung. Dazu hat Katrin Witting eine dunkle, manchmal leicht durchscheinende Leinwand ziemlich dicht in Rampennähe platziert. Die kleine Filmcrew mit der Livekamera dahinter bekommt es tatsächlich hin, selbst unsichtbar zu bleiben und uns meist völlig stimmig mit den Augen Don Giovannis auf seine Opfer bzw. die Objekte seiner Begierde blicken zu lassen.
Wenn man Brian Davis singen hört, dann sieht man dazu allenfalls mal seine mit Lederhandschuhen versehenen Hände, mit denen er einen Zweig, die er beim Beobachten oder Anschleichen beiseite schiebt oder die üppig gedeckte Tafel und die fetten Bissen, die er seinem Mund zuführt. Doch da fängt die Irritation schon, denn Leporello hat haargenau die gleichen Handschuhe.

Diesmal ist er explizit, was er auch sonst des Öfteren eigentlich ist: Das Zentrum des Geschehens. Und der Vermittler zwischen der Geschichte und dem Publikum. Zu Beginn des zweiten Aktes sitzt er mitten im Publikum. Was man am Ende der Pause schon vorn auf der Leinwand sieht. Wenn er sich dann mit seinem Herren anlegt und ihn auffordert, seinen Lebenswandel zu ändern, kassiert er die todsicheren Lacher und noch einen Extraapplaus, als er (im Video) sogar aus dem Opernhaus flüchtet. Natürlich nur, um kurz darauf wieder aufzutauchen. Shavleg Armasi, dieser schmucke, geschniegelte, nicht unsympathische Zyniker, hängt zu Beginn mit einem Ihr-werdet-Euch-noch-wundern-Grinsen, eine "Viva la Liberta" Tafel an der Seite auf. Wenn das dann gesungen wird, dann klingt es von den Rängen wie eine Drohung. Die Glühbirnen an der Rampe dreht er am Ende wieder heraus. Dazwischen ist er der Spielführer.

Vergrößerung in neuem Fenster "Reich' mir die Hand, mein Leben ..." - diese Zerlina weiß, wie der Hase läuft.

Und der muss ja seine Geschichte zu Ende erzählen. Der Regisseur aber auch. Und da ist man schon gespannt wie sie sich bei der Höllenfahrt aus der Affäre ziehen. Es ist - ziemlich konsequent - keine moralisierende göttliche Strafe, sondern eine Art Implosion, ein Zusammenbruch im Kopf von Leporello. Im grellen Gegenlicht bleibt der Erzähler allein zurück. Die anderen hört man nur von den Rängen aus beim großen Schlussgesang. Und Leporello, der jetzt wieder so aussieht wie am Anfang, lacht ein ziemlich höllisches Lachen. Trotz dieses radikalen Wechsels der Perspektive bleibt Benedikt von Peter dicht an der bekannter Geschichte. Dabei ist besonders beeindruckend, wie Dorothea Maria Marx das Trauma und die innere Zerrissenheit von Donna Anna exzessiv zelebriert, Monika Walerowicz eine fulminante Donna Elvira hinlegt und die attraktive Heather Engebretson ein hinreißendes Zerlina-Früchtchen abgibt.


FAZIT

Am Ende tobte in Hannover der Saal, wobei sich auch ein paar Buhs unter die Zustimmung für das szenische Experiment mischten.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Benjamin Reiners

Inszenierung
Benedikt von Peter

Bühne
Katrin Wittig

Kostüme
Geraldine Arnold

Video
Bert Zander

Live-Kamera
Jonas Schmieta

Licht
Susanne Reinhardt

Choreinstudierung
Dan Ratiu

Dramaturgie
Klaus Angermann


Chor der Staatsoper Hannover

Niedersächsisches
Staatsorchester Hannover


Solisten

Don Giovanni
Brian Davis

Donna Anna
Dorothea Maria Marx

Don Ottavio
Abdellah Lasri

Komtur
Michael Dries

Donna Elvira
Monika Walerowicz

Leporello
Shavleg Armasi

Masetto
Daniel Egger

Zerlina
Heather Engebretson


Weitere Informationen
erhalten Sie von der


Staatsoper Hannover
(Homepage)





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