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Nachkritik: "La Cenerentola" ist ein toller Spaß

Rossinis "La Cenerentola", die Premiere der Salzburger Pfingstfestspiele 2014, wurde am Donnerstag zum frenetisch bejubelten, durchschlagenden Erfolg.

Nachkritik: "La Cenerentola" ist ein toller Spaß
Nachkritik: "La Cenerentola" ist ein toller Spaß
Nachkritik: "La Cenerentola" ist ein toller Spaß
Nachkritik: "La Cenerentola" ist ein toller Spaß

Nicht eine prunkend-pittoreske Märchenoper wollte das Team um die römische Primadonna Cecilia Bartoli zeigen, sondern die Geschichte eines einfachen, aber selbstbewussten Mädchens, das entschlossen ist, den Traum von der großen Liebe zu leben. Von diesem Weg lassen sie weder der durchaus brutale Stiefvater noch die aufdringlichen Stiefschwestern abhalten. Freilich: Ganz ohne Zauberer gelingt das Vorhaben nicht, und so ist Alidoro hier eine quirlige Spielmacherfigur aus dem Geist von Shakespeares Puck. Unentwegt ist Ugo Guagliardo auf der Bühne unetrwegs, um die nötigen Tricks vom Stapel zu lassen und das Spiel in Gang zu halten, dabei die Moral nicht vergessen zu lassen.

Regisseur Damiano Michieletto kann sich wieder einmal voll auf seinen Bühnenbildner Paolo Fantin verlassen. Er hat mit realistischer Genauigkeit eine heruntergekommenes Buffet, eine einfache Imbissstube, entworfen, die sich in eine schicke Designerbar als urbanes "Palace", ein Traumschloss von heute, verwandeln lässt. Dieses Ambiente belebt Michieletto mit einer Fülle von komischen bis überdrehten Aktionen, die passgenau auf die musikalischen Vorgaben hin angelegt sind. Dadurch wirken sie, gedeckt durch die motorische Energie der Musik von Rossini, weitgehend schlüssig, witzig pointiert und organisch mit dem Klang korrespondierend.

Diesen schärft das Ensemble Matheus unter der Leitung von Jean-Christophe Spinosi zu rhetorischer Prägnanz. Verabschieden muss man sich bei dieser Originalklangtruppe von jeglichem philharmonischen Wohllaut und satt auftragender Klangfülle. In der von Platz zu Platz verschiedenen Akustik der seit 2006 als "Haus für Mozart" ausgewiesenen sterilen Architekturschachtel erkennt man zwar jederzeit den Sinn von Spinosis Interpretationshaltung, spürt ihn aber selten mit jener Dringlichkeit, die wohl beabsichtigt ist. In einem "klassischen" Opernhaus, so vermute ich, würde diese jederzeit gespannte, Rossinis artifiziellen Vokalattitüden exakt angemessene und auch Paroli bietende Partiturauslegung noch viel deutlicheren und logischeren Effekt machen.

Die unzähligen Staccato-Ketten und Legato-Girlanden, Fiorituren, Koloraturen und Rouladen, die der Komponist seinen Akteuren mit regelrecht selbstzweckhafter Brillanz in die Gurgeln legt, aber auch die halsbrecherischen sprachakrobatischen Kaskaden sind natürlich ein Fest für Cecilia Bartoli in einer ihrer Glanzpartien, dem "Aschenputtel" Angelina. Sie erfüllt die Rolle, deutlich schwerer, voller, runder geworden im stimmlichen Ausdruck, immer noch mit stupender, technischer Bravour und feinem Gefühl für die menschlichen (Zwischen-)Töne. Mit Javier Camarena, dem locker strahlenden Bilderbuch-Rossini-Tenor, als Don Ramiro, dem körperlich fülligen, stimmlich aber höchst gelenkigen Bariton Nicola Alaimo als Dandini, Enzo Capuano als erfahrenem, aber gar nicht routinierten Don Magnifico und dem sehr unterschiedlich gewachsenen und schon dadurch verzweifelt hochkomischen Schwesternduo Lynette Tapia (Clorinda) und Hilary Summers (Tisbe) ist das Sängerensemble exakt gecastet.

Man kann seinen Spaß haben am Getriebe dieser durchwegs witzigen und gewitzten, einfallsreich aufgefächerten "Cenerentola", muss dafür vielleicht die tieferen Ausdrucksbereiche etwas hintanstellen. Der rauschende Beifall des gut unterhaltenen Publikums signalisierte Zustimmung über die Maßen. Und als im Schlussjubel dann auch noch Orchester, Bühne und Zuschauerraum das "Happy Birthday" auf Cecilia Bartoli anstimmten, stand dem herzlichen Familienfest der enthusiasmierten "Pfingstgemeinde" nichts mehr entgegen. Cecilia Bartoli fühlt sich pudelwohl in Salzburg. Und wir uns mit ihr.



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